Börsen-Zeitung: Fragile Lage, Börsenkommentar 'Marktplatz', von Dieter
Kuckelkorn.
Frankfurt (ots) - Für die Akteure an den Kapitalmärkten werden die
kommenden Wochen spannend. Den Marktteilnehmern stehen zahlreiche
politische Ereignisse von großer Bedeutung bevor, die globale
konjunkturelle Lage ist fragil und in Europa befindet sich die Saison
der Quartalsberichte der börsennotierten Unternehmen auf dem
Höhepunkt.
In der gerade beendeten Handelswoche hielten sich die Investoren
spürbar zurück. Der Dax kommt für die fünf Handelstage per Freitag
auf ein Plus von 1,8%, und der Euro ist am Freitag unter die Marke
von 1,29 Dollar gefallen. Dies ist zum Teil damit zu erklären, dass
Marktteilnehmer lieber abwarten wollen, was in den nächsten Tagen auf
sie zukommt.
Das zweifellos wichtigste politische Ereignis, die
Präsidentschaftswahl in den USA, ist aus Sicht der Marktakteure indes
von begrenzter Tragweite. Dies liegt daran, dass der nächste
US-Präsident - heißt er nun Barack Obama oder Mitt Romney - zumindest
in wirtschafts- und finanzpolitischer Hinsicht nur eingeschränkten
Spielraum hat, was die politischen Unterschiede relativiert. Da
helfen den Anlegern Rückblenden in die Vergangenheit - etwa die
Rechnung, dass der Aktienmarkt meist besser abgeschnitten hat, wenn
die USA von einem Demokraten geführt worden sind, - nur sehr bedingt
weiter.
Aus Marktsicht ist die ebenfalls stattfindende Wahl zum
US-Kongress von größerer Bedeutung - mit Blick auf die fiskalische
Klippe, auf die die USA zusteuern. Sollten sich Republikaner, die das
Repräsentantenhaus beherrschen, und Demokraten, die die Mehrheit im
Senat haben, nicht auf einen Haushalt einigen, drohen Anfang 2013
automatische Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen. Sollte nach den
Wahlen eine der Parteien beide Häuser des Kongresses beherrschen -
wobei dies eher den Republikanern gelingen dürfte -, wären die
Anleger eine große Sorge los, was durchaus eine kleine Kursrally
auslösen könnte.
Was allerdings nach wie vor die Märkte belastet und damit mögliche
Kursgewinne deckelt, ist die global immer noch wenig erfreuliche
Konjunkturlage. Zwar haben Frühindikatoren aus den USA und Europa
zuletzt nicht mehr ganz so schlecht ausgesehen. Die meisten Anleger -
vor allem in Europa - trauen der Entwicklung allerdings noch nicht so
recht und halten sich lieber zurück.
Die konjunkturelle Lage lastet auch auf den Unternehmen, die
derzeit ihre Zwischenberichte vorlegen. Unter dem Strich ist die
Quartalssaison zwar gar nicht so schlecht verlaufen. So haben bislang
13 Dax-Werte ihre Zahlen vorgelegt, und wie die Analysten der WGZBank
ermittelt haben, stieg der Umsatz der Konzerne im Durchschnitt um 15%
und der Gewinn um 29%. Damit sind die Erwartungen der Analysten
deutlich übertroffen worden.
Wie die WGZ-Experten aber zugleich betonen, zeigt ein Blick ins
Kleingedruckte weniger erfreuliche Details. Von den Unternehmen aus
der ersten Reihe haben immerhin sechs schlechtere Zahlen ausgewiesen,
darunter so bedeutende Namen wie BASF, Daimler und SAP. Zudem weisen
sie darauf hin, dass der 'überaus markige' Gewinnausweis von
Volkswagen die Zahlen kräftig nach oben verzerre.
Für die eher zurückhaltende Reaktion der Marktteilnehmer gibt es
noch einen anderen Grund: In den USA und im restlichen Europa sind
die Quartalsberichte bei weitem nicht so positiv, was ins Kalkül auch
der einheimischen Marktteilnehmer einfließt. So sind im Universum des
US-Benchmark-Index Standard & Poor's 500, aus dem bereits 367
Gesellschaften berichtet haben, die Erlöse nach WGZ-Berechnungen um
1,7% zurückgegangen, während die Gewinne nur um magere 1,5% gestiegen
sind. Und aus dem EuroStoxx 50 haben 27 Unternehmen von einem Umsatz-
und Gewinnanstieg von 7% berichtet. Dass derartige Zahlen keine
rechten Begeisterungswellen an den Märkten auslösen, ist wohl
verständlich.
Und nach wie vor ist auch die Euro-Krise nicht ausgestanden. So
stellt sich die Frage, ob nicht ein drittes Hilfspaket für
Griechenland geschnürt werden muss, weil das Land mit den Reformen
arg im Rückstand ist. Dieses Thema könnte auf dem nächsten Treffen
der Eurogruppe am 12. November im Mittelpunkt stehen.
Insgesamt spricht die Gemengelage dafür, dass an den
Kapitalmärkten die Bäume in den kommenden Wochen nicht in den Himmel
wachsen - selbst wenn nach der Wahl in den USA die fiskalische Klippe
ihren Schrecken verliert. Am Aktienmarkt und für den Euro werden sich
die Kursgewinne in engen Grenzen halten.
