(neu: Schlusskurse und Details zur bestätigten Einigung)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Fortschritte im Skandal um manipulierte Abgaswerte haben Volkswagen (VW) am Donnerstag kräftig Auftrieb gegeben. Der Autobauer hatte mit ersten Eckpunkten zu einer Einigung in den USA einen wichtigen Schritt bei der Bewältigung des Abgas-Skandals gemacht. VW und die US-Behörden reichten kurz vor dem Ablauf eines Ultimatums am Donnerstag entsprechende Vorschläge beim zuständigen US-Richter Charles Breyer ein. Unklar war zunächst, wie teuer die Lösung für VW wird.
Die "Welt" hatte zuvor unter Berufung auf Verhandlungskreise berichtet, dass jeder US-Halter eines VW-Modells, das mit der Betrugs-Software ausgestattet sei, 5000 US-Dollar (gut 4400 Euro) Entschädigung erhalten solle. Davon unabhängig müsse VW die Kosten für die Umrüstung des jeweiligen Autos tragen. Es kursierten aber auch andere Summen.
Die Vorzugsaktien der Wolfsburger (XETRA:VOW3) reagierten euphorisch auf diese Nachricht: Zeitweise sprangen sie um 7,53 Prozent auf 130,00 Euro nach oben und erreichten damit kurzzeitig ihr bereits Anfang Januar erreichtes Jahreshoch. Sie gingen mit einem immer noch stattlichem Plus von 5,09 Prozent auf 127,05 Euro aus dem Handel. Damit hatten sie den Spitzenplatz im moderat freundlichen Dax (DAX) gehalten.
Die Vorzüge des VW-Großaktionärs Porsche (DE:PSHG_p) Automotive Holding (ETR:PAH3) legten mit knapp 5 Prozent im Handelsverlauf kräftig zu und gingen mit einem Plus von gut 2 Prozent aus dem Handel. Bei den Konkurrenten Daimler (XETRA:DAIGn) und BMW (XETRA:BMWG) fielen die Kursgewinne mit 0,80 Prozent und 0,15 Prozent zum Handelsschluss bescheidener aus. Bereits zur Wochenmitte hatten die VW-Aktien kräftig von der Hoffnung auf eine baldige Lösung im Abgasskandal profitiert. Von den mehr als 160 Euro, die sie vor dem Skandal im September wert waren, sind sie allerdings noch weit entfernt.
'ZÜGIGE EINIGUNG GÄBE RÜCKENWIND'
Bereits vor der offiziellen Bekanntgabe der Einigung hatten Händler und Analysten sich angesichts der Medienberichte geäußert. Eine zügige Einigung mit US-Vertretern dürfte VW weiteren Rückenwind verleihen, sagte ein Händler. Auch Analyst Klaus Breitenbach von der Baader Bank wertete den Bericht positiv - weitere Verzögerungen könnten seiner Meinung nach die Aktie anhaltend belasten. Allerdings bleibe die Unsicherheit über die kompletten zukünftigen Kosten des Skandals hoch, betonte der Experte. Daher bleibt er der Aktie gegenüber vorsichtig und bekräftigte seine Verkaufsempfehlung.
Die von der Welt genannten Entschädigungszahlungen für rund 580 000 VW-Dieselfahrzeuge in den USA dürften sich auf knapp 3 Milliarden US-Dollar belaufen. Analyst Sascha Gommer von der Commerzbank störte sich indes an den durch die Presse geisternden, unterschiedlichen Schätzungen für die darüber hinausgehenden Strafen, welche die US-Behörden gegen die Wolfsburger verhängen könnten.
COMMERZBANK: US-BEHÖRDEN WOLLEN VW BESTRAFEN, NICHT RUINIEREN
Während die "Welt" hierzu keine Angaben mache, spreche die US-Nachrichtenagentur Bloomberg von 10 Milliarden Dollar und das "Handelsblatt" sogar von 30 Milliarden Dollar, resümierte Gommel. Vor allem eine Einigung auf Basis der Handelsblatt-Angaben hält er für reine Spekulation, da sie VW existenziell bedrohen würde - die US-Behörden wollten das Unternehmen zwar bestrafen, aber wohl nicht ruinieren.
Die im Handelsblatt genannten 30 Milliarden Euro entsprächen laut Gommel in etwa den Barmittelreserven des Konzerns, der zudem bereits 140 Milliarden Euro Schulden und derzeit keinen Zugang zu den Anleihemärkten habe. Um sofort zahlen zu können, müssten die Wolfsburger dann wohl eine Kapitalerhöhung durchführen. Außerdem würde eine solche Einigung Begehrlichkeiten der europäischen Kläger auf ähnlich hohe Entschädigungen wecken, gab der Experte zu bedenken. Dazu kämen noch Strafzahlungen, die allerdings deutlich niedriger als in den USA ausfallen sollten.