Investing.com - Zentralbanken auf der ganzen Welt machen sich wieder locker. Der Grund: der eskalierende US-Handelskrieg mit China, aber auch der Konflikt zwischen Südkorea und Japan bereitet den Anlegern zunehmend Kummer - und trotzdem legen die Aktien nach dem massiven Abverkauf der vergangenen Tage wieder zu!
Ist der TINA-Effekt an den Märkten zurück?
Nein, damit ist nicht der Name "Tina" gemeint. TINA heißt übersetzt: "There Is No Alternative". Für langfristig orientierte Anleger soll es keine Alternative zu Aktien geben, wenn sie eine stattliche Rendite erwirtschaften wollen, so heißt es an der Wall Street.
Der Grund dafür ist recht simple: Unternehmens- und Staatsanleihen werden durch die Negativzinsen (zumindest in Europa und einigen anderen Teilen der Welt) zunehmend unattraktiv. Auf dem Spar- und Tagesgeldkonto gibt es sowieso keine Zinsen mehr. Vielmehr drohen dem deutschen Bürger schon bald Minuszinsen auf Einlagen, die er bei seiner Hausbank hält. Auch mit Lebensversicherungen oder anderen Rentensparplänen lässt sich keine Rendite mehr einfahren.
Und so bleibt am Ende eigentlich nur der Aktienmarkt als renditestarke Alternative übrig. 55 Prozent der im S&P 500 gelisteten Unternehmen werfen mehr Rendite ab, als die Zinspapiere für zehnjährige US-Staatsanleihen, die gestern auf ein neues Mehrjahrestief rutschten, da Konjunktursorgen und die Yuan-Abwertung die Anleger scharenweise in sichere Häfen wie Gold, Silber, CHF, JPY flüchten ließen.
Der TINA-Effekt ist also stärker präsent als zuvor und so dürften Anleger an Aktien auch im weiteren Jahresverlauf nicht vorbei kommen, da sie so süchtig nach Rendite sind wie ein Junkie nach dem nächsten Schuss, und das, obwohl die Fundamentaldaten (Gewinnrezession, kein Umsatzwachstum, schwächelnde Frühindikatoren) die steigenden Aktienkurse bei DJIA, SPX, NDX nicht unterstützen.
Aber die Angst der Anleger, etwas zu verpassen - FOMO-Effekt - führt zu unüberlegten Entscheidungen. Man könnte auch sagen: Gier frisst Hirn. Und warum sollten die Aktienanleger auch Angst haben. Sie wissen ja, dass die Zentralbanken immer Gewehr bei Fuß stehen und stets bereit sind, die nächste Liquiditätsbombe an den Märkten zünden zu lassen, falls nötig. So wie die Fed, die jüngst ihre Zinsen gesenkt hat und diese aller Voraussicht nach auch noch weiter absenken wird. Oder die EZB, die den Einlagesatz weiter ins Minus drücken will und sogar laut über eine Wiederauflage des Kaufprogramms nachdenkt.
Es mehren sich aber die Anzeichen dafür, dass der längste Konjunkturaufschwung in der Geschichte sich allmählich seinem Ende nähert und entsprechend gilt es sein Portfolio sattelfest zu machen, denn auch das Arsenal der Zentralbanken ist nicht unendlich groß.
Der Grund: die Nachfrage nach kürzer laufenden Zinspapiere steigt stärker ans als nach Langläufern. So hat sich der Spread zwischen den dreimonatigen und den zehnjährigen US-Staatsanleihen mit 38 Basispunkten auf den höchsten Stand seit der großen Finanzkrise 2008 erhöht. Der Trend der inversen Zinskurve setzt sich also unaufhaltsam fort und erhöht die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA.
Bald ist die wichtige Zinskurve drei Monate am Stück invertiert, was in der Regel als zuverlässiger Indikator für eine heraufziehende Rezession gilt. Im Schnitt kam es 311 Tage später zu einer Rezession.
Und auch der von der New York Fed berechnete Rezessionsindikator schlägt Alarm. Im Juli lag der viel beachtete Indikator erneut über der wichtigen Hürde von 30.
"Seit 1960 folgte jedes Mal eine Rezession, wenn dieser Indikator die Marke von 30 Prozent überschritt", schrieb Lisa Shalett, Vermögensverwalterin bei der US-Großbank Morgan Stanley (NYSE:MS).
Nach 32,9 Prozent im Juni lag der Rezessionsindikator im Juli bei 31,47 Prozent.
Es gibt also Argumente, die sowohl für eine tiefere Korrektur als auch für eine sich weiter fortsetzende Hausse an den Aktienmärkten (die schon seit 2009 läuft) sprechen. Aber nach einer Anhöhe kommt eben irgendwann auch mal wieder ein Tal. Das gilt auch an der Börse.
Lesen Sie auch:
von Robert Zach