Deutsches Aktieninstitut e.V.:
DGAP-News: Deutsches Aktieninstitut e.V. / Schlagwort(e): Sonstiges
Deutsches Aktieninstitut e.V.:
12.01.2012 / 12:07
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'Einführung der Finanztransaktionssteuer nicht zielführend'
Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz
Als Dominik Asam vor einem Jahr zum Finanzvorstand der Infineon
Technologies AG berufen wurde, dachten viele Marktteilnehmer bereits, dass
die Finanzkrise der Vergangenheit angehöre. Seitdem hat sich das Bild
jedoch gewandelt. In einem Interview mit dem Finanzplatz spricht Dominik
Asam über die Auswirkungen der Finanzkrise auf seine Arbeit, gute und
schlechte Regulierungsansätze und die Aussichten für 2012.
Interview mit Dominik Asam, Finanzvorstand, Infineon Technologies AG
Herr Asam, wie macht sich die Unruhe an den Kapitalmärkten in Ihrem Ressort
bemerkbar?
Anspruchsvoll ist es insbesondere in der Treasury-Abteilung und dort
speziell auf der Anlageseite. Wie an den Kreditausfall-Swapsätzen abzulesen
ist, ist das Vertrauen des Kapitalmarkts in viele Banken auf ein
historisches Tief gesunken. Dies führt zu erhöhten Refinanzierungskosten
dieser Institute, wodurch wiederum ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet
wird, das Ausfallrisiko erhöht sich. Der Risikospirale können wir nur durch
noch größere Diversifizierung der Anlagen und noch strengere Selektion
begegnen. Auf der Finanzierungsseite hingegen haben wir keine Probleme, da
sich Infineon derzeit nicht extern finanzieren muss. Die Verknappung und
Verteuerung von Bankkrediten betrifft uns nicht. Bei Aktienrückkäufen über
Put-Optionen profitieren wir sogar von der stark gestiegenen Nervosität und
Volatilität an der Börse. Wir können Wandelanleihen und Aktien günstiger
zurückkaufen und höhere Prämien für Put-Optionen einnehmen.
Wie sieht die Finanzierungs- und Kapitalmarktstrategie von Infineon mittel-
bis langfristig aus? Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Krise an den
Märkten?
Als kapitalintensives Unternehmen in einer zyklischen Industrie muss
Infineon jederzeit über ein ausreichendes Liquiditätspolster verfügen. Wir
wollen nicht auf einzelne Finanzierungsquellen und bestimmte Marktfenster
angewiesen sein, sondern auch antizyklisch agieren können. Die Basis
hierfür ist eine gute Aktienperformance und ein starkes Finanzprofil. Zudem
muss das Unternehmen nachweisen, dass seine Investitionen einen positiven
Wertbeitrag leisten - und zwar dauerhaft. Bei attraktiver Verzinsung werden
unsere Investoren ihr Kapital Infineon weiterhin gerne zur Verfügung
stellen. Kurzum: Die beste Basis für die Finanzierungs- und
Kapitalmarktstrategie ist eine operativ erfolgreich umgesetzte
Unternehmensstrategie.
Ziel der Regulierungsanstrengungen auf europäischer und nationaler Ebene
ist, eine Finanzkrise wie die aktuelle künftig zu verhindern. Sind Sie der
Ansicht, dass die Regulierungsvorschläge in die richtige Richtung gehen?
Was sollte Ihrer Meinung nach noch in Angriff genommen werden?
Generell sind die Regulierungsanstrengungen zu begrüßen. Es besteht jedoch
auch ein Risiko, durch übertriebene, nicht zielführende Regulierung Schaden
anzurichten. Als ein Beispiel sei hier die geplante Einführung der
Finanztransaktionssteuer genannt. Die entstehenden Kosten werden mit großer
Wahrscheinlichkeit an den Endverbraucher weitergegeben; die Marktteilnehmer
könnten auf unbesteuerte Finanzplätze oder das Schattenbankensystem
ausweichen. Nimmt das Handelsvolumen in den besteuerten Märkten ab, sinkt
die Liquidität, was wiederum zu höheren Kursschwankungen führt. So würde
eigentlich das Gegenteil dessen erreicht, was beabsichtigt ist. Ich würde
mir wünschen, dass sich die Regulierung stärker darum bemüht, prozyklisches
Handeln zu unterbinden. Die Methodik zur Berechnung von
Eigenkapitalanforderungen sollte sich an sehr langfristigen
Ausfallwahrscheinlichkeiten, Volatilitäten und Korrelationen orientieren,
statt zu sehr auf's aktuelle Marktgeschehen abzustellen. Zusätzlich sollten
auch in guten Zeiten turbulente Phasen durch 'Stresstests' simuliert
werden.