(Börsen-Zeitung, 3.11.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Kuckelkorn.
Frankfurt (ots) - Für die Akteure an den Kapitalmärkten werden die
kommenden Wochen spannend. Den Marktteilnehmern stehen zahlreiche
politische Ereignisse von großer Bedeutung bevor, die globale
konjunkturelle Lage ist fragil und in Europa befindet sich die Saison
der Quartalsberichte der börsennotierten Unternehmen auf dem
Höhepunkt.
In der gerade beendeten Handelswoche hielten sich die Investoren
spürbar zurück. Der Dax kommt für die fünf Handelstage per Freitag
auf ein Plus von 1,8%, und der Euro ist am Freitag unter die Marke
von 1,29 Dollar gefallen. Dies ist zum Teil damit zu erklären, dass
Marktteilnehmer lieber abwarten wollen, was in den nächsten Tagen auf
sie zukommt.
Das zweifellos wichtigste politische Ereignis, die
Präsidentschaftswahl in den USA, ist aus Sicht der Marktakteure indes
von begrenzter Tragweite. Dies liegt daran, dass der nächste
US-Präsident - heißt er nun Barack Obama oder Mitt Romney - zumindest
in wirtschafts- und finanzpolitischer Hinsicht nur eingeschränkten
Spielraum hat, was die politischen Unterschiede relativiert. Da
helfen den Anlegern Rückblenden in die Vergangenheit - etwa die
Rechnung, dass der Aktienmarkt meist besser abgeschnitten hat, wenn
die USA von einem Demokraten geführt worden sind, - nur sehr bedingt
weiter.
Aus Marktsicht ist die ebenfalls stattfindende Wahl zum
US-Kongress von größerer Bedeutung - mit Blick auf die fiskalische
Klippe, auf die die USA zusteuern. Sollten sich Republikaner, die das
Repräsentantenhaus beherrschen, und Demokraten, die die Mehrheit im
Senat haben, nicht auf einen Haushalt einigen, drohen Anfang 2013
automatische Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen. Sollte nach den
Wahlen eine der Parteien beide Häuser des Kongresses beherrschen -
wobei dies eher den Republikanern gelingen dürfte -, wären die
Anleger eine große Sorge los, was durchaus eine kleine Kursrally
auslösen könnte.
Was allerdings nach wie vor die Märkte belastet und damit mögliche
Kursgewinne deckelt, ist die global immer noch wenig erfreuliche
Konjunkturlage. Zwar haben Frühindikatoren aus den USA und Europa
zuletzt nicht mehr ganz so schlecht ausgesehen. Die meisten Anleger -
vor allem in Europa - trauen der Entwicklung allerdings noch nicht so
recht und halten sich lieber zurück.
Die konjunkturelle Lage lastet auch auf den Unternehmen, die
derzeit ihre Zwischenberichte vorlegen. Unter dem Strich ist die
Quartalssaison zwar gar nicht so schlecht verlaufen. So haben bislang
13 Dax-Werte ihre Zahlen vorgelegt, und wie die Analysten der WGZBank
ermittelt haben, stieg der Umsatz der Konzerne im Durchschnitt um 15%
und der Gewinn um 29%. Damit sind die Erwartungen der Analysten
deutlich übertroffen worden.
Wie die WGZ-Experten aber zugleich betonen, zeigt ein Blick ins
Kleingedruckte weniger erfreuliche Details. Von den Unternehmen aus
der ersten Reihe haben immerhin sechs schlechtere Zahlen ausgewiesen,
darunter so bedeutende Namen wie BASF, Daimler und SAP. Zudem weisen
sie darauf hin, dass der 'überaus markige' Gewinnausweis von
Volkswagen die Zahlen kräftig nach oben verzerre.
Für die eher zurückhaltende Reaktion der Marktteilnehmer gibt es
noch einen anderen Grund: In den USA und im restlichen Europa sind
die Quartalsberichte bei weitem nicht so positiv, was ins Kalkül auch
der einheimischen Marktteilnehmer einfließt. So sind im Universum des
US-Benchmark-Index Standard & Poor's 500, aus dem bereits 367
Gesellschaften berichtet haben, die Erlöse nach WGZ-Berechnungen um
1,7% zurückgegangen, während die Gewinne nur um magere 1,5% gestiegen
sind. Und aus dem EuroStoxx 50 haben 27 Unternehmen von einem Umsatz-
und Gewinnanstieg von 7% berichtet. Dass derartige Zahlen keine
rechten Begeisterungswellen an den Märkten auslösen, ist wohl
verständlich.
Und nach wie vor ist auch die Euro-Krise nicht ausgestanden. So
stellt sich die Frage, ob nicht ein drittes Hilfspaket für
Griechenland geschnürt werden muss, weil das Land mit den Reformen
arg im Rückstand ist. Dieses Thema könnte auf dem nächsten Treffen
der Eurogruppe am 12. November im Mittelpunkt stehen.
Insgesamt spricht die Gemengelage dafür, dass an den
Kapitalmärkten die Bäume in den kommenden Wochen nicht in den Himmel
wachsen - selbst wenn nach der Wahl in den USA die fiskalische Klippe
ihren Schrecken verliert. Am Aktienmarkt und für den Euro werden sich
die Kursgewinne in engen Grenzen halten.
(Börsen-Zeitung, 3.11.2012)
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