(neu: Putin nimmt per Video teil)
JOHANNESBURG (dpa-AFX) - Russlands Präsident Wladimir Putin wird nicht persönlich am Treffen der Brics-Staaten im August in Südafrika teilnehmen. In einer Mitteilung des Büros des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa am Mittwoch hieß es, die Entscheidung sei "in gegenseitigem Einvernehmen" getroffen worden.
Über viele Wochen stand zuvor die Frage im Raum, ob Putin es trotz eines vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) erlassenen Haftbefehls wagen werde, nach Südafrika zu reisen. Das Gericht in Den Haag hatte den Haftbefehl gegen den Kremlchef wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine im März erlassen.
Südafrika hat die Statuten des IStGH unterzeichnet und wäre dazu verpflichtet gewesen, Putin festzunehmen. Russland hatte allerdings Südafrika nach Angaben von dessen Präsident Cyril Ramaphosa gewarnt, dass dies einer "Kriegserklärung" gleichkomme.
Putin wird jetzt nach Angaben aus Moskau per Video teilnehmen. "Das wird eine vollwertige Teilnahme sein", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Anstelle Putins werde Russlands Außenminister Sergej Lawrow anreisen.
Der Gipfel der aufstrebenden Brics-Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika findet vom 22. bis 24. August in Johannesburg statt.
Trotz des Haftbefehls hatte Südafrika, das derzeit den Brics-Vorsitz inne hat, Putin offiziell zu dem Gipfeltreffen der wirtschaftsstärksten Schwellenländer eingeladen. Seitdem steckte das Land am Südzipfel Afrikas in einem diplomatischen Dilemma und unter enormem internationalem Druck.
In vergangenen Wochen waren Ramaphosa und Außenministerin Naledi Pandor immer wieder Fragen ausgewichen, ob Putin bei seiner Einreise in Südafrika tatsächlich festgenommen werde.
Südafrikas Regierung deutete aber immer wieder an, dass sie noch nicht entschieden habe, wie sie verfahren wolle. Im April machte Ramaphosa während einer Pressekonferenz mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö die überraschende Erklärung, Südafrika wolle aus dem IStGH austreten, diese zog Ramaphosas Sprecher jedoch am Folgetag als "Fehler" zurück.
Bereits 2015 war Südafrika in die Kritik geraten, als sich das Land weigerte, den damaligen sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir festzunehmen und an das Weltstrafgericht auszuliefern.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte bereits längere Zeit Südafrikas Schlingerkurs kritisiert. Sie kommentierte deshalb Putins Absage am Mittwoch mit Genugtuung: "Das macht deutlich, dass das Völkerstrafrecht bei all seinen Lücken eben kein schwaches Schwert ist, sondern dass das Völkerstrafrecht wirkt." Die Absage Putins zeige zudem, "dass diejenigen, die massiven Bruch des Völkerrechts begehen, damit nicht einfach wie bisher in der Welt herumreisen können". Zuvor hatte Baerbock bereits gesagt: "Das Völkerrecht ist an dieser Stelle klar. Das Völkerrecht macht deutlich: Kriegsverbrecher, Verantwortliche, die Angriffskriege führen, die werden irgendwann zur Verantwortung gezogen.
Südafrika hat immer wieder betonte, es wolle neutral bleiben und stattdessen zwischen Russland und der Ukraine vermitteln. Zu diesem Zweck führte Ramaphosa eine Vermittlungsmission mehrerer Staats- und Regierungschefs aus Afrika an, die im Juni nach Kiew sowie Moskau reisten. Greifbare Ergebnisse brachte die Mission jedoch nicht.
Am Dienstag ließ dann eine bis dahin unveröffentlichte eidesstattliche Erklärung Ramaphosas etwas mehr Licht auf die ungewöhnliche und verzwickte Lage Südafrikas scheinen. Russland habe Südafrika gedroht, dass eine Verhaftung Putins einer "Kriegserklärung" gleichkomme, sagte Ramaphose in der Erklärung an das Oberste Gericht in Südafrikas nördlicher Gauteng Provinz. Südafrika habe daher "offensichtliche Probleme mit der Umsetzung eines Antrags auf Festnahme und Auslieferung von Präsident Putin". Entsprechend habe Südafrika eine Ausnahmeregelung beim IStGH beantragt. Mit Putins Absage, zum Brics-Gipfel zu reisen, ist diese nun nicht mehr notwendig.