BERLIN (dpa-AFX) - 160 deutschsprachige Top-Ökonomen laufen Sturm gegen die jüngsten Gipfel-Beschlüsse zur Überwindung der Eurokrise. Im einem offenen Brief an die 'lieben Mitbürger' rufen die Wirtschaftsprofessoren um Ifo-Chef Hans-Werner Sinn die Bevölkerung auf, die aus ihrer Sicht falschen Beschlüsse nicht mitzutragen, da deutsche Steuerzahler sonst für ausländische Banken mithaften müssten. Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie warnte vor Fehlentscheidungen. Kanzlerin Angela Merkel wies die Sorgen zurück.
'Die Entscheidungen, zu denen sich die Kanzlerin auf dem Gipfeltreffen der EU-Länder gezwungen sah, waren falsch. Wir (...) sehen den Schritt in die Bankenunion, die eine kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Eurosystems bedeutet, mit großer Sorge', heißt es in dem Appell, den das Online-Portal der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung' am Donnerstag veröffentlichte.
Mit den Beschlüssen werde nicht der Euro gerettet. Vielmehr würden sie den Gläubigern der Krisenbanken helfen, schreiben die Ökonomen. Das sei der falsche Weg: 'Banken müssen scheitern dürfen.' Von den Gipfelbeschlüssen profitierten daher Investoren an Finanzplätzen wie der Wall Street oder der Londoner City sowie marode Banken.
Die Staats- und Regierungschefs wollen unter anderem, dass der dauerhafte Krisenfonds ESM - und damit der Steuerzahler - künftig Banken direkt unterstützen kann. Bislang muss das Geld an die Regierung des jeweiligen Landes überwiesen werden. Aber eine Bedingung dafür ist, dass es zunächst eine europäische Bankenaufsicht gibt, die Details sind bisher nicht ausgearbeitet. Deutschland haftet beim ESM bisher mit 190 Milliarden Euro. Wegen Klagen beim Bundesverfassungsgericht liegt er vorerst auf Eis. Über die beim EU-Gipfel in Brüssel beschlossenen Ergänzungen, auch die Bankenhilfen, müsste der Bundestag noch gesondert entscheiden.
Merkel betonte am Donnerstag in Berlin: 'Es geht hier überhaupt nicht um irgendwelche zusätzlichen Haftungen'. Daher sollte sich jeder die Beschlüsse 'wirklich gut anschauen und dann auch das berichten, was in diesen Beschlüssen steht'. Die Haftungen für Banken seien genauso verboten nach den jetzigen Regelungen wie es die Haftungen für Staaten seien. 'Und insoweit hat sich durch die Brüsseler Beschlüsse nichts geändert an der derzeitigen Situation.'
Aber auch Hans-Peter Keitel, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) warnte vehement vor Fehlsteuerungen, Deutschland dürfe bisherige Linien nicht aufgeben. 'Einen europäischen Bankenrettungsfonds darf es aus Sicht der deutschen Wirtschaft nicht geben', sagte Keitel der Deutschen Presse-Agentur. Gleiches gelte für eine gemeinsame Einlagensicherung, ergänzte er mit Blick auf eine mögliche Haftung des deutschen Steuerzahlers für Sparguthaben bei ausländischen Banken.
Keitel betonte, er habe die Verlautbarungen nach dem EU-Krisengipfel in der vergangenen Woche 'mit großer Sorge' aufgenommen. Er räumte allerdings auch ein: 'Keiner weiß, wie die Krise wirklich zu lösen ist. Ich jedenfalls habe keinen Königsweg.' Zugleich nahm er Merkel in Schutz. Man müsse auch das Kleingedruckte der Gipfelbeschlüsse lesen, betonte der BDI-Präsident.
Dass sich Frankreich bei diesen Verhandlungen auf die Seite der Südländer Italien und Spanien geschlagen habe, mache deutlich, dass sich Deutschland auf neue Allianzen einstellen müsse. 'Die Gewichte haben sich ungut verschoben.' Mittel- und langfristig sei es aber 'unabdingbar, dass Deutschland und Frankreich wieder zusammenkommen'.
Die Ökonomen warnen in ihrem Aufruf, Deutschland könne sich überheben. 'Die Steuerzahler, Rentner und Sparer der bislang noch soliden Länder Europas dürfen für die Absicherung dieser Schulden nicht in Haftung genommen werden', sagten sie mit Blick auf die Schulden von Banken. Deutschland und die soliden Länder würden gedrängt, ihre Haftungssummen immer weiter auszudehnen: 'Streit und Zwietracht mit den Nachbarn sind dann vorprogrammiert. Weder der Euro noch der europäische Gedanke als solcher werden durch die Erweiterung der Haftung auf die Banken gerettet', warnen die Ökonomen.
