Immobiliencrash: Preise fallen rasant – weltweit größte Pleitewelle hat begonnen

Veröffentlicht am 16.06.2023, 16:05
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Investing.com – Die Immobilienbranche steuert auf eine bisher nie dagewesene Krise zu. Der Sektor musste schon viele schwierige Phasen durchmachen, aber das Crash-Potenzial ist inzwischen um ein Vielfaches größer.

Die für nahezu jeden erschwinglichen Immobilienkredite der vergangenen 10 Jahre haben die Preise für Wohneigentum in ungeahnte Höhen getrieben. Vor allen in den Ballungsräumen konnten während dieser Zeit jährlich hohe einstellige oder sogar zweistellige Renditen erzielt werden.

Doch der Anstieg der Inflation und die damit einhergehende Verschärfung der Geldpolitik von EZB, Fed & Co setzen diesem Trend ein jähes Ende. Weltweit brechen die Immobilienpreise ein und dort, wo die größten Blasen entstanden waren, geht es jetzt am steilsten bergab.

In Europa fielen die realen Immobilienpreise im vierten Quartal gegenüber dem Vorjahr nirgends so stark wie in Schweden (-13,7 %) und Deutschland (-12,1 %). International brachen die Preise lediglich in Neuseeland (-16,5 %) und Hong Kong (-15,1 Prozent) noch stärker ein, wie die Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zeigen. Zum ersten Mal seit 12 Jahren sind die Immobilienpreise weltweit gefallen.

Dieser Negativtrend dürfte so lange anhalten, wie die Zentralbanken die Zinsen hochhalten, um die Inflation zu bekämpfen.

Das deutsche Ifo-Institut bestätigt den Abwärtstrend mit der neuesten Prognose zum Neubau von Wohnungen. Nachdem im vergangenen Jahr noch 295.300 Wohnungen fertiggestellt wurden, wird die Zahl bis 2025 auf 200.000 sinken. Das ist direkt darauf zurückzuführen, dass die Nachfrage aufgrund der hohen Kosten fällt.

Und wo die Nachfrage einbricht, sinken auch die Preise. Gleichzeitig nimmt das Angebot von zum Verkauf stehenden Immobilien zu, da sich immer weniger Menschen die teure Anschlussfinanzierung leisten können.

Von dieser Entwicklung werden die Baubranche und auch Banken gleichermaßen betroffen sein. Letztere, weil die Kreditausfallraten steigen und die in den Bilanzen hinterlegten Sicherheitsleistungen aufgrund der sinkenden Immobilienbewertungen korrigiert werden müssen. Ein klarer Vorbote für eine vor uns liegende Rezession, denn der Wirtschaft wird das Geld für Investitionen ausgehen. Die Beschaffung von Geld wird immer teurer und die Kreditinstitute verleihen weniger, um dem Immobilienrisiko in ihren Bilanzen gerecht zu werden.

Wie es der deutschen Bundesregierung unter diesen Umständen gelingen will, ihr Ziel von jährlich 400.000 Wohnungen zu erreichen, das bleibt ein Rätsel. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte dazu im vergangenen Monat:

"Auch wenn die Zeiten gerade sehr stürmisch sind, was dieses Ziel betrifft, wir lassen davon nicht ab, auch nicht angesichts der gestiegenen Zinsen."

In den USA zeichnet sich der drohende Kollaps bereits ab. Investoren kauften im ersten Quartal 2023 gegenüber dem Vorjahresquartal 48,6 Prozent weniger Immobilien. Im gleichen Zeitraum stiegen die 30-jährigen Hypothekenzinsen von 3,2 Prozent auf über 7,0 Prozent. Laut Goldman Sachs (NYSE:GS) wird sich daran so schnell auch nichts ändern, denn die Prognose für 2024 liegt bei einem Hypothekenzins von 5,9 Prozent. Einem Niveau, das für Investoren in Anbetracht weiter fallender Preise unattraktiv ist.

Damit der Immobilienmarkt nicht erneut wie 2007 eine Finanzkrise entfesselt, brachte die US-Bundesbehörde für Wohnungswesen den Vorschlag auf den Weg, dass Banken sich die Beträge aus nicht geleisteten Kreditzahlungen aus einem Bundesfonds holen können. Zudem soll den Schuldnern die Möglichkeit eingeräumt werden, die monatlichen Hypothekenzahlungen für bis zu fünf Jahre zu reduzieren.

In San Francisco spitzt sich die Lage indessen weiter zu. Nur eine Woche nach dem Park Hotels & Resorts (NYSE:PK) die Zahlungen für den 725 Millionen Dollar Kredit für das Hilton San Francisco Union Square (NYSE:SQ) and Parc 55 einstellte, gab die größte Shopping-Mall der Stadt bekannt, den 558 Millionen Dollar Kredit nicht mehr bedienen zu können.

Ähnlich sieht es in New York, der Stadt der Bürohochhäuser, aus. Der Rechnungsprüfer der Stadt, Brad Lander, musste sich zwangsläufig damit beschäftigen, welche Auswirkungen der Kollaps des Gewerbe-Immobilienmarktes haben wird. Das von ihm entworfene Weltuntergangsszenario prognostiziert einen 40 Prozent Abschwung dieses Sektors. Die damit verbundenen Einkommenseinbußen der Stadt würden von Jahr zu Jahr zunehmen und 2027 bereits 1,2 Milliarden Dollar betragen.

Doch wo keine Büroangestellten mehr sind, fehlen auch der lokalen Wirtschaft die Kunden, was die Schließung von Restaurants, Bars, Nagelstudios usw. zur Folge hat.

Die aufgezeigten Beispiele sind keineswegs Einzelfälle, sondern stehen stellvertretend für ein systematisch weltweit verbreitetes Problem. Keiner erfährt von den bereits zahlreich stattfindenden kleinen Immobilienpleiten, denn diese sind für gute Schlagzeilen unbedeutend.

Bedenklich ist, dass die Marktbereinigung, die von den hohen Zinsen ausgelöst wurde, gerade erst begonnen hat.

Das Irrsinnige ist, dass der Auslöser für diese Verwerfungen die hohen Zinsen sind. Zinsen, die wegen der hohen Inflation angezogen werden mussten – einer Inflation, die nur aufgrund der viel zu langen Niedrigzinsphase zu einem Problem wurde.

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