Von Geoffrey Smith
Investing.com -- Der Euro legte im europäischen Frühhandel am Donnerstag zu. EZB-Vizepräsident Luis De Guindos reihte sich in den wachsenden Chor der Vertreter der Europäischen Zentralbank ein, denen zufolge eine Zinserhöhung bereits im Juli möglich ist.
De Guindos' Kommentare folgen auf ähnliche Äußerungen des Chefs der Deutschen Bundesbank, Joachim Nagel, und seiner belgischen und lettischen Amtskollegen Pierre Wunsch und Martins Kazaks in den letzten 24 Stunden. Alle vier nehmen an der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) teil.
Es handelt sich dabei um eine koordinierte Richtungsänderung der Bank, nachdem Präsidentin Christine Lagarde erst letzte Woche auf ihrer Pressekonferenz die Chancen für eine baldige Zinserhöhung heruntergespielt hatte. Es ist zwar üblich, dass die Bundesbank eine hawkischere Linie fährt als die EZB, aber die Kommentare von Lagardes Stellvertreter fallen stärker ins Gewicht.
Gegen 09.42 Uhr MEZ stand der Euro 0,6 % höher auf 1,0922, dem höchsten Stand seit einer Woche. Nach der Pressekonferenz von Lagarde am Donnerstag hatte die Gemeinschaftswährung mit 1,0757 Dollar ein 20-Monats-Tief erreicht.
Nachrichtenagenturen zitierten De Guindos mit den Worten, es gebe "keinen Grund", warum die Zentralbank ihre Nettokäufe von Vermögenswerten nicht im Juli beenden könne, was den Weg für eine Zinserhöhung fast unmittelbar danach ebnen würde. Gleichzeitig betonte er jedoch, dass eine Anhebung der Zinsen "datenabhängig" sei, zumal die Risiken für die Wirtschaftsaussichten durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine erheblich zugenommen hätten. Zu Beginn der Woche hatte der IWF seine Wachstumsprognose für die Eurozone für dieses Jahr von zuvor 3,9 % auf 2,8 % gesenkt. Die Inflation ist mit 7,5 % in der Eurozone so hoch wie nie zuvor, wenngleich De Guindos damit rechnet, dass sie sich bis zum Jahresende abschwächen wird.
In der Nacht hatte der belgische Nationalbankgouverneur Wunsch in einem Interview mit Bloomberg gesagt, dass eine Reihe von Zinserhöhungen in diesem Jahr durchaus realistisch sei.
"Wenn es keine wirklich schlechten Nachrichten von dieser Front gibt, wäre eine Zinserhöhung bis zum Ende des Jahres auf Null oder leicht positivem Niveau für mich eine Selbstverständlichkeit", sagte Wunsch.
Bundesbank-Chef Nagel hatte unterdessen am Mittwoch gesagt: "Es sieht so aus, als könnten wir die Nettokäufe beenden, möglicherweise schon am Ende des zweiten Quartals", was den Weg für eine erste Zinserhöhung "zu Beginn des dritten Quartals" ebnen würde.