Wie das Blatt berichtet, ist der Dortmunder Wirtschaftsstatistiker Walter Krämer Initiator des Protestbriefes. Er habe den Aufruf zusammen mit Sinn verfasst, der seit längerem zu den scharfen Kritikern der Euro-Rettungspolitik zählt. Ziel sei es, Bürger und Politik für die drohenden Gefahren zu sensibilisieren./ir/hqs/sam/DP/hbr
'Die Entscheidungen, zu denen sich die Kanzlerin auf dem Gipfeltreffen der EU-Länder gezwungen sah, waren falsch. Wir (...) sehen den Schritt in die Bankenunion, die eine kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Eurosystems bedeutet, mit großer Sorge', heißt es in dem Appell, den das Online-Portal der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung' am Donnerstag veröffentlichte.
Mit den Beschlüssen werde nicht der Euro gerettet. Vielmehr würden sie den Gläubigern der Krisenbanken helfen, schreiben die Ökonomen. Das sei der falsche Weg: 'Banken müssen scheitern dürfen.' Von den Gipfelbeschlüssen profitierten daher Investoren an Finanzplätzen wie der Wall Street oder der Londoner City sowie marode Banken.
Die Staats- und Regierungschefs wollen unter anderem, dass der dauerhafte Krisenfonds ESM - und damit der Steuerzahler - künftig Banken direkt unterstützen kann. Bislang muss das Geld an die Regierung des jeweiligen Landes überwiesen werden. Aber eine Bedingung dafür ist, dass es zunächst eine europäische Bankenaufsicht gibt, die Details sind bisher nicht ausgearbeitet. Deutschland haftet beim ESM bisher mit 190 Milliarden Euro. Wegen Klagen beim Bundesverfassungsgericht liegt er vorerst auf Eis. Über die beim EU-Gipfel in Brüssel beschlossenen Ergänzungen, auch die Bankenhilfen, müsste der Bundestag noch gesondert entscheiden.
Merkel betonte am Donnerstag in Berlin: 'Es geht hier überhaupt nicht um irgendwelche zusätzlichen Haftungen'. Daher sollte sich jeder die Beschlüsse 'wirklich gut anschauen und dann auch das berichten, was in diesen Beschlüssen steht'. Die Haftungen für Banken seien genauso verboten nach den jetzigen Regelungen wie es die Haftungen für Staaten seien. 'Und insoweit hat sich durch die Brüsseler Beschlüsse nichts geändert an der derzeitigen Situation.'
Aber auch Hans-Peter Keitel, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) warnte vehement vor Fehlsteuerungen, Deutschland dürfe bisherige Linien nicht aufgeben. 'Einen europäischen Bankenrettungsfonds darf es aus Sicht der deutschen Wirtschaft nicht geben', sagte Keitel der Deutschen Presse-Agentur. Gleiches gelte für eine gemeinsame Einlagensicherung, ergänzte er mit Blick auf eine mögliche Haftung des deutschen Steuerzahlers für Sparguthaben bei ausländischen Banken.
Keitel betonte, er habe die Verlautbarungen nach dem EU-Krisengipfel in der vergangenen Woche 'mit großer Sorge' aufgenommen. Er räumte allerdings auch ein: 'Keiner weiß, wie die Krise wirklich zu lösen ist. Ich jedenfalls habe keinen Königsweg.' Zugleich nahm er Merkel in Schutz. Man müsse auch das Kleingedruckte der Gipfelbeschlüsse lesen, betonte der BDI-Präsident.
Dass sich Frankreich bei diesen Verhandlungen auf die Seite der Südländer Italien und Spanien geschlagen habe, mache deutlich, dass sich Deutschland auf neue Allianzen einstellen müsse. 'Die Gewichte haben sich ungut verschoben.' Mittel- und langfristig sei es aber 'unabdingbar, dass Deutschland und Frankreich wieder zusammenkommen'.
Die Ökonomen warnen in ihrem Aufruf, Deutschland könne sich überheben. 'Die Steuerzahler, Rentner und Sparer der bislang noch soliden Länder Europas dürfen für die Absicherung dieser Schulden nicht in Haftung genommen werden', sagten sie mit Blick auf die Schulden von Banken. Deutschland und die soliden Länder würden gedrängt, ihre Haftungssummen immer weiter auszudehnen: 'Streit und Zwietracht mit den Nachbarn sind dann vorprogrammiert. Weder der Euro noch der europäische Gedanke als solcher werden durch die Erweiterung der Haftung auf die Banken gerettet', warnen die Ökonomen.
Wie das Blatt berichtet, ist der Dortmunder Wirtschaftsstatistiker Walter Krämer Initiator des Protestbriefes. Er habe den Aufruf zusammen mit Sinn verfasst, der seit längerem zu den scharfen Kritikern der Euro-Rettungspolitik zählt. Ziel sei es, Bürger und Politik für die drohenden Gefahren zu sensibilisieren./ir/hqs/sam/DP/hbr