Die Banken, die als Verursacher der Finanzkrise gelten, stehen im
Mittelpunkt der Regulierungsvorschläge auf europäischer und nationaler
Ebene. Wie wird sich die Pflicht, mehr Eigenkapital vorzuhalten, auf die
Finanzierung der Unternehmen auswirken? Werden die Unternehmen die
Kapitalmärkte stärker als früher in Anspruch nehmen?
Der Wunsch nach einer höheren Eigenkapitaldecke bei den Banken wird
tendenziell dazu führen, dass die Kreditvergabe restriktiver und die
Konditionen für Unternehmen schlechter werden. Emittenten mit
Kapitalmarktzugang - und das sind insbesondere große Unternehmen - werden
sich wahrscheinlich verstärkt über den Kapitalmarkt finanzieren. Bei
bestimmten Produkten, wie z.B. Bürgschaften und Brückenfinanzierungen,
werden aber auch diese Unternehmen weiterhin Kreditkapazität der Banken
benötigen.
Die Europäische Kommission möchte auch die Ratingagenturen stärker
regulieren. So sollen die von den Unternehmen beauftragten Ratingagenturen
nach einem gewissen Zeitablauf gewechselt werden. Darüber hinaus sollen das
Unternehmensrating und das Rating für die Anleihen des Unternehmens von
unterschiedlichen Agenturen vorgenommen werden. Was würde dies für ein
Unternehmen wie Infineon für Folgen haben?
Keine, da wir nicht geratet sind. Unsere Finanzierungspartner haben sich
bislang ohne Agenturhilfe ein Bild von Infineon gemacht. Eine zwangsweise
Rotation von Ratingagenturen brächte für die Verlässlichkeit und Güte ihrer
Einschätzungen meines Erachtens wenig: Es braucht Zeit, sich in bestimmte
Industrien und Unternehmen einzuarbeiten. Viel wichtiger wäre, wenn
offensichtliche Interessenkonflikte, wie diese z.B. bei Structured Credit
Produkten zu beobachten waren, durch geeignete Regulierung unterbunden
werden. Das bedeutet aber auch, dass Ratingagenturen unabhängig von allen
Emittenten sein müssten - auch von Staaten. Unabhängigkeit und der
Ausschluss von Interessenkonflikten werden definitiv nicht durch das
kollektive 'Rating Agency Bashing' erreicht.
Bereits seit 2004 orientiert sich Infineon an den Prinzipien des UN Global
Compact. Nachhaltigkeit ist also bei Infineon kein Fremdwort. Wie
beurteilen Sie den vorgeschlagenen deutschen Nachhaltigkeitskodex? Sollte
der Kodex für die Unternehmen verpflichtend sein?
Grundsätzlich sollte das Engagement im Bereich Nachhaltigkeit von
Eigenverantwortung und Freiwilligkeit leben. In der Präambel des
vorgeschlagenen deutschen Nachhaltigkeitskodexes ist dieser Grundgedanke
der Freiwilligkeit berücksichtigt.
Maßgebliches Ziel des vorgeschlagenen deutschen Nachhaltigkeitskodexes ist
es, Leistungen von Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit sichtbar,
transparent und vergleichbar zu machen. Der Kodex orientiert sich am UN
Global Compact sowie an der Global Reporting Initiative. Als Teilnehmer des
Global Compacts unterstützen wir die Arbeiten des Rates für nachhaltige
Entwicklung. Und unser Engagement trägt Früchte: Infineon ist erneut,
diesmal als einziges europäisches Halbleiterunternehmen, in den Dow Jones
Sustainability Index aufgenommen worden und wird wieder im Sustainability
Yearbook 2011 geführt. Damit sind wir unter den besten 15% der
nachhaltigsten Unternehmen der Welt. Ist eine Vergleichbarkeit der
CSR-Berichterstattung der Unternehmen bei der Vielzahl der bereits
existierenden Nachhaltigkeitsstandards national überhaupt zu erreichen?
