Berlin (Reuters) - Die deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im März trotz sinkender Industrie-Aufträge überraschend hochgefahren.
Vor allem die boomende Baubranche sorgt derzeit für Rückenwind, wie aus Daten vom Mittwoch hervorgeht. Wegen der mauen Auftragslage zeigt sich das Bundeswirtschaftsministerium aber skeptisch. "Es ist weiter von einer gedämpften Industriekonjunktur in den kommenden Monaten auszugehen." Auch Ökonomen warnten vor Optimismus und verwiesen angesichts der internationalen Handelskonflikte auf die Exportabhängigkeit Deutschlands. "Die deutsche Wirtschaft bleibt Spielball der globalen Konjunkturentwicklung", sagte Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank.
Industrie, Bau und Energieversorger stellten im März zusammen 0,5 Prozent mehr her als im Vormonat. Ökonomen hingegen hatten mit einem Rückgang im gleichen Umfang gerechnet. Im gesamten ersten Quartal ging es zwar 0,5 Prozent nach oben, aber die Industrie allein drosselte ihre Produktion um 0,1 Prozent. Für Impulse sorgt dank der niedrigen Zinsen erneut der Bau. "Das Baugewerbe meldet seit Jahresbeginn kräftige Produktionszuwächse und befindet sich weiter in der Hochkonjunktur", erklärte das Ministerium. Hier gab es im März ein Plus von 1,0 Prozent.
Trotz der positiven Überraschung bleibt die Industrie das Sorgenkind. Sie hatte zwar im März nach zwei deutlichen Rückgängen in Folge wieder ein Auftragsplus geschafft und 0,6 Prozent mehr Bestellungen eingesammelt als im Februar. Dennoch werten Ökonomen dies noch nicht als Wende zum Besseren. "Die deutsche Industrie ist noch nicht aus dem Schneider", sagte Oliver Rakau vom Analysehaus Oxford Economics.
Denn die globale Konjunkturabkühlung macht den Unternehmen zu schaffen. "Die schlechte Stimmung bei den Unternehmen und die schwache Entwicklung der Aufträge seit Jahresbeginn sprechen dafür, dass die Produktion in der Industrie in den kommenden Monaten noch einmal merklich fallen wird", sagte Commerzbank-Experte Ralph Solveen. "Ein Ende der Konjunkturschwäche signalisieren die heutigen Zahlen also sicherlich noch nicht."
Allerdings rechnen Volkswirte damit, das die gesamte Wirtschaft im ersten Quartal stärker gewachsen sein dürfte als bislang erwartet. Solveen hält ein Wachstum von 0,3 Prozent für möglich, nach einer Stagnation Ende 2018. Die Bundesregierung und die EU-Kommission trauen der deutschen Wirtschaft 2019 nur 0,5 Prozent Wachstum zu, nach 1,4 Prozent im Vorjahr.
Derweil verbessern sich die Aussichten für die globale Konjunktur etwas. Das Barometer für das Weltwirtschaftsklima des Ifo-Instituts stieg im zweiten Quartal nach vier Rückgängen in Folge. "Im Jahresverlauf dürfte sich damit die Weltkonjunktur allmählich wieder festigen", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Weltwirtschaft dürfte den knapp 1300 befragten Experten zufolge 2019 um 3,4 Prozent wachsen.