FRANKFURT (dpa-AFX) - Der weitere Rückzug des Großaktionärs Permira bei Hugo Boss (XETRA:BOSSn) könnte am Ende zum Glücksfall für die Anleger des deutschen Modekonzerns werden. Zwar hat der Verkauf eines großen Anteilspakets die Aktie am Dienstag unter Druck gesetzt - sie fiel bis zum Mittag um 3,19 Prozent auf 106,10 Euro. Durch den größeren Streubesitz steigt jedoch das Gewicht der Aktie im Index der mittelgroßen Konzerne, dem MDax (MDAX) - und es wird bereits über einen Aufstieg in die erste Börsenliga Dax (DAX) spekuliert.
Permira platzierte 9 Millionen Anteile des Modekonzerns zu je 102 Euro am Markt, wie Händler sagten. Zu Handelsbeginn war das Papier um bis zu 5,6 Prozent auf 103,50 Euro abgerutscht, konnte die Verluste aber bis zum Mittag reduzieren. Überdies würden weitere Papiere an die italienische Modedynastie Marzotto losgeschlagen, hatte Hugo Boss am Vorabend erklärt. Der Anteil Permiras soll mit beiden Schritten von 32 Prozent auf unter 14 Prozent sinken.
HOFFEN AUF DEN DAX-AUFSTIEG
Analyst Volker Bosse von der Baader Bank hob den steigenden Streubesitz positiv hervor. Mit dem Verkauf erhöhe sich die Zahl der frei verfügbaren Papiere - der Free Float - nach seiner Kalkulation auf 76 Prozent. Das mache die Boss-Aktie attraktiver für institutionelle Investoren und lasse das Gewicht im MDax anwachsen.
Mittelfristig dürfte einem Aktienhändler zufolge mit dem steigenden Streubesitz auch Fantasie auf einen Aufstieg in den Dax aufkommen. Noch stehe allerdings die Aktie von ProSiebenSat.1 (XETRA:PSMGn) bei diesem Thema in der Pole Position. Ein Aufstieg in einen höheren Index ist für Unternehmen interessant, weil dies gewöhnlich die Nachfrage nach den Aktien antreibt - bestimmte Fonds, die den Index abbilden, müssen zukaufen. Zudem stehen Aktien eines Leitindex' stärker in der Öffentlichkeit.
ÜBERRASCHENDER VERKAUF
Händlern zufolge kommt der neuerliche Anteilsverkauf zu diesem Zeitpunkt überraschend. Denn im Dezember war eine Mindesthaltefrist - der so genannte "Lock-Up" - von drei Monaten angekündigt worden. In diesem Zeitraum war am Markt kein Verkauf durch den Investor erwartet worden.
Mit dem Anteilsverkauf zeichnet sich aus Sicht eines Händlers aber auch endlich ein Ende der Platzierungen ab, die bisher wie ein Damokles-Schwert über der Aktie gehangen hätten. Der Börsianer rechnet nun nur noch mit einer abschließenden Platzierung vermutlich im Mai dieses Jahres. Auch Baader-Bank-Analyst Bosse rechnet damit, dass Permira seine vorhandene Position weiter abbaut.
PERMIRA VERSILBERT GUTE KURSENTWICKLUNG
Das Boss-Papier befindet sich seit Jahren im Höhenflug. Ende Januar hatte die Aktie mit 116,45 Euro ein Rekordhoch erreicht. Anfang 2009 kostete das Papier noch weniger als 10 Euro. Der 2007 eingestiegene Investor Permira nutzt diese gute Kursentwicklung, um seit 2011 schrittweise auszusteigen. Da der Anteil jetzt unter 25 Prozent rutscht, verliert der frühere Mehrheitseigentümer die Möglichkeit, wichtige Entscheidungen zu blockieren.
Unterdessen bekommt Boss mit der Familie Marzotto einen neuen Großaktionär. Sie kauft der Permira-Tochter Red & Black Lux Aktien für rund 500 Millionen Euro ab. Zu dem von Händlern genannten Platzierungspreis wären das knapp 5 Millionen Aktien oder fast 7 Prozent der Anteile. Die Familie Marzotto ist in Metzingen nicht unbekannt: Der Textilkonzern der Familie war früher Eigentümer des italienischen Modekonzerns Valentino Fashion Group (VFG) und damit auch von dessen Tochter Hugo Boss.