BERLIN (dpa-AFX) - Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seiner Ampel-Regierung vorgehalten, mit dem Haushaltsentwurf für das kommende Jahr dem Anspruch einer "Zeitenwende" nicht gerecht zu werden. Er habe erhebliche Zweifel, ob man die Dimension des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und deren weitreichende Auswirkungen übereinstimmend richtig einschätze, sagte Merz am Mittwoch in der Generaldebatte zum Haushalt 2024 im Bundestag in Berlin. Der CDU-Vorsitzende kritisierte vor allem eine mangelhafte langfristige Finanzierung der Bundeswehr.
Großer Verlierer seien Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), die Soldaten der Bundeswehr - und auch die Bündnispartner hätten Vertrauen verloren, sagte Merz.
Das bei SPD und Grünen ungeliebte Kind Bundeswehr stehe schon in kurzer Zeit vor einer sehr viel weitreichenderen strukturellen Unterfinanzierung als zu der Zeit, als die Ampel die Bundeswehr vor zwei Jahren übernommen habe, kritisierte Merz. Spätestens 2027 werde eine Lücke von mindestens 30 Milliarden Euro im Verteidigungshaushalt klaffen, von der die Regierung heute keine Vorstellung habe, wie sie gefüllt werden solle, sagte Merz.
Scholz habe in seiner Regierungserklärung am 27. Februar 2022 versprochen, ab sofort zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Bundeswehr zu investieren und zusätzlich ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Beschaffung großer, langjährig zu finanzierender Waffensysteme zu errichten. Die Union habe auf der Geschäftsgrundlage des Zwei-Prozent-Versprechens aus Überzeugung zugestimmt. Stattdessen sehe man nun einen weitgehend unveränderten Verteidigungsetat. Zur formalen Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels bediene sich die Ampel für den laufenden Betrieb zunehmend aus dem Sondervermögen.
Die Nato-Staaten hatten sich 2014 darauf verständigt, dass sich alle Bündnisstaaten bis 2024 dem Richtwert von zwei Prozent annähern sollen. Im Juli beschlossen sie, die zwei Prozent nun zu einem Minimalziel zu machen. Künftig sollen alle Mitgliedstaaten also mindesten zwei Prozent für Verteidigung ausgeben. Neben Deutschland verfehlen derzeit noch fast 20 weitere Nato-Staaten die zwei Prozent.