Bereits heute berichten wir über unsere Nachhaltigkeitsleistungen im
Geschäftsbericht. Auf EU-Ebene gibt es derzeit im Rahmen einer geplanten
Richtlinie Diskussionen zur Berichterstattung über nicht-finanzielle
Leistungsindikatoren von Unternehmen. Darüber hinaus existiert die Global
Reporting Initiative, die weltweit verbreitet ist und klare - wenngleich
freiwillige - Vorgaben für die Nachhaltigkeitsberichterstattung macht.
Für weltweit operierende Unternehmen ist es wichtig, dass einheitliche
globale Anforderungen für die Berichterstattung - in Kohärenz mit dem UN
Global Compact und den OECD Richtlinien - festgelegt werden. Insellösungen
werden nicht zum Erfolg führen.
Inhaltlich unterstützt Infineon den deutschen Nachhaltigkeitskodex
ausdrücklich, hinsichtlich der Vergleichbarkeit glauben wir allerdings,
dass ein gemeinsamer internationaler Weg wirkungsvoller ist. Nur so
erreichen wir auf Dauer erhöhte Transparenz und globale Vergleichbarkeit in
der Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Herr Asam, Infineon stellt Halbleiter für die Bereiche Automotive,
Industrial & Multimarket und Chip Card & Security her. Wieso hat sich
Infineon für diese Bereiche entschieden?
Infineon hat seit der Gründung 1999 in diesen Märkten ein profitables
Wachstum deutlich über dem der Weltwirtschaft erzielt. Getrieben wird die
Nachfrage nach unseren Produkten von globalen Trends bei Energieeffizienz,
Mobilität und Sicherheit. Auskömmliche Margen sind hier möglich, da hohe
Eintrittsbarrieren bestehen.
Die Halbleiterprodukte von Infineon bieten technischen Fortschritt zu
geringen Kosten. Darüber hinaus bieten wir mit unserem breiten
Fertigungs-Know-how genau auf die Kunden zugeschnittene Produkte an.
Insgesamt wollen wir in einem normalen konjunkturellen Umfeld mindestens
10% Umsatzwachstum erzielen und über den gesamten Konjunkturzyklus eine
durchschnittliche operative Marge von 15% erwirtschaften. Damit ist
gewährleistet, dass Investitionen einen positiven Wertbeitrag, also mehr
als die Kapitalkosten, leisten - auch wenn die Kapazität in Schwächephasen
temporär nicht voll ausgelastet ist.
Außer in Europa ist Infineon sehr stark in China engagiert. Infineon will
sogar 'Local Citizen' werden. Was versprechen Sie sich davon? Wie
entwickelt sich die Halbleiterindustrie in China und mit was für Folgen für
Infineon?
China steuerte im Geschäftsjahr 2010/2011 rund 17% zum Konzernumsatz bei.
In Asien waren es sogar 41% - ein Rekordwert im DAX. Für manche Produkte,
wie beispielsweise IGBT-Schalter für sehr hohe Spannungen und Ströme, ist
China bereits heute der größte nationale Einzelmarkt. Und der Ausblick für
den chinesischen Halbleitermarkt ist sehr gut. In den nächsten zehn Jahren
wird die Mittelschicht in China rapide wachsen, die Nachfrage nach Gütern
mit Halbleitern, z.B. Autos, entsprechend zunehmen. Es ist für uns also
wichtig, in diesem Markt optimal aufgestellt zu sein. Das heißt für
Infineon so nahe wie möglich am Markt und am Kunden zu sein - daher die
Initiative 'China Local Citizen'. Unter diese Initiative fällt
beispielsweise die Montage in Wuxi oder das Design-Center in Peking.
