Börsen-Zeitung: Griechenland III, Kommentar zum Euro-Krisenmanagement
von Detlef Fechtner
Frankfurt (ots) - Vor fast auf den Tag genau vier Jahren hat
Griechenland seinen offiziellen Hilferuf abgesetzt. Anfang Mai 2010
schnürten dann EU und Währungsfonds das erste Hilfsprogramm. Ein
gutes Jahr später folgte Paket zwei. Spätestens seit gestern ist
wahrscheinlich, dass im Herbst noch ein Nachschlag kommt. Denn da
Griechenland seinen Teil der Abmachung eingehalten und erstmals seit
Jahren wieder einen Primärüberschuss erzielt hat, können die
Euro-Partner das Land jetzt nicht fallenlassen, sondern müssen
weitere Hilfen gewähren.
Natürlich lässt sich trefflich darüber streiten, ob dieses dritte
Hilfspaket - im Vergleich zu den ersten beiden eher ein Hilfspäckchen
- im strengen Sinne den Titel "Griechenland III" verdient. Denn nicht
zuletzt der IWF will nicht noch einmal Milliardenkredite gewähren -
allein schon, weil dann die Schuldentragfähigkeit infrage stünde.
Also werden Finanztechniker komplizierte Zahlenwerke aushecken,
Zinsen nochmals senken, Laufzeiten abermals strecken, Notkredite für
Banken in Notkredite für den Staat umwidmen und andere bilanzielle
Kunstfertigkeiten aufbieten, damit Hellas auch 2015 nicht das Geld
ausgeht. Mag sein, dass man das am Ende dann nicht als weiteres
Hilfspaket bezeichnen muss. Aber im Kern ist es das.
Mancher Kritiker des Euro-Krisenmanagements wird sich in seiner
Prognose bestätigt fühlen, dass sich die Rettung von Hellas zu einer
endlosen Geschichte entwickelt. Mancher Verfechter wird indes
dagegenhalten, dass Irland und bald womöglich Portugal belegen, dass
es durchaus gelingt, zurück in die finanzpolitische Normalität zu
finden. Beide Seiten haben einen Punkt, der sich in zwei aktuellen
Zahlen widerspiegelt.
Die eine lautet: Griechenland hat erstmals wieder einen kleinen
Primärüberschuss erwirtschaftet. Es tut sich also etwas, denn das
Land nimmt mehr Geld ein, als es - jenseits von Schuldendienst und
Bankenstützung - ausgibt. Die andere lautet: Griechenland weist, wenn
man alle effektiven Belastungen addiert, nach wie vor ein Defizit von
12,7% aus. Die beiden so unterschiedlichen Zahlen beschreiben die
Lage überaus treffend. Denn es gibt gewiss Fortschritte. Aber es gibt
- ebenso gewiss - einen gewaltigen Unterschied zwischen der
Sanierungsfähigkeit der einzelnen Krisenländer. Genauso, wie es vor
zwei Jahren unangemessen war, alle Krisenländer über einen Kamm zu
scheren, wäre es nun unbedacht, das unterschiedliche Tempo der
haushaltspolitischen Sanierung zu ignorieren. Griechenland wird noch
mehr Zeit brauchen.
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