PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die Anleger an Europas Börsen haben die Enttäuschung über die Aussagen von EZB-Präsident Mario Draghi am Freitag halbwegs verdaut. Zudem blicken sie schon auf die in der kommenden Woche anstehende Sitzung der US-Notenbank Fed. Die Zahlenflut europäischer Unternehmen enthielt Licht und Schatten und gab den Märkten keine klare Richtung vor.
Um die Mittagszeit notierte der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) 0,27 Prozent höher bei 3519,74 Punkten. Angesichts der freundlichen ersten Wochenhälfte winkt ihm damit trotz des gestrigen Kursrückschlags noch ein Wochenplus von knapp anderthalb Prozent. Für den französischen Cac 40 (CAC 40) ging es am Freitag um 0,39 Prozent auf 5599,69 Punkte hoch. Der britische FTSE 100 gewann 0,38 Prozent auf 7517,46 Zähler.
Am Donnerstag hatte es der Leitindex der Eurozone noch auf ein Hoch seit Mai 2018 geschafft, nachdem die Europäische Zentralbank den Leitzins erwartungsgemäß auf dem Rekordtief von null Prozent belassen hatte. Die anschließende Pressekonferenz sorgte aber rasch für Ernüchterung.
Im europäischen Branchenvergleich führten am Freitag Medien- und Telekommunikationsaktien die Gewinnerliste an: Die Subindizes im marktbreiten Stoxx Europe 600 legten um 1,8 beziehungsweise anderthalb Prozent zu. Am Ende der Sektorübersicht lagen hingegen die Indizes der Rohstoff- und Einzelhandelskonzerne mit Kursrückgängen von jeweils mehr als ein Prozent.
Für die Aktien des britischen Medienkonzerns Pearson (LON:PSON) ging es dank eines angehobenen Gewinnziels um über sechs Prozent hoch, womit sie zu den Favoriten der Anleger in London zählten. Auch die Titel des Konkurrenten Vivendi (9:VIV) schlugen sich nach Quartalszahlen mit einem Plus von über fünf Prozent gut und übernahmen den EuroStoxx-Spitzenplatz. Die Franzosen übertrafen vor allem dank der Plattentochter Universal Music die Analystenerwartungen.
Im Telekombereich erwies sich Vodafone (3:VOD) mit einem Kursaufschlag von über achteinhalb Prozent als Zugpferd. Bei den Briten sei der Serviceumsatz - also ohne Geräteverkäufe - besser als erwartet ausgefallen, lobte Jerry Dellis vom Analysehaus Jefferies. Außerdem bestätigte Vodafone Überlegungen, die Funkturmsparte an die Börse zu bringen.
Dagegen sackten die Aktien des Luxusgüterkonzerns Kering (9:PRTP) nach ihrem Quartalsbericht um über sechseinhalb Prozent ab. Enttäuscht hatte vor allem die Nobelmarke Gucci - bisher das Zugpferd des Unternehmens. Die Deutsche Bank (DE:DBKGn) strich daraufhin ihre Kaufempfehlung für Kering.
Die Papiere des Lichtspezialisten Signify (7:LIGHT) büßten nach Quartalszahlen sogar fast acht Prozent ein. Der Umsatzrückgang aus eigener Kraft falle deutlicher als erwartet aus und habe unternehmensspezifische Gründe, schrieb JPMorgan-Analyst Andreas Willi. Um das organische Umsatzziel zu erreichen, habe der Osram-Konkurrent (104:OSRn) in der zweiten Jahreshälfte nun einige Arbeit vor sich.
Dass Michelin (9:MICP) den Umsatz im ersten Halbjahr nur dank Übernahmen steigern konnte, reichte den Anlegern nicht: Die Papiere des französischen Reifenherstellers verloren mehr als drei Prozent.
Gute Nachrichten gab es aus der Schweiz: Dass der Lebensmittelkonzern Nestle (5:NESN) trotz der knapp verfehlten Erwartungen im ersten Halbjahr die Jahresziele bestätigte, ließ die Aktien auf ein Rekordhoch klettern. Mit einem Plus von mehr als zwei Prozent führten sie die Gewinnerliste im Swiss Market Index (SMI) an.