FRANKFURT (dpa-AFX Broker) - Die Leidenszeit der Anleger von Infineon (4:IFXGn) geht weiter: Am Dienstag sorgte für Unmut, dass der Chiphersteller am Kapitalmarkt überraschend schnell frisches Geld für die Übernahme des US-Konkurrenten Cypress Semiconductor aufgenommen hatte.
Die Infineon-Anteilsscheine verloren bis zum späten Vormittag mehr als 5 Prozent auf 13,626 Euro und und setzten damit die Talfahrt der vergangenen Wochen fort. Zwischenzeitlich waren sie um bis zu 6,6 Prozent abgesackt, bevor positiv aufgenommene, geldpolitische Signale des EZB-Präsidenten Mario Draghi für ein wenig Entspannung sorgten. Aktuell notieren die Aktien auf dem Niveau von August 2016.
Infineon hatte sich durch die Ausgabe von knapp 113 Millionen neuen Aktien einen Teil der benötigen Milliarden für die Übernahme von Cypress Semiconductor besorgt. Vor Kosten und Provisionen nahm Infineon 1,55 Milliarden Euro ein.
Die Ankündigung, rund 30 Prozent des Kaufpreises - also rund 2,7 Milliarden Euro - über Eigenkapital finanzieren zu wollen, hat die Infineon-Aktien bereits seit Monatsanfang stark belastet. Den Rest des benötigten Eigenkapitals könnte der Chiphersteller nun durch die Ausgabe von Pflichtwandelanleihen generieren, merkte ein Börsianer kritisch an. Dadurch würde ein Aktienüberhang entstehen, der auf den Kurs drücke. Insofern hätten es die Anleger wohl lieber gesehen, wenn Infineon den Deal in einem Schritt finanziert hätte.
Dann wären allerdings positive Gewinnimpulse geringer ausgefallen, merkte UBS-Experte David Mulholland an. Er blieb bei seiner Kaufempfehlung und signalisiert auch beim leicht gesenkten Kursziel von 23,50 Euro viel Erholungspotenzial.
Auch andere Analysten äußerten sich recht zuversichtlich. Der Zeitpunkt der Aktienplatzierung sei zwar nicht gerade perfekt, denn für Halbleiterwerte sei der Markt derzeit außerordentlich pessimistisch, schrieb Analyst Florian Treisch von der Commerzbank (DE:CBKG). Schließlich steht die Branche angesichts sich eintrübender Konjunkturperspektiven, der Flaute der Autoindustrie und des Zollstreits zwischen den USA und China unter Druck. Ein gutes Ausmaß des mit der Kapitalerhöhung einhergehenden Verwässerungseffekts bezüglich des Gewinns je Aktie aber sollte Treisch zufolge bereits im Kurs abgebildet sein.
Analyst Harald Schnitzer von der DZ Bank schrieb, der Emissionserlös scheine geringer zu sein, als das Unternehmen vielleicht gedacht habe. Offenbar seien insbesondere die US-Sanktionen gegenüber chinesischen Tech-Unternehmen und die dadurch gestiegene, gesamtwirtschaftliche Unsicherheit der Grund für diese schnelle Entwicklung.
Allerdings wäre die angekündigte Übernahme von Cypress laut Schnitzer ein großer Schritt zur Erweiterung des Produktportfolios von Infineon. Die starke Stellung von Cypress bei Industrie-Mikrocontrollern, bei denen Infineon bisher keine Rolle spiele, und die Softwarekompetenz von Cypress verbesserten die Marktposition.
Aktuell jedoch überwiegt bei den Anlegern noch die Vorsicht: Auf Sicht von zwölf Monaten notieren die Aktien als einer der schwächsten Dax-Werte rund 45 Prozent im Minus.