Daneben treiben wir eine Vielzahl von Einzelprojekten voran, mit denen
Infineon in allen operativen Segmenten bestmöglich lokal in China
verwurzelt sein soll.
Auch Brasilien gilt als Wachstumsmarkt. Trotzdem trägt Südamerika zum
weltweiten Umsatz von Infineon nichts bei. Wieso ist Infineon nicht stärker
in Brasilien vertreten? Gibt es spezielle Eintrittshürden in den Markt?
Die hohen Wachstumsraten in Brasilien lassen nicht automatisch auf eine
hohe Nachfrage nach Halbleitern schließen. Südamerika insgesamt trug im
abgelaufenen Geschäftsjahr 2011 etwas weniger als ein Prozent zum
Konzernumsatz bei; davon entfiel der Löwenanteil auf Brasilien. Wir
beobachten, dass in vielen Fällen die Kaufentscheidungen für Halbleiter und
auch der Einbau von Halbleitern in Sub-Systeme außerhalb Brasiliens
stattfinden; unser adressierbarer Markt dort ist daher noch verhältnismäßig
klein. Nichtsdestotrotz hat Infineon vor rund einem Jahr damit begonnen,
den Markt mit lokalem Vertriebspersonal und Management stärker zu
erschließen.
Auch in den Schwellenmärkten zeigt sich jedoch eine konjunkturelle
Abkühlung. Wagen Sie eine Prognose, wie sich die Wirtschaft 2012
entwickelt?
Im derzeitigen Umfeld scheint die Entwicklung der Weltkonjunktur primär von
der Politik, den europäischen Staatshaushalten sowie von der Einschätzung
der Kapitalmärkte zu diesen Themen getrieben zu sein. Die Unsicherheit über
die Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise auf das
Weltwirtschaftswachstum hat definitiv negative Effekte. Unsere Kunden üben
sich zunehmend in Kaufzurückhaltung. Wir prognostizieren daher für das
Geschäftsjahr 2012 einen Umsatzrückgang um einen mittleren einstelligen
Prozentsatz.
Ende der Corporate News
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12.01.2012 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht,
übermittelt durch die DGAP - ein Unternehmen der EquityStory AG.
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber
verantwortlich.
Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche Meldepflichten,
Corporate News/Finanznachrichten und Pressemitteilungen.
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152529 12.01.2012
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12.01.2012 / 12:07
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'Einführung der Finanztransaktionssteuer nicht zielführend'
Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz
Als Dominik Asam vor einem Jahr zum Finanzvorstand der Infineon
Technologies AG berufen wurde, dachten viele Marktteilnehmer bereits, dass
die Finanzkrise der Vergangenheit angehöre. Seitdem hat sich das Bild
jedoch gewandelt. In einem Interview mit dem Finanzplatz spricht Dominik
Asam über die Auswirkungen der Finanzkrise auf seine Arbeit, gute und
schlechte Regulierungsansätze und die Aussichten für 2012.
Interview mit Dominik Asam, Finanzvorstand, Infineon Technologies AG
Herr Asam, wie macht sich die Unruhe an den Kapitalmärkten in Ihrem Ressort
bemerkbar?
Anspruchsvoll ist es insbesondere in der Treasury-Abteilung und dort
speziell auf der Anlageseite. Wie an den Kreditausfall-Swapsätzen abzulesen
ist, ist das Vertrauen des Kapitalmarkts in viele Banken auf ein
historisches Tief gesunken. Dies führt zu erhöhten Refinanzierungskosten
dieser Institute, wodurch wiederum ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet
wird, das Ausfallrisiko erhöht sich. Der Risikospirale können wir nur durch
noch größere Diversifizierung der Anlagen und noch strengere Selektion
begegnen. Auf der Finanzierungsseite hingegen haben wir keine Probleme, da
sich Infineon derzeit nicht extern finanzieren muss. Die Verknappung und
Verteuerung von Bankkrediten betrifft uns nicht. Bei Aktienrückkäufen über
Put-Optionen profitieren wir sogar von der stark gestiegenen Nervosität und
Volatilität an der Börse. Wir können Wandelanleihen und Aktien günstiger
zurückkaufen und höhere Prämien für Put-Optionen einnehmen.
