(neu: Schlusskurse)
Frankfurt, 10. Dez (Reuters) - Die Aussicht auf eine baldige
Einigung über das Rettungspaket für die US-Autobranche hat am
Mittwoch den Anlegern an den europäischen Aktienbörsen etwas Mut
gemacht. Der Dax<.GDAXI> setzte seine Erholungstendenz der
vergangenen Tage fort. Er stieg um 0,5 Prozent auf 4804 Punkte
und schloss damit so hoch wie seit vier Wochen nicht mehr. Der
Stoxx50<.STOXX> gab 0,2 Prozent nach, während der
EuroStoxx50<.STOXX50E> 0,6 Prozent zulegte. "Technisch sieht es
gar nicht so schlecht für den Dax und für viele Aktien aus",
spielte ein Händler auf die fast zehnprozentige Erholung des
deutschen Leitindex seit Montag an. Auf Jahressicht beträgt das
Minus freilich immer noch rund 40 Prozent.
In Washington laufen die Verhandlungen über die Details
eines 15 Milliarden Dollar schweres Rettungspakets für GM,
Ford und Chrysler auf Hochtouren. Mehrheitsführer Harry
Reid teilte mit, eine Abstimmung über das Rettungspaket im Senat
sei am Samstag möglich. Allerdings räumte ein Regierungssprecher
ein, noch keinen endgültigen Gesetzentwurf gesehen zu haben. Am
Vorabend hatten sich Kongress und Regierung schon prinzipiell
geeinigt. GM-Aktien stiegen in New York bis zum
europäischen Handelsschluss um knapp drei Prozent, Ford um gut
ein Prozent. In Frankfurt legten Daimler-Aktien fast
ein Prozent, BMW gut zwei Prozent und VW ein
Prozent zu. In Paris zogen Renault um 3,2 Prozent und
Peugeot um fast sieben Prozent an.
Größter Dax-Gewinner waren die Adidas-Aktien mit
einem Plus von 6,4 Prozent. "Vielleicht hat ja das Urteil zur
Pendlerpauschale etwas Konsumfantasie entfacht", rätselte ein
Händler. "Ich denke, viele holen sich lieber Adidas ins
Portfolio, da ihnen das der Chef später weniger vorhalten kann
als wenn man Infineon in den Büchern stehen hat", mutmaßte ein
anderer. Die Aktien des Chipherstellers setzten
folgerichtig ihre Talfahrt fort und fielen um 3,8 Prozent auf
ein Rekordtief von 75,5 Cent.
Eine Analystenempfehlung schob die Aktien von BASF um 3,4
Prozent in die Höhe. Während die meisten Finanzwerte nachgaben,
zogen die Papiere der Hypo Real Estate um 5,7 Prozent
an. Die angeschlagene Immobilienbank zapft den Rettungsfonds des
Bundes weiter an und hat sich ihren Garantierahmen um zehn
Milliarden Euro auf 30 Milliarden Euro aufstocken lassen.
Zu den größten Verlierern zählten neben Infineon die
SAP-Aktien mit einem Tagesverlust von 3,6 Prozent. "Das
Gezerre um die Erhöhung der Wartungsgebühren wird an der Börse
negativ gesehen", sagte ein Händler. SAP hatte nach Protesten
seiner Mittelstandskunden die Erhöhung zurückgenommen. Bei den
Aktien der Deutschen Börse machten viele Anleger nach
den Kursgewinnen der vergangenen Tage Kasse. Der Kurs fiel um
fast drei Prozent. Analysten hatten ihre Kursziele gesenkt,
nachdem die am Vortag veröffentlichte Kostenprognose für 2009
höher ausgefallen war als von den meisten Experten erwartet.
In London standen die Aktien von Rio Tinto mit einem
Tagesgewinn von über gut 20 Prozent im Fokus. Der weltweit
drittgrößte Eisenerzproduzent streicht angesichts des
drastischen Preisverfalls an den Rohstoffmärkten 14.000 Stellen,
kürzt Investitionsausgaben um mehr als die Hälfte und kündigte
den Verkauf von Unternehmensbereichen an. "Drastische Zeiten
schreien nach drastischen Maßnahmen", urteilte Analyst Tim
Schroeders von Pengana Capital. "Sie konzentrieren sich jetzt
definitiv aufs Überleben, was unter diesen Umständen genau das
Richtige ist." Erst vor kurzem hatte der Konkurrent BHP
Billiton seine 66 Milliarden Dollar schweren
Übernahmepläne für Rio fallengelassen. Die BHP-Aktien stiegen um
6,7 Prozent.
(Reporter: Andrea Lentz; redigiert von Ralf Banser)