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DGAP-News: Deutsches Aktieninstitut e.V.: (deutsch)

Veröffentlicht am 12.01.2012, 12:07
Aktualisiert 12.01.2012, 12:08
Deutsches Aktieninstitut e.V.:

DGAP-News: Deutsches Aktieninstitut e.V. / Schlagwort(e): Sonstiges

Deutsches Aktieninstitut e.V.:

12.01.2012 / 12:07

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'Einführung der Finanztransaktionssteuer nicht zielführend'

Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz

Als Dominik Asam vor einem Jahr zum Finanzvorstand der Infineon

Technologies AG berufen wurde, dachten viele Marktteilnehmer bereits, dass

die Finanzkrise der Vergangenheit angehöre. Seitdem hat sich das Bild

jedoch gewandelt. In einem Interview mit dem Finanzplatz spricht Dominik

Asam über die Auswirkungen der Finanzkrise auf seine Arbeit, gute und

schlechte Regulierungsansätze und die Aussichten für 2012.

Interview mit Dominik Asam, Finanzvorstand, Infineon Technologies AG

Herr Asam, wie macht sich die Unruhe an den Kapitalmärkten in Ihrem Ressort

bemerkbar?

Anspruchsvoll ist es insbesondere in der Treasury-Abteilung und dort

speziell auf der Anlageseite. Wie an den Kreditausfall-Swapsätzen abzulesen

ist, ist das Vertrauen des Kapitalmarkts in viele Banken auf ein

historisches Tief gesunken. Dies führt zu erhöhten Refinanzierungskosten

dieser Institute, wodurch wiederum ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet

wird, das Ausfallrisiko erhöht sich. Der Risikospirale können wir nur durch

noch größere Diversifizierung der Anlagen und noch strengere Selektion

begegnen. Auf der Finanzierungsseite hingegen haben wir keine Probleme, da

sich Infineon derzeit nicht extern finanzieren muss. Die Verknappung und

Verteuerung von Bankkrediten betrifft uns nicht. Bei Aktienrückkäufen über

Put-Optionen profitieren wir sogar von der stark gestiegenen Nervosität und

Volatilität an der Börse. Wir können Wandelanleihen und Aktien günstiger

zurückkaufen und höhere Prämien für Put-Optionen einnehmen.

Wie sieht die Finanzierungs- und Kapitalmarktstrategie von Infineon mittel-

bis langfristig aus? Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Krise an den

Märkten?

Als kapitalintensives Unternehmen in einer zyklischen Industrie muss

Infineon jederzeit über ein ausreichendes Liquiditätspolster verfügen. Wir

wollen nicht auf einzelne Finanzierungsquellen und bestimmte Marktfenster

angewiesen sein, sondern auch antizyklisch agieren können. Die Basis

hierfür ist eine gute Aktienperformance und ein starkes Finanzprofil. Zudem

muss das Unternehmen nachweisen, dass seine Investitionen einen positiven

Wertbeitrag leisten - und zwar dauerhaft. Bei attraktiver Verzinsung werden

unsere Investoren ihr Kapital Infineon weiterhin gerne zur Verfügung

stellen. Kurzum: Die beste Basis für die Finanzierungs- und

Kapitalmarktstrategie ist eine operativ erfolgreich umgesetzte

Unternehmensstrategie.

Ziel der Regulierungsanstrengungen auf europäischer und nationaler Ebene

ist, eine Finanzkrise wie die aktuelle künftig zu verhindern. Sind Sie der

Ansicht, dass die Regulierungsvorschläge in die richtige Richtung gehen?

Was sollte Ihrer Meinung nach noch in Angriff genommen werden?

Generell sind die Regulierungsanstrengungen zu begrüßen. Es besteht jedoch

auch ein Risiko, durch übertriebene, nicht zielführende Regulierung Schaden

anzurichten. Als ein Beispiel sei hier die geplante Einführung der

Finanztransaktionssteuer genannt. Die entstehenden Kosten werden mit großer

Wahrscheinlichkeit an den Endverbraucher weitergegeben; die Marktteilnehmer

könnten auf unbesteuerte Finanzplätze oder das Schattenbankensystem

ausweichen. Nimmt das Handelsvolumen in den besteuerten Märkten ab, sinkt

die Liquidität, was wiederum zu höheren Kursschwankungen führt. So würde

eigentlich das Gegenteil dessen erreicht, was beabsichtigt ist. Ich würde

mir wünschen, dass sich die Regulierung stärker darum bemüht, prozyklisches

Handeln zu unterbinden. Die Methodik zur Berechnung von

Eigenkapitalanforderungen sollte sich an sehr langfristigen

Ausfallwahrscheinlichkeiten, Volatilitäten und Korrelationen orientieren,

statt zu sehr auf's aktuelle Marktgeschehen abzustellen. Zusätzlich sollten

auch in guten Zeiten turbulente Phasen durch 'Stresstests' simuliert

werden.

Die Banken, die als Verursacher der Finanzkrise gelten, stehen im

Mittelpunkt der Regulierungsvorschläge auf europäischer und nationaler

Ebene. Wie wird sich die Pflicht, mehr Eigenkapital vorzuhalten, auf die

Finanzierung der Unternehmen auswirken? Werden die Unternehmen die

Kapitalmärkte stärker als früher in Anspruch nehmen?

Der Wunsch nach einer höheren Eigenkapitaldecke bei den Banken wird

tendenziell dazu führen, dass die Kreditvergabe restriktiver und die

Konditionen für Unternehmen schlechter werden. Emittenten mit

Kapitalmarktzugang - und das sind insbesondere große Unternehmen - werden

sich wahrscheinlich verstärkt über den Kapitalmarkt finanzieren. Bei

bestimmten Produkten, wie z.B. Bürgschaften und Brückenfinanzierungen,

werden aber auch diese Unternehmen weiterhin Kreditkapazität der Banken

benötigen.

Die Europäische Kommission möchte auch die Ratingagenturen stärker

regulieren. So sollen die von den Unternehmen beauftragten Ratingagenturen

nach einem gewissen Zeitablauf gewechselt werden. Darüber hinaus sollen das

Unternehmensrating und das Rating für die Anleihen des Unternehmens von

unterschiedlichen Agenturen vorgenommen werden. Was würde dies für ein

Unternehmen wie Infineon für Folgen haben?

Keine, da wir nicht geratet sind. Unsere Finanzierungspartner haben sich

bislang ohne Agenturhilfe ein Bild von Infineon gemacht. Eine zwangsweise

Rotation von Ratingagenturen brächte für die Verlässlichkeit und Güte ihrer

Einschätzungen meines Erachtens wenig: Es braucht Zeit, sich in bestimmte

Industrien und Unternehmen einzuarbeiten. Viel wichtiger wäre, wenn

offensichtliche Interessenkonflikte, wie diese z.B. bei Structured Credit

Produkten zu beobachten waren, durch geeignete Regulierung unterbunden

werden. Das bedeutet aber auch, dass Ratingagenturen unabhängig von allen

Emittenten sein müssten - auch von Staaten. Unabhängigkeit und der

Ausschluss von Interessenkonflikten werden definitiv nicht durch das

kollektive 'Rating Agency Bashing' erreicht.

Bereits seit 2004 orientiert sich Infineon an den Prinzipien des UN Global

Compact. Nachhaltigkeit ist also bei Infineon kein Fremdwort. Wie

beurteilen Sie den vorgeschlagenen deutschen Nachhaltigkeitskodex? Sollte

der Kodex für die Unternehmen verpflichtend sein?

Grundsätzlich sollte das Engagement im Bereich Nachhaltigkeit von

Eigenverantwortung und Freiwilligkeit leben. In der Präambel des

vorgeschlagenen deutschen Nachhaltigkeitskodexes ist dieser Grundgedanke

der Freiwilligkeit berücksichtigt.

Maßgebliches Ziel des vorgeschlagenen deutschen Nachhaltigkeitskodexes ist

es, Leistungen von Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit sichtbar,

transparent und vergleichbar zu machen. Der Kodex orientiert sich am UN

Global Compact sowie an der Global Reporting Initiative. Als Teilnehmer des

Global Compacts unterstützen wir die Arbeiten des Rates für nachhaltige

Entwicklung. Und unser Engagement trägt Früchte: Infineon ist erneut,

diesmal als einziges europäisches Halbleiterunternehmen, in den Dow Jones

Sustainability Index aufgenommen worden und wird wieder im Sustainability

Yearbook 2011 geführt. Damit sind wir unter den besten 15% der

nachhaltigsten Unternehmen der Welt. Ist eine Vergleichbarkeit der

CSR-Berichterstattung der Unternehmen bei der Vielzahl der bereits

existierenden Nachhaltigkeitsstandards national überhaupt zu erreichen?

Bereits heute berichten wir über unsere Nachhaltigkeitsleistungen im

Geschäftsbericht. Auf EU-Ebene gibt es derzeit im Rahmen einer geplanten

Richtlinie Diskussionen zur Berichterstattung über nicht-finanzielle

Leistungsindikatoren von Unternehmen. Darüber hinaus existiert die Global

Reporting Initiative, die weltweit verbreitet ist und klare - wenngleich

freiwillige - Vorgaben für die Nachhaltigkeitsberichterstattung macht.

Für weltweit operierende Unternehmen ist es wichtig, dass einheitliche

globale Anforderungen für die Berichterstattung - in Kohärenz mit dem UN

Global Compact und den OECD Richtlinien - festgelegt werden. Insellösungen

werden nicht zum Erfolg führen.

Inhaltlich unterstützt Infineon den deutschen Nachhaltigkeitskodex

ausdrücklich, hinsichtlich der Vergleichbarkeit glauben wir allerdings,

dass ein gemeinsamer internationaler Weg wirkungsvoller ist. Nur so

erreichen wir auf Dauer erhöhte Transparenz und globale Vergleichbarkeit in

der Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Herr Asam, Infineon stellt Halbleiter für die Bereiche Automotive,

Industrial & Multimarket und Chip Card & Security her. Wieso hat sich

Infineon für diese Bereiche entschieden?

Infineon hat seit der Gründung 1999 in diesen Märkten ein profitables

Wachstum deutlich über dem der Weltwirtschaft erzielt. Getrieben wird die

Nachfrage nach unseren Produkten von globalen Trends bei Energieeffizienz,

Mobilität und Sicherheit. Auskömmliche Margen sind hier möglich, da hohe

Eintrittsbarrieren bestehen.

Die Halbleiterprodukte von Infineon bieten technischen Fortschritt zu

geringen Kosten. Darüber hinaus bieten wir mit unserem breiten

Fertigungs-Know-how genau auf die Kunden zugeschnittene Produkte an.

Insgesamt wollen wir in einem normalen konjunkturellen Umfeld mindestens

10% Umsatzwachstum erzielen und über den gesamten Konjunkturzyklus eine

durchschnittliche operative Marge von 15% erwirtschaften. Damit ist

gewährleistet, dass Investitionen einen positiven Wertbeitrag, also mehr

als die Kapitalkosten, leisten - auch wenn die Kapazität in Schwächephasen

temporär nicht voll ausgelastet ist.

Außer in Europa ist Infineon sehr stark in China engagiert. Infineon will

sogar 'Local Citizen' werden. Was versprechen Sie sich davon? Wie

entwickelt sich die Halbleiterindustrie in China und mit was für Folgen für

Infineon?

China steuerte im Geschäftsjahr 2010/2011 rund 17% zum Konzernumsatz bei.

In Asien waren es sogar 41% - ein Rekordwert im DAX. Für manche Produkte,

wie beispielsweise IGBT-Schalter für sehr hohe Spannungen und Ströme, ist

China bereits heute der größte nationale Einzelmarkt. Und der Ausblick für

den chinesischen Halbleitermarkt ist sehr gut. In den nächsten zehn Jahren

wird die Mittelschicht in China rapide wachsen, die Nachfrage nach Gütern

mit Halbleitern, z.B. Autos, entsprechend zunehmen. Es ist für uns also

wichtig, in diesem Markt optimal aufgestellt zu sein. Das heißt für

Infineon so nahe wie möglich am Markt und am Kunden zu sein - daher die

Initiative 'China Local Citizen'. Unter diese Initiative fällt

beispielsweise die Montage in Wuxi oder das Design-Center in Peking.

Daneben treiben wir eine Vielzahl von Einzelprojekten voran, mit denen

Infineon in allen operativen Segmenten bestmöglich lokal in China

verwurzelt sein soll.

Auch Brasilien gilt als Wachstumsmarkt. Trotzdem trägt Südamerika zum

weltweiten Umsatz von Infineon nichts bei. Wieso ist Infineon nicht stärker

in Brasilien vertreten? Gibt es spezielle Eintrittshürden in den Markt?

Die hohen Wachstumsraten in Brasilien lassen nicht automatisch auf eine

hohe Nachfrage nach Halbleitern schließen. Südamerika insgesamt trug im

abgelaufenen Geschäftsjahr 2011 etwas weniger als ein Prozent zum

Konzernumsatz bei; davon entfiel der Löwenanteil auf Brasilien. Wir

beobachten, dass in vielen Fällen die Kaufentscheidungen für Halbleiter und

auch der Einbau von Halbleitern in Sub-Systeme außerhalb Brasiliens

stattfinden; unser adressierbarer Markt dort ist daher noch verhältnismäßig

klein. Nichtsdestotrotz hat Infineon vor rund einem Jahr damit begonnen,

den Markt mit lokalem Vertriebspersonal und Management stärker zu

erschließen.

Auch in den Schwellenmärkten zeigt sich jedoch eine konjunkturelle

Abkühlung. Wagen Sie eine Prognose, wie sich die Wirtschaft 2012

entwickelt?

Im derzeitigen Umfeld scheint die Entwicklung der Weltkonjunktur primär von

der Politik, den europäischen Staatshaushalten sowie von der Einschätzung

der Kapitalmärkte zu diesen Themen getrieben zu sein. Die Unsicherheit über

die Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise auf das

Weltwirtschaftswachstum hat definitiv negative Effekte. Unsere Kunden üben

sich zunehmend in Kaufzurückhaltung. Wir prognostizieren daher für das

Geschäftsjahr 2012 einen Umsatzrückgang um einen mittleren einstelligen

Prozentsatz.

Ende der Corporate News

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12.01.2012 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht,

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