MONTABAUR (dpa-AFX) - Der stockende Netzausbau und dadurch verzögerte Investitionskosten lassen den Internetkonzern United Internet (ETR:UTDI) leicht hoffnungsvoller auf seinen angepeilten Jahresbetriebsgewinn blicken. Auch die Tochter 1&1 dürfte sich besser entwickeln. Allerdings ist der Optimismus nicht auf eine positivere Umsatzentwicklung zurückzuführen: Weil sich der Aufbau des vierten Mobilfunknetzes in Deutschland verzögert, verschieben sich auch geplante Investitionen ins neue Jahr. Die Folge: Konzernchef Ralph Dommermuth strich die Ausgaben für 2022 deutlich zusammen. Am Montagvormittag startete die United-Internet-Aktie mit einem Minus von 1,1 Prozent in die neue Woche und hielt sich damit etwas besser als der MDax. Auch die Papiere von 1&1 verloren mit 0,7 Prozent weniger als der Markt.
Ein Händler monierte, eine nur leicht angehobene Gewinnprognose bei gleichzeitig harschen Investitionskürzungen lese sich wie eine implizite Gewinnwarnung. In der Folge könnte sich der Kurs schlechter entwickeln.
Wie United Internet am Freitagabend nach Börsenschluss mitteilte, solle 2022 nun ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 1,27 Milliarden Euro erzielt werden. Bisher hatte das Management 1,26 Milliarden Euro auf dem Zettel und damit ein Wachstum von weniger als einem Prozent gegenüber dem Vorjahr angepeilt. Der Erlös soll unterdessen wie geplant auf 5,85 Milliarden Euro steigen. Das wären etwa 3,6 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor.
Auch 1&1 rechnet im laufenden Jahr mit etwas mehr Gewinn. So will das Management 2022 jetzt ein operatives Ergebnis von rund 690 Millionen Euro schaffen statt bislang 671,9 Millionen Euro. Die Umsatzprognose bleibt ebenfalls unverändert. Beim Kundenwachstum rechnet 1&1 wegen stärker als erwarteten Auswirkungen gesetzlicher Neuregelungen mit 100 000 Neuverträgen weniger als bisher erwartet. Diese sollen 2022 jetzt noch bei 350 000 liegen.
Allerdings kappte der Vorstand die in Aussicht gestellten Investitionskosten deutlich. Von erwarteten 800 bis 1000 Millionen Euro dürften auf Konzernebene im laufenden Jahr nur noch rund 700 Millionen Euro in neue Projekte und Maßnahmen fließen. Vor allem geringere Ausgaben für 1&1 und den Großkundenbereich 1&1 Versatel in Höhe von 200 Millionen Euro sollten nun erst im neuen Jahr anfallen.
Grund dafür sind Lieferprobleme seines wichtigsten Ausbaupartners, die den neuen vierten Telekommunikationsanbieter hierzulande in Bedrängnis bringen. Bereits Mitte September hatte das Unternehmen bekannt gegeben, das Zwischenziel von 1000 5G-Antennenstandorten bis Ende 2022 nicht mehr erreichen zu können. Allerdings sehen die Frequenzauflagen der Bundesnetzagentur eben jenes Zwischenziel für alle Netzbetreiber vor.
1&1 baut ein eigenes Netz für Handy-Kunden auf und will damit den Platzhirschen Deutsche Telekom (ETR:DTEGn) , Vodafone (LON:VOD) und Telefonica (ETR:O2Dn) Deutschland (O2) Konkurrenz machen. Noch hat die United-Internet-Tochter kein eigenes Netz, sondern nutzt das von Telefonica Deutschland. Möglich macht das eine Vereinbarung beider Unternehmen miteinander.
Die Zielvorgabe der Bundesnetzagentur dürfte nun "voraussichtlich erst im Sommer nächsten Jahres" geschafft werden. Die ursprüngliche Vorgabe kommentierte 1&1 als "grundsätzlich erreichbar", für einen Neueinsteiger sei diese "aber recht anspruchsvoll". Die Lieferprobleme des Partners treffen 1&1 hart: Nach eigenen Angaben ist der nicht namentlich genannte Ausbaupartner für etwa zwei Drittel der geplanten 1000 Antennenstandorte verantwortlich. Langfristig sollte die Verzögerung aber den Netzaufbau nicht beeinträchtigen, stellte United Internet am Freitag klar.