Wie sieht die Finanzierungs- und Kapitalmarktstrategie von Infineon mittel-
bis langfristig aus? Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Krise an den
Märkten?
Als kapitalintensives Unternehmen in einer zyklischen Industrie muss
Infineon jederzeit über ein ausreichendes Liquiditätspolster verfügen. Wir
wollen nicht auf einzelne Finanzierungsquellen und bestimmte Marktfenster
angewiesen sein, sondern auch antizyklisch agieren können. Die Basis
hierfür ist eine gute Aktienperformance und ein starkes Finanzprofil. Zudem
muss das Unternehmen nachweisen, dass seine Investitionen einen positiven
Wertbeitrag leisten - und zwar dauerhaft. Bei attraktiver Verzinsung werden
unsere Investoren ihr Kapital Infineon weiterhin gerne zur Verfügung
stellen. Kurzum: Die beste Basis für die Finanzierungs- und
Kapitalmarktstrategie ist eine operativ erfolgreich umgesetzte
Unternehmensstrategie.
Ziel der Regulierungsanstrengungen auf europäischer und nationaler Ebene
ist, eine Finanzkrise wie die aktuelle künftig zu verhindern. Sind Sie der
Ansicht, dass die Regulierungsvorschläge in die richtige Richtung gehen?
Was sollte Ihrer Meinung nach noch in Angriff genommen werden?
Generell sind die Regulierungsanstrengungen zu begrüßen. Es besteht jedoch
auch ein Risiko, durch übertriebene, nicht zielführende Regulierung Schaden
anzurichten. Als ein Beispiel sei hier die geplante Einführung der
Finanztransaktionssteuer genannt. Die entstehenden Kosten werden mit großer
Wahrscheinlichkeit an den Endverbraucher weitergegeben; die Marktteilnehmer
könnten auf unbesteuerte Finanzplätze oder das Schattenbankensystem
ausweichen. Nimmt das Handelsvolumen in den besteuerten Märkten ab, sinkt
die Liquidität, was wiederum zu höheren Kursschwankungen führt. So würde
eigentlich das Gegenteil dessen erreicht, was beabsichtigt ist. Ich würde
mir wünschen, dass sich die Regulierung stärker darum bemüht, prozyklisches
Handeln zu unterbinden. Die Methodik zur Berechnung von
Eigenkapitalanforderungen sollte sich an sehr langfristigen
Ausfallwahrscheinlichkeiten, Volatilitäten und Korrelationen orientieren,
statt zu sehr auf's aktuelle Marktgeschehen abzustellen. Zusätzlich sollten
auch in guten Zeiten turbulente Phasen durch 'Stresstests' simuliert
werden.
Die Banken, die als Verursacher der Finanzkrise gelten, stehen im
Mittelpunkt der Regulierungsvorschläge auf europäischer und nationaler
Ebene. Wie wird sich die Pflicht, mehr Eigenkapital vorzuhalten, auf die
Finanzierung der Unternehmen auswirken? Werden die Unternehmen die
Kapitalmärkte stärker als früher in Anspruch nehmen?
Der Wunsch nach einer höheren Eigenkapitaldecke bei den Banken wird
tendenziell dazu führen, dass die Kreditvergabe restriktiver und die
Konditionen für Unternehmen schlechter werden. Emittenten mit
Kapitalmarktzugang - und das sind insbesondere große Unternehmen - werden
sich wahrscheinlich verstärkt über den Kapitalmarkt finanzieren. Bei
bestimmten Produkten, wie z.B. Bürgschaften und Brückenfinanzierungen,
werden aber auch diese Unternehmen weiterhin Kreditkapazität der Banken
benötigen.
Die Europäische Kommission möchte auch die Ratingagenturen stärker
regulieren. So sollen die von den Unternehmen beauftragten Ratingagenturen
nach einem gewissen Zeitablauf gewechselt werden. Darüber hinaus sollen das
Unternehmensrating und das Rating für die Anleihen des Unternehmens von
unterschiedlichen Agenturen vorgenommen werden. Was würde dies für ein
Unternehmen wie Infineon für Folgen haben?
Keine, da wir nicht geratet sind. Unsere Finanzierungspartner haben sich
bislang ohne Agenturhilfe ein Bild von Infineon gemacht. Eine zwangsweise
Rotation von Ratingagenturen brächte für die Verlässlichkeit und Güte ihrer
Einschätzungen meines Erachtens wenig: Es braucht Zeit, sich in bestimmte
Industrien und Unternehmen einzuarbeiten. Viel wichtiger wäre, wenn
offensichtliche Interessenkonflikte, wie diese z.B. bei Structured Credit
Produkten zu beobachten waren, durch geeignete Regulierung unterbunden
werden. Das bedeutet aber auch, dass Ratingagenturen unabhängig von allen
Emittenten sein müssten - auch von Staaten. Unabhängigkeit und der
Ausschluss von Interessenkonflikten werden definitiv nicht durch das
kollektive 'Rating Agency Bashing' erreicht.
Bereits seit 2004 orientiert sich Infineon an den Prinzipien des UN Global
Compact. Nachhaltigkeit ist also bei Infineon kein Fremdwort. Wie
beurteilen Sie den vorgeschlagenen deutschen Nachhaltigkeitskodex? Sollte
der Kodex für die Unternehmen verpflichtend sein?
Grundsätzlich sollte das Engagement im Bereich Nachhaltigkeit von
Eigenverantwortung und Freiwilligkeit leben. In der Präambel des
vorgeschlagenen deutschen Nachhaltigkeitskodexes ist dieser Grundgedanke
der Freiwilligkeit berücksichtigt.
Maßgebliches Ziel des vorgeschlagenen deutschen Nachhaltigkeitskodexes ist
es, Leistungen von Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit sichtbar,
transparent und vergleichbar zu machen. Der Kodex orientiert sich am UN
Global Compact sowie an der Global Reporting Initiative. Als Teilnehmer des
Global Compacts unterstützen wir die Arbeiten des Rates für nachhaltige
Entwicklung. Und unser Engagement trägt Früchte: Infineon ist erneut,
diesmal als einziges europäisches Halbleiterunternehmen, in den Dow Jones
Sustainability Index aufgenommen worden und wird wieder im Sustainability
Yearbook 2011 geführt. Damit sind wir unter den besten 15% der
nachhaltigsten Unternehmen der Welt. Ist eine Vergleichbarkeit der
CSR-Berichterstattung der Unternehmen bei der Vielzahl der bereits
existierenden Nachhaltigkeitsstandards national überhaupt zu erreichen?
Bereits heute berichten wir über unsere Nachhaltigkeitsleistungen im
Geschäftsbericht. Auf EU-Ebene gibt es derzeit im Rahmen einer geplanten
Richtlinie Diskussionen zur Berichterstattung über nicht-finanzielle
Leistungsindikatoren von Unternehmen. Darüber hinaus existiert die Global
Reporting Initiative, die weltweit verbreitet ist und klare - wenngleich
freiwillige - Vorgaben für die Nachhaltigkeitsberichterstattung macht.
Für weltweit operierende Unternehmen ist es wichtig, dass einheitliche
globale Anforderungen für die Berichterstattung - in Kohärenz mit dem UN
Global Compact und den OECD Richtlinien - festgelegt werden. Insellösungen
werden nicht zum Erfolg führen.
Inhaltlich unterstützt Infineon den deutschen Nachhaltigkeitskodex
ausdrücklich, hinsichtlich der Vergleichbarkeit glauben wir allerdings,
dass ein gemeinsamer internationaler Weg wirkungsvoller ist. Nur so
erreichen wir auf Dauer erhöhte Transparenz und globale Vergleichbarkeit in
der Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Herr Asam, Infineon stellt Halbleiter für die Bereiche Automotive,
Industrial & Multimarket und Chip Card & Security her. Wieso hat sich
Infineon für diese Bereiche entschieden?
Infineon hat seit der Gründung 1999 in diesen Märkten ein profitables
Wachstum deutlich über dem der Weltwirtschaft erzielt. Getrieben wird die
Nachfrage nach unseren Produkten von globalen Trends bei Energieeffizienz,
Mobilität und Sicherheit. Auskömmliche Margen sind hier möglich, da hohe
Eintrittsbarrieren bestehen.
Die Halbleiterprodukte von Infineon bieten technischen Fortschritt zu
geringen Kosten. Darüber hinaus bieten wir mit unserem breiten
Fertigungs-Know-how genau auf die Kunden zugeschnittene Produkte an.
Insgesamt wollen wir in einem normalen konjunkturellen Umfeld mindestens
10% Umsatzwachstum erzielen und über den gesamten Konjunkturzyklus eine
durchschnittliche operative Marge von 15% erwirtschaften. Damit ist
gewährleistet, dass Investitionen einen positiven Wertbeitrag, also mehr
als die Kapitalkosten, leisten - auch wenn die Kapazität in Schwächephasen
temporär nicht voll ausgelastet ist.
Außer in Europa ist Infineon sehr stark in China engagiert. Infineon will
sogar 'Local Citizen' werden. Was versprechen Sie sich davon? Wie
entwickelt sich die Halbleiterindustrie in China und mit was für Folgen für
Infineon?
China steuerte im Geschäftsjahr 2010/2011 rund 17% zum Konzernumsatz bei.
In Asien waren es sogar 41% - ein Rekordwert im DAX. Für manche Produkte,
wie beispielsweise IGBT-Schalter für sehr hohe Spannungen und Ströme, ist
China bereits heute der größte nationale Einzelmarkt. Und der Ausblick für
den chinesischen Halbleitermarkt ist sehr gut. In den nächsten zehn Jahren
wird die Mittelschicht in China rapide wachsen, die Nachfrage nach Gütern
mit Halbleitern, z.B. Autos, entsprechend zunehmen. Es ist für uns also
wichtig, in diesem Markt optimal aufgestellt zu sein. Das heißt für
Infineon so nahe wie möglich am Markt und am Kunden zu sein - daher die
Initiative 'China Local Citizen'. Unter diese Initiative fällt
beispielsweise die Montage in Wuxi oder das Design-Center in Peking.
Daneben treiben wir eine Vielzahl von Einzelprojekten voran, mit denen
Infineon in allen operativen Segmenten bestmöglich lokal in China
verwurzelt sein soll.
Auch Brasilien gilt als Wachstumsmarkt. Trotzdem trägt Südamerika zum
weltweiten Umsatz von Infineon nichts bei. Wieso ist Infineon nicht stärker
in Brasilien vertreten? Gibt es spezielle Eintrittshürden in den Markt?
Die hohen Wachstumsraten in Brasilien lassen nicht automatisch auf eine
hohe Nachfrage nach Halbleitern schließen. Südamerika insgesamt trug im
abgelaufenen Geschäftsjahr 2011 etwas weniger als ein Prozent zum
Konzernumsatz bei; davon entfiel der Löwenanteil auf Brasilien. Wir
beobachten, dass in vielen Fällen die Kaufentscheidungen für Halbleiter und
auch der Einbau von Halbleitern in Sub-Systeme außerhalb Brasiliens
stattfinden; unser adressierbarer Markt dort ist daher noch verhältnismäßig
klein. Nichtsdestotrotz hat Infineon vor rund einem Jahr damit begonnen,
den Markt mit lokalem Vertriebspersonal und Management stärker zu
erschließen.
Auch in den Schwellenmärkten zeigt sich jedoch eine konjunkturelle
Abkühlung. Wagen Sie eine Prognose, wie sich die Wirtschaft 2012
entwickelt?
Im derzeitigen Umfeld scheint die Entwicklung der Weltkonjunktur primär von
der Politik, den europäischen Staatshaushalten sowie von der Einschätzung
der Kapitalmärkte zu diesen Themen getrieben zu sein. Die Unsicherheit über
die Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise auf das
Weltwirtschaftswachstum hat definitiv negative Effekte. Unsere Kunden üben
sich zunehmend in Kaufzurückhaltung. Wir prognostizieren daher für das
Geschäftsjahr 2012 einen Umsatzrückgang um einen mittleren einstelligen
Prozentsatz.
Ende der Corporate News
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