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Börse Frankfurt-News: Gefahr der Instrumentalisierung (Auslandsaktien)

Veröffentlicht am 20.03.2014, 13:51

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Marktbericht vom Handel mit internationalen Werten

20. März. Nach teils kräftigen Kurseinbrüchen sind russische Aktien seit dem Krim-Referendum wieder auf Erholungskurs. Händler berichten von Kaufinteresse, weisen aber gleichzeitig auf unterschiedliche Risiken der Einzelaktien hin.

Die Krim-Krise hat den Handel mit russischen Aktien mächtig aufgewirbelt. Volatile Kurse und täglich neue Nahrung für Spekulationen locken jede Menge kurzfristig orientierte Trader in den Markt.

'Die Umsätze mit russischen Titeln sind seit Ausbruch der Krim-Krise kräftig in die Höhe geschnellt', berichtet Jan Vrbsky, Händler der Baader Bank, die in Frankfurt einen Großteil des Handels mit russischen Aktien, bzw den Austauschscheinen, betreut. Und auch Walter Vorhauser von Close Brothers Seydler spricht von einem enorm angestiegenen Handelsaufkommen in ADR und GDR auf russische Aktien. 'Angesichts des zuletzt starken Verkaufsdrucks haben sich die Umsätze in vielen Titeln mehr als verdreifacht', meldet der Händler.

Da die russischen Aktien selbst nur in Russland handelbar sind, müssen deutsche Anleger, die sich in solchen Titeln engagieren wollen, auf Zertifikate zurückgreifen, die das Eigentum an den jeweiligen Aktien verbriefen. Diese so genannten ADR und GDR - also American Depository Receipt bzw. Global Depository Receipt - verbriefen auch das Recht auf die volle Dividende, auf Stimmrechte müssen Anleger allerdings verzichten.

Risiken eingepreist?

Von Fluchtverkäufen kann aktuell jedoch keine Rede sein, wie Vrbsky beobachtet: 'Nachdem die Unsicherheit über das Vorgehen auf der Krim und mögliche militärische Schritte nach dem Referendum vom Sonntag und den jüngsten Aussagen von Präsident Putin vom Tisch zu sein scheint, hat sich die russische Börse beruhigt. Anleger setzen wieder auf steigende Kurse und kaufen.' Nach einem Absturz um rund 20 Prozent innerhalb weniger Tage hat der russische Leitindex MICEX seit dem Tief bei rund 1.200 Punkten Ende vergangener Woche schon wieder rund 100 Zähler gut gemacht.

Auch die Sorgen über mögliche Wirtschaftssanktionen scheinen viele Anleger mittlerweile wieder beiseite gelegt zu haben: 'Es ist wahrscheinlich, dass die Sanktionen auf die politische Ebene begrenzt bleiben. Wenn im Moment überhaupt jemand von wirtschaftlichen Sanktionen spricht, dann sind das Politiker aus Nordamerika, das in Russland ja ganz im Gegensatz zu Deutschland sehr wenig engagiert ist', erklärt der Händler. Dazu komme die Abhängigkeit Westeuropas von den russischen Energiereserven, die den Spielraum für wirtschaftliche Sanktionen stark einenge.

Der Markt geht daher davon aus, dass die Krise nur kurzfristiger Natur sein wird und die Kurse in absehbarer Zeit auf ihr Ursprungsniveau zurückkehren werden, meint Vrbsky.

Vorhauser weist allerdings darauf hin, dass angesichts der dauerhaft hohen politischen Unsicherheiten in Russland vorwiegend spekulative Anleger wieder zukauften. 'Und die nehmen dann sicher auch bald wieder Gewinne mit. Langfristig orientierte Anleger halten sich da eher zurück.'

Unterschiedliche Risiken

Interessant ist laut Vrbsky insbesondere die unterschiedlich starke Kursreaktion der Einzelwerte auf die jüngste Krise: 'Nicht jede Aktie hat im gleichen Umfang mit Kursverlusten reagiert, es gibt da durchaus Differenzierungen', meldet der Händler. So seien etwa die Aktien des Erdgasgiganten Gazprom (WKN A0J4TC) zeitweise kräftig unter die Räder gekommen, genauso wie die Titel der großen Finanzinstitute Sberbank (WKN A1JB8N) und VTB Bank (WKN A0MQ3G). Beim größten russischen Mineralölkonzern Lukoil hingegen sei weniger passiert und die Aktie habe die Abschläge schnell wieder aufgeholt.

Nach Einschätzung von Vrbsky spielt dabei nicht zuletzt der Umfang der Staatsbeteiligung an den einzelnen Unternehmen und das damit einhergehende Investorenrisiko eine Rolle: 'Bei Gazprom, Rosneft, Sberbank und VTB Bank ist der russische Staat sehr stark beteiligt. Das schürt die Sorge, dass der Staat diese Unternehmen politisch instrumentalisiert und unternehmerische Entscheidungen möglicherweise nicht mehr auf wirtschaftlichen Gesichtspunkten beruhen könnten, sondern auf politischen. Das impliziert Gewinn- und Renditerisiken', erläutert Vrbsky und weist darauf hin, dass Lukoil mehrheitlich in Privatbesitz ist.

Langfristiger Polit-Abschlag bei Gazprom

Nach Einschätzung des Händlers ist die hohe Staatsbeteiligung etwa bei Gazprom auch der Grund für die langfristig sehr niedrige Bewertung des Unternehmens. 'Obwohl Gazprom ein Weltkonzern mit einer enormen wirtschaftlichen Stellung ist, liegt das Kursgewinnverhältnis bei lediglich 2 und die Aktie ist seit Jahren im Abwärtstrend', beobachtet Vrbsky. Zum Vergleich: Auf Basis der für das Jahr 2014 erwarteten Unternehmensgewinne beträgt das KGV für den DAX 13, für den amerikanischen S&P 500 sogar 15.

Dennoch: Seit dem jüngsten Rücksetzer sei bei Gazprom klares Kaufinteresse bei immens gestiegenen Umsätzen zu beobachten: 'Während vor der Krise noch rund 70.000 Gazprom-GDR am Tag umgingen, waren es zu Beginn des Konflikts 2 Millionen und jetzt sind es immerhin noch gut 500.000 Stück täglich', weiß Vrbsky. Dabei profitiere die Aktie wahrscheinlich auch sehr stark von ihrer derzeitigen Medienpräsenz: 'Gazprom wird im Zuge der Krimkrise ja plötzlich in jeder Nachrichtensendung und in nahezu allen Zeitungsberichten erwähnt - das kann man schon fast als Werbung interpretieren.'

von Karoline Kopp, Deutsche Börse AG

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© 20. März 2014

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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