FRANKFURT (dpa-AFX) - Deutschlands Genossenschaftsbanken haben 2023 von den gestiegenen Zinsen profitiert und in Summe mehr verdient als ein Jahr zuvor. Der Vorsteuergewinn kletterte um fast 6,2 Milliarden Euro auf rund 10,7 Milliarden Euro, wie der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) am Mittwoch mitteilte. Auch der Überschuss der 697 (Vorjahr: 737) Institute lag trotz einer höheren Steuerlast und deutlich mehr Rücklagenbildung für allgemeine Risiken mit rund 3,5 (3,3) Milliarden Euro vorläufigen Zahlen zufolge über Vorjahresniveau.
Die negativen Folgen der Zinswende haben die Institute zum Teil bereits verdaut: 2022 hatte der rasante Zinsanstieg zu Kursverlusten an den Märkten etwa für Staatsanleihen geführt und den Genossenschaftsbanken Abschreibungen von insgesamt 5,7 Milliarden Euro eingebrockt. Zum Teil griffen die Institute seinerzeit auf ihre Vorsorgereserven zurück, um die Wertberichtigungen aufzufangen.
2023 kehrte sich dieses Bild ins Positive: In der Jahresbilanz stehen nun Zuschreibungen und Wertaufholungen bei Wertpapiereigenanlagen von 1,4 Milliarden Euro, weil die Kurse wieder stiegen. Bei einer durchschnittlichen Laufzeit der Papiere von fünf Jahren könne man "davon ausgehen, dass auch in den nächsten Jahren noch Wertaufholungen erfolgen", sagte BVR-Vorstand Daniel Quinten in Frankfurt.
BVR-Präsidentin Marija Kolak ordnete ein: "Also alles gut, könnte man meinen. Leider ist das nicht so, leider ein klares Nein. Auch wenn der meteorologische Frühling begonnen hat, gibt es noch keine klaren Zeichen dafür, dass sich die Wirtschaft aus ihrer Winterstarre befreit hat.
Die Risiken, dass Kredite nicht mehr bedient werden, haben nach Einschätzung des Verbandes angesichts der schwächelnden Konjunktur zugenommen. Im Kreditgeschäft gab es im vergangenen Jahr in Summe Abschreibungen und Wertberichtigungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. Höher war die Kreditrisikovorsorge nach Quintens Angaben zuletzt im Jahr 2005 mit 1,6 Milliarden Euro. Der Verband betonte, die Genossenschaftsbanken seien "gut kapitalisiert für weiteres Wachstum und für Risikoszenarien".
Im angespannten Markt für Gewerbeimmobilien sieht der Verband für die Gruppe derzeit keinen Grund zu größerer Sorge. Mit gut 68,4 Milliarden Euro belaufe sich der Anteil der Kredite in diesem Bereich auf 8,8 Prozent aller Kundenforderungen. "US-Investitionen sind nicht unser Kernmarkt. Das mag es in Einzelfällen oder auch in einzelnen Fondspositionen ab und an geben, das ist aber insgesamt von einer unwesentlichen Höhe", sagte Quinten. Weil mit dem Homeoffice-Trend weniger Büroflächen gebraucht werden, steht der Markt für diese Immobilien in vielen Ländern unter Druck. Besonders betroffen sind die USA.
Grundsätzlich profitieren Banken davon, dass die Europäische Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die hohe Inflation die Leitzinsen im Euroraum seit Juli 2022 zehnmal angehoben hat. Geldhäuser bekommen seither wieder Zinsen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Zudem verdienen Banken und Sparkassen zum Beispiel an höheren Kreditzinsen. Der Zinsüberschuss der Genossenschaftsbanken stieg nach BVR-Angaben binnen Jahresfrist um 15,4 Prozent auf rund 20,6 Milliarden Euro. Der BVR berücksichtigt in den Zahlen unter anderem die Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Sparda-Banken.
Auf die Frage, warum die Zinsen für Sparkunden bei genossenschaftlichen Instituten vergleichsweise niedrig seien, verwies BVR-Vorstandsmitglied Tanja Müller-Ziegler darauf, dass sich der Zinsaufwand für die Institute binnen Jahresfrist auf 7,2 Milliarden Euro vervierfacht habe: "Ich kann Ihnen nur eins sagen: Bei uns gibt es auf jede Sparform Zinsen.