PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die europäischen Börsen haben am Donnerstag nach einigen zähen Tagen den Vorwärtsgang gefunden. Die Sorgen wegen steigender Renditen am US-Anleihemarkt rückten etwas in den Hintergrund. Zudem stützte der wieder unter 1,18 US-Dollar gesunkene Eurokurs, weil er die Exporte hiesiger Unternehmen lukrativer machen kann. Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) rückte am Ende um 0,82 Prozent auf 3592,18 Punkte vor. "Nach einigen glanzlosen Sitzungen knüpft der europäische Aktienmarkt wieder an seine im März begonnene positive Entwicklung an", sagte Marktbeobachter David Madden von CMC Markets. Der Leitindex der Eurozone baute seine Gewinne vor allem am Nachmittag aus, als er es über 3575 Punkte schaffte. Diese Marke hatte sich zuletzt als große Hürde erwiesen. Sechs Tage war er im richtungslosen Geschäft nicht darüber hinweg gekommen.
An den Länderbörsen war das Bild ebenfalls freundlich: Der Cac 40 (CAC 40) stieg in Paris um 0,98 Prozent auf 5621,92 Punkte. In London legte der britische FTSE 100 (GB0001383545) um 0,70 Prozent auf 7787,97 Punkte zu. Der italienische MIB erholte sich um knapp 0,3 Prozent von seinen deutlichen Vortagsverlusten. Eine mögliche Regierungsbildung in Italien blieb dort das marktbeherrschende Thema. Die beiden Parteien Fünf Sterne und Lega rangen bis zuletzt um ein gemