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Börse Frankfurt-News: Feierlaune mit Kratzern (Wochenausblick)

Veröffentlicht am 02.07.2012, 09:18
Aktualisiert 02.07.2012, 09:20
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 2. Juli 2012. An den Börsen wurden die EU-Gipfelbeschlüsse zwar bejubelt, viele Experten sind aber skeptisch. Für die neue Woche wird unterdessen auf weitere Maßnahmen der EZB gehofft.

Die Beschlüsse vom EU-Gipfel wurden an den Märkten begeistert aufgenommen: Der DAX kletterte am Freitag um über 4 Prozent nach oben, der Euro verteuerte sich gegenüber dem US-Dollar, die Renditeaufschlage für Spanien und Italien schrumpften. Die als Fluchtanlage genutzten Bundesanleihen waren hingegen nicht mehr so begehrt, ihre Preise sanken, die Rendite für zehnjährige Papiere stieg innerhalb kurzer Zeit auf 1,58 Prozent.

Weiter 'Durchwurschteln'

Laut Commerzbank ist es aber fraglich, ob die Entspannung an den Märkten von Dauer sein wird. 'Dafür wäre letztendlich ein überzeugender Wille zu Strukturreformen in den Problemländern notwendig, der aber erlahmt zu sein scheint', argumentieren die Analysten. 'Eine Agenda 2020 für Euroland - ähnlich dem Vorbild deutscher Strukturreformen à la Agenda 2010 - ist nicht vereinbart worden', kritisiert Robert Halver von der Baader Bank. Stattdessen setze man weiter auf die 'Salamitaktik des Sich-Durchwurschtelns.' 'Getroffene Vereinbarungen werden - zum wiederholten Male - aufgeweicht', urteilt auch Claudia Windt von der Helaba.

Beschlossen wurde unter anderem, dass spar- und reformwillige Länder auch ohne zusätzliche Auflagen auf die Rettungsfonds EFSF und ESM zugreifen dürfen. Zudem einigte man sich auf eine zentrale Bankenaufsicht, auch soll es dem EFSF in Zukunft erlaubt sein, angeschlagene Banken direkt mit Kapital zu versorgen. Eurobonds sind aber offenbar kein Thema mehr.

Am Montagmorgen liegt das deutsche Aktienbarometer bei 6.369 Punkten etwa 0,3 Prozent im Plus.

Bewertungsvorteile für Aktien

Für Markus Reinwand von der Helaba überwiegen trotz allem die Kurschancen. 'Übertriebene Wachstumserwartungen sind inzwischen korrigiert und Aktien sehr niedrig bewertet.' Sofern größere Konjunkturenttäuschungen und Anspannungen im Finanzsystem ausblieben, bestehe wieder interessantes Potenzial. 'Die flankierenden Maßnahmen durch die Geldpolitik in Form ultraniedriger Zinsen und unkonventioneller Maßnahmen sind dafür ebenso erforderlich wie eine glaubwürdige Inangriffnahme der Strukturreformen in den angeschlagenen Euroländern.' Die nachlassende Risikoaversion werde angesichts klarer Bewertungsvorteile dann wohl zu spürbaren Umschichtungen in Aktien und damit zu steigenden Notierungen führen.

Unterstützung durch Notenbank

Laut Landesbank Berlin hat sich neben der Schuldenkrise ein zweites Problemfeld aufgetan: 'Die schwächere Konjunktur in der Euro-Peripherie entfaltet Wirkung für die Eurozone insgesamt.' Der bis Mai robuste deutsche ifo-Konjunkturindex sei von 106,9 Zählern im Mai auf 105,3 Punkte im Juni zurückgegangen, die Erwartungskomponente sei besonders schwach ausgefallen. Auch für den gesamten Währungsraum seien die Stimmungsindikatoren im Juni weiter gefallen. 'Eine EZB-Zinssenkung am Donnerstag ist damit sehr wahrscheinlich geworden', lautet das Fazit der Analysten. Die lockere Geldpolitik rund um den Globus sei auch die größte Chance für die Märkte: 'Eine positive Überraschung von der Politik oder der Konjunktur könnte daher für eine - kurzzeitige - Liquiditätsrallye sorgen.'

Technisches Bild schwierig

Aus charttechnischer Sicht muss der DAX Halver zufolge für eine deutliche Aufhellung des Aktienbildes den seit Juni bestehenden Aufwärtstrend bei rund 6.340 Punkten nachhaltig hinter sich lassen und auch den Widerstand bei 6.440 Punkten überwinden. 'Sollte das nicht gelingen, so dienen die 200-Tage-Linie bei aktuell rund 6.300 sowie die Marke bei 6.230 Punkten als erste Unterstützungslinie.' Darunter würden weitere Unterstützungen bei 6.110 und darunter 6.080 Zählern in den Vordergrund treten. 'Durchbricht der DAX auch diese, verlaufen weitere Auffanglinien an der psychologisch wichtigen Marke bei 6.000 sowie bei 5.900 Punkten.

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine

Montag, 2. Juli

8.10 Uhr. EU: Arbeitslosenquote Mai. Laut HSBC Trinkaus kann für die gesamte Eurozone schon lange Zeit nicht mehr von einer positiven Entwicklung gesprochen werden. Vielmehr eile die Arbeitslosenquote von einem Hoch zum nächsten und sei im Mai wahrscheinlich auf 11 Prozent geklettert.

16.00 Uhr. USA: ISM-Index Verarbeitendes Gewerbe Juni. Im Juni dürfte der ISM-Index leicht von 53,5 auf 52 Punkte gefallen sein, meint die Helaba. Größeres Abwärtspotenzial für die Konjunktur sei aber nicht gegeben.

Mittwoch, 4. Juli

USA: Feiertag (Independence Day): US-Börsen bleiben geschlossen

Donnerstag, 5. Juli

12.00 Uhr. Deutschland: Auftragseingänge Industrie Mai. Im Schnitt wird mit einem Plus von 0,3 Prozent nach einem Minus von 1,9 Prozent im Vormonat gerechnet.

13.00 Uhr. Großbritannien: Bank of England Zinsentscheid. Die meisten Analysten erwarten, dass die Bank of England neue Wertpapierrückkäufe beschließen wird: Wie etwa die Helaba erklärt, befinde sich die britische Wirtschaft - auch dank der europäischen Schuldenkrise - in einem schwierigen Fahrwasser. Immerhin sei die Teuerungsrate aber zuletzt gesunken und werde voraussichtlich weiter zurückgehen. Die britische Notenbank habe damit mehr Handlungsspielraum beziehungsweise -druck.

13.45 Uhr. EU: EZB-Sitzungsergebnis und Pressekonferenz. Mit ausbleibenden durchgreifenden Handlungen seitens der Politik muss sich die EZB laut HSH Nordbank überlegen, ob sie den zunehmenden Spannungen an den Finanzmärkten weiter tatenlos zusieht oder doch eingreift. Den Analysten zufolge wird die Zentralbank wohl den Leitzins von 1 auf 0,75 Prozent senken.

16.00 Uhr. USA: ISM-Index Dienstleistungen Juni. Umfragen zufolge wird im Schnitt mit 52,9 Punkten nach 53,3 im Vormonat gerechnet.

Freitag, 6. Juli

12.00 Uhr. Deutschland: Industrieproduktion Mai. Nach den äußerst schwachen Zahlen vom April erwartet die DekaBank einen Rückprall, die Frühindikatoren deuteten aber darauf hin, dass dieser nur klein ausfallen werde. Zudem sei der weitere Ausblick gedämpft, denn die erneut aufgeflammte Schuldenkrise lasse Unternehmen vorsichtiger operieren.

14.30 Uhr. USA: Arbeitslosenquote Juni. Der US-Arbeitsmarkt dürfte im Juni seinen schwachen Aufschwungskurs beibehalten haben, erklärt die DekaBank. Darauf deuteten die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe hin. Nach dem enttäuschenden Vormonat erwarten die Analysten mit 95.000 einen weiterhin verhaltenen Beschäftigungsaufbau. Für die Arbeitslosenquote prognostizieren sie unverändert 8,2 Prozent.

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© 2. Juli 2012/Anna-Maria Borse

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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