(Neu: Entwicklung Ölpreise im 4. und 5. Absatz)
BRÜSSEL (dpa-AFX) - Rohöl aus Russland darf von diesem Montag an nur noch in Ausnahmefällen in die EU importiert werden. Grundlage der Einfuhrbeschränkung ist eine im Juni von den 27 Mitgliedstaaten beschlossene Sanktionsverordnung wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Sie trat bereits kurz nach dem Beschluss in Kraft, sah aber für das Öl-Embargo Übergangsfristen vor.
Ebenfalls ab Montag gilt eine Regelung, die Russland dazu zwingen soll, Erdöl künftig für höchstens 60 US-Dollar pro Barrel an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. Der Preis von umgerechnet etwa 57 Euro pro 159 Liter wird dann um bis zu 9 Euro unter dem jüngsten Marktpreis für russisches Rohöl der Sorte Urals liegen. Die russische Regierung lehnte diesen Preisdeckel ab. "Wir werden keine Obergrenzen anerkennen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax. Man bereite Gegenmaßnahmen vor.
Beide Maßnahmen der EU sollen dazu beitragen, die russischen Handelsgewinne zu begrenzen und dadurch auch Russlands Fähigkeiten zur Kriegsführung einschränken. Nach Angaben eines EU-Beamten sind von dem Embargo rund drei Millionen Barrel Rohöl pro Tag betroffen. Bei einem langfristigen Durchschnittspreis von 70 Dollar (67 Euro) pro Barrel würden Russland damit pro Tag Erlöse in Höhe von etwa 210 Millionen Dollar (200 Mion Euro) entgehen. Dass die Ölmenge komplett an andere Abnehmer verkauft werden kann, gilt als ausgeschlossen.
Die Ölpreise legten am Montag etwas zu. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 86,26 US-Dollar. Das waren 65 Cent mehr als am Freitag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 42 Cent auf 80,44 Dollar. Allerdings gaben die Ölpreise noch deutlichere Gewinne am Nachmittag wieder ab. Der nach robusten US-Daten gestiegene Dollarkurs macht Rohöl für Anleger aus anderen Währungsräumen teurer.
Am Markt wurden die steigenden Ölpreise auch mit der Entwicklung in China erklärt, wo die harten Corona-Maßnahmen etwas gelockert wurden. Bei den Anlegern am Ölmarkt verstärkte dies die Hoffnung, dass Chinas Wirtschaft wieder mehr in Schwung kommen könnte, was eine stärkere Nachfrage nach Rohöl zur Folge hätte. Zudem hatte am Wochenende der von Saudi-Arabien und Russland angeführte Ölverbund Opec+ beschlossen, seine Förderung zunächst unverändert zu belassen.
Deutschland will den Bezug von russischem Rohöl spätestens Ende des Jahres stoppen. Bis dahin nimmt es eine Ausnahmeregelung in Anspruch, die für EU-Staaten gilt, die aufgrund ihrer geografischen Lage in besonderem Maße von Pipeline-Öl aus Russland abhängig waren und die Importe nicht so schnell ersetzen können. In der Bundesrepublik profitiert davon insbesondere die PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt. Sie wird bisher mit russischem Öl aus der Druschba-Pipeline versorgt, das nun ersetzt werden muss.
Bislang ohne Zeitbeschränkung wollen zunächst die Länder Ungarn, Tschechien und die Slowakei die Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen. Weitere Ausnahmen gibt es für Bulgarien mit Hinblick auf die Einfuhr von russischem Rohöl, das auf dem Seeweg transportiert wird, sowie für Kroatien mit Hinblick auf Vakuum-Gasöl. Ein Embargo für Erzeugnisse aus Erdöl wird für alle anderen ab dem 5. Februar 2023 an gelten.
Um die Preisobergrenze für russische Ölexporte in Nicht-EU-Länder durchzusetzen, wurde beschlossen, dass für russische Ölexporte wichtige Dienstleistungen künftig nur noch dann ungestraft geleistet werden dürfen, wenn der Preis des exportierten Öls die Preisobergrenze nicht überschreitet. Westliche Reedereien können mit ihren Schiffen damit weiterhin russisches Öl in Länder wie Indien, China oder Ägypten transportieren. Auch gilt die Regelung für andere wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen, technische Hilfe sowie Finanzierungs- und Vermittlungsdienste.
Die Hoffnung ist, dass die Preisobergrenze zu einer Entspannung an den Energiemärkten führt und auch Drittländer entlastet. Zudem soll damit auch dafür gesorgt werden, dass Russland nicht mehr von Preisanstiegen für Öl profitieren und damit seine Kriegskasse füllen kann. So machten Einnahmen aus dem Öl- und Gasverkauf nach Angaben der Internationalen Energieagentur im vergangenen Jahr bis zu 45 des russischen Staatshaushaltes aus. Der Anteil von Öl an den gesamten Exporterlösen zugunsten des Staatshaushaltes lag nach Angaben von EU-Beamten bei rund 37 Prozent. Kremlsprecher Peskow sagte, Russland könne seinen Krieg gegen die Ukraine trotzdem weiter finanzieren.
Russland hatte bereits am Sonntag angekündigt, dass es kein Öl an Länder liefern werde, die den Preisdeckel anwenden. Das Land sehe das Instrument als nicht marktwirtschaftlich an und werde einen Mechanismus entwickeln, um die Anwendung der Obergrenze zu verbieten, sagte der russische Vizeregierungschef Alexander Nowak im Moskauer Staatsfernsehen. Hielte Moskau das durch, könnte es zu einer Verknappung und damit steigenden Preisen führen.