Düsseldorf (Reuters) - Der für seine Kohlekraftwerke kritisierte Energiekonzern RWE (DE:RWEG) muss sich vor Gericht wegen seiner möglichen Verantwortung für Klimaschäden am anderen Ende der Welt verantworten.
Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm habe entschieden, dass die Schadenersatzklage eines peruanischen Landwirts mit der Beweisaufnahme fortgesetzt werde, sagte ein Sprecher des Gerichts am Donnerstag. In der ersten Instanz war die Klage im Dezember 2016 vom Landgericht Essen abgewiesen worden. Während RWE die Klage als unbegründet bezeichnete, brach bei Umweltschützern Jubel aus. Die Organisation Germanwatch sprach von einem "historischen Durchbruch".
Der Landwirt Saul Lliuya fordert von RWE 17.000 Euro für Schutzmaßnahmen gegen das Überlaufen eines Gletschersees oberhalb seiner Heimatstadt Huarez. Ursache für das Schmelzen sei der Klimawandel, den RWE mit seinen Kohlekraftwerken mitverursacht habe. Der Versorger gehört zu den größten Kohlendioxid-Produzenten in Europa. RWE erzeugt einen Großteil seines Stroms in Kohlekraftwerken und steht deshalb seit Jahren in der Kritik von Umweltschützern, die einen raschen Ausstieg aus der Kohleverstromung und dem Braunkohletagebau fordern.
RWE RECHNET MIT LANGWIERIGEM VERFAHREN
Die Klage sei zulässig und mit dem Hauptantrag des Klägers auch schlüssig begründet, erklärte das Gericht. Inwieweit RWE mitverantwortlich gemacht werden kann, sollen nun Gutachter untersuchen. Ein RWE-Sprecher nannte die Klage unzulässig und die Forderung unbegründet. "Denn nach dem deutschen Zivilrecht kann ein einzelner Emittent von CO2 nicht für allgemein verursachte und globale Vorgänge wie den Klimawandel und mögliche individuelle Folgen haftbar gemacht werden." Finanzchef Markus Krebber hatte kürzlich erklärt, dass der Versorger keine Klagewelle befürchte, sollte das Verfahren fortgesetzt werden. "Wenn es weitergeht, wird es zu einer sehr umfassenden und komplexen und langwierigen Beweisaufnahme kommen."
Der Eintritt in die Beweisaufnahme sei von größter rechtlicher Bedeutung, erklärte die Umweltorganisation Germanwatch, die den Landwirt unterstützt. "Erstmals hat ein Gericht bejaht, dass prinzipiell ein privates Unternehmen für seinen Anteil an der Verursachung klimabedingter Schäden verantwortlich ist." Nachdem die rechtliche Begründung für diesen Fall vom Gericht akzeptiert worden sei, gehe es nun darum, die konkreten Behauptungen des Klägers vor Gericht zu belegen. Dabei gehe es etwa um die Frage, ob sein Haus tatsächlich akut durch eine Gletscherflut akut bedroht sei und ob RWE mit seinem Anteil an den weltweiten Emissionen zu diesem Risiko beigetragen habe.