FRANKFURT (dpa-AFX) - Politische Stammtischparolen aus Deutschland bedrohen den Plan zur Euro-Rettung. Während Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Investoren von der Gemeinschaftswährung überzeugen will, wird aus Reihen der deutschen Regierungskoalition quergeschossen. Bislang blieb es bei Sticheleien. Doch am Wochenende ging CSU-General Alexander Dobrindt einen Schritt weiter und griff Draghi sogar persönlich an. Dieser sei dabei, 'in das Geschichtsbuch als der Falschmünzer Europas einzugehen', sagte er der 'Bild am Sonntag'. Kampfparolen wie diese sorgen nicht nur in der EU für Irritationen: 'Wesentliche Teile der CSU begeben sich fortgesetzt in die untersten Gefilde des Provinzialismus und der Stammtische', kommentiert Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank.
Die Hardliner nehmen sich gerne das pleitebedrohte Griechenland vor, dem sie die Zukunft im Euro absprechen. Ein Spiel mit dem Feuer: 'Alle Wortmeldungen, die den Eindruck erwecken, Griechenland könne aus dem Euro herausgesetzt werden, selbst wenn es eine Reformpolitik betreibt, sind gefährlich', warnt Holger Schmieding, Chefökonom der Berenberg Bank. Sie könnten die Kapitalflucht aus Italien und Spanien anheizen und die Bemühungen, den Euro zu retten, damit endgültig ad absurdum führen. EZB-Chef Draghis Geduldsfaden dürfte vor der Zerreißprobe stehen. Die Politik schafft es seit Jahren nicht, solide Brandmauern gegen die Krise zu errichten. Sie drängt damit die Notenbank in die Ausputzerrolle und damit an ihre geldpolitischen Grenzen.
'Die EZB begibt sich nicht freiwillig auf dieses glatte Spielfeld - sie muss aushelfen, weil Staaten sich zu hoch verschuldet haben und die Fiskalunion nur im Schneckentempo vorankommt', sagt WestLB-Mellon-Chefvolkswirt Holger Sandte. Dobrindts jüngste Attacke bezieht sich auf Notenbank-Pläne, wieder in großem Stil Anleihen von Problemländern zu kaufen. Für den CSU-Mann ein klarer Fall verbotener Staatsfinanzierung.
Konkret geht es um Andeutungen der EZB, Zinsobergrenzen einzuführen, um Krisenstaaten bei der Geldaufnahme zu entlasten. Genaueres soll die Ratssitzung am 6. September ergeben. Allerdings hat Draghi bereits durchblicken lassen, was gehen könnte - auch wenn Bundesbankchef Jens Weidmann offen opponiert: Sofern Länder Reformen zusichern, ist die EZB bereit, den Teil der Risikoprämie durch den Aufkauf von Staatsanleihen zu verringern. So soll gewährleistet werden, dass die Geldpolitik im gesamten Euroraum funktioniert.
Als 'Wechselkursrisiko, das es theoretisch in der Währungsunion nicht geben dürfte', beschreibt der deutsche EZB-Direktor Jörg Asmussen das Problem. Im Klartext: Spanien oder Italien müssen höhere Zinsen bieten, als ihre Bonität rechtfertigt. Anleger fürchten, dass sie ihr Geld nicht in Euro wiedersehen, sondern etwa in wiedereingeführten Lira oder Peseta. Solche Zweifel seien dramatisch, sagte Asmussen am Montag in Hamburg. Deshalb betonen Top-Entscheider aus Politik und Notenbank die 'Unumkehrbarkeit' des Euro.
Die Anleger müssen jedoch dran glauben. Deshalb könnte sich ein griechisches Euro-Aus, das auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) immer wieder ins Gespräch bringt, als Bumerang erweisen. Selbst wenn die Ansteckungsgefahren für den Finanzsektor so abgeschirmt wären, wie Landespolitiker wie Dobrindt oder der bayrische Wirtschaftsminister Markus Söder (CSU) meinen: Der psychologische Effekt könnte fatal sein.
Bislang wurde die Eurozone als untrennbare Schicksalsgemeinschaft betrieben. Bricht diese Einheit, spekulieren Anleger auf die nächsten Aussteiger. Die EZB versucht das mit starker Rhetorik und radikalen Maßnahmen zu verhindern. Die anhaltenden Rufe nach einem Austritt Griechenlands helfen ihr nicht dabei. 'Zum Glück werden nicht alle Äußerungen aus dem bayerischen Vorwahlkampf in der Welt auf die Goldwaage gelegt', sagt Berenberg-Ökonom Schmieding./hbr/zb/fbr
--- Von Hannes Breustedt, dpa-AFX ---
Die Hardliner nehmen sich gerne das pleitebedrohte Griechenland vor, dem sie die Zukunft im Euro absprechen. Ein Spiel mit dem Feuer: 'Alle Wortmeldungen, die den Eindruck erwecken, Griechenland könne aus dem Euro herausgesetzt werden, selbst wenn es eine Reformpolitik betreibt, sind gefährlich', warnt Holger Schmieding, Chefökonom der Berenberg Bank. Sie könnten die Kapitalflucht aus Italien und Spanien anheizen und die Bemühungen, den Euro zu retten, damit endgültig ad absurdum führen. EZB-Chef Draghis Geduldsfaden dürfte vor der Zerreißprobe stehen. Die Politik schafft es seit Jahren nicht, solide Brandmauern gegen die Krise zu errichten. Sie drängt damit die Notenbank in die Ausputzerrolle und damit an ihre geldpolitischen Grenzen.
'Die EZB begibt sich nicht freiwillig auf dieses glatte Spielfeld - sie muss aushelfen, weil Staaten sich zu hoch verschuldet haben und die Fiskalunion nur im Schneckentempo vorankommt', sagt WestLB-Mellon-Chefvolkswirt Holger Sandte. Dobrindts jüngste Attacke bezieht sich auf Notenbank-Pläne, wieder in großem Stil Anleihen von Problemländern zu kaufen. Für den CSU-Mann ein klarer Fall verbotener Staatsfinanzierung.
Konkret geht es um Andeutungen der EZB, Zinsobergrenzen einzuführen, um Krisenstaaten bei der Geldaufnahme zu entlasten. Genaueres soll die Ratssitzung am 6. September ergeben. Allerdings hat Draghi bereits durchblicken lassen, was gehen könnte - auch wenn Bundesbankchef Jens Weidmann offen opponiert: Sofern Länder Reformen zusichern, ist die EZB bereit, den Teil der Risikoprämie durch den Aufkauf von Staatsanleihen zu verringern. So soll gewährleistet werden, dass die Geldpolitik im gesamten Euroraum funktioniert.
Als 'Wechselkursrisiko, das es theoretisch in der Währungsunion nicht geben dürfte', beschreibt der deutsche EZB-Direktor Jörg Asmussen das Problem. Im Klartext: Spanien oder Italien müssen höhere Zinsen bieten, als ihre Bonität rechtfertigt. Anleger fürchten, dass sie ihr Geld nicht in Euro wiedersehen, sondern etwa in wiedereingeführten Lira oder Peseta. Solche Zweifel seien dramatisch, sagte Asmussen am Montag in Hamburg. Deshalb betonen Top-Entscheider aus Politik und Notenbank die 'Unumkehrbarkeit' des Euro.
Die Anleger müssen jedoch dran glauben. Deshalb könnte sich ein griechisches Euro-Aus, das auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) immer wieder ins Gespräch bringt, als Bumerang erweisen. Selbst wenn die Ansteckungsgefahren für den Finanzsektor so abgeschirmt wären, wie Landespolitiker wie Dobrindt oder der bayrische Wirtschaftsminister Markus Söder (CSU) meinen: Der psychologische Effekt könnte fatal sein.
Bislang wurde die Eurozone als untrennbare Schicksalsgemeinschaft betrieben. Bricht diese Einheit, spekulieren Anleger auf die nächsten Aussteiger. Die EZB versucht das mit starker Rhetorik und radikalen Maßnahmen zu verhindern. Die anhaltenden Rufe nach einem Austritt Griechenlands helfen ihr nicht dabei. 'Zum Glück werden nicht alle Äußerungen aus dem bayerischen Vorwahlkampf in der Welt auf die Goldwaage gelegt', sagt Berenberg-Ökonom Schmieding./hbr/zb/fbr
--- Von Hannes Breustedt, dpa-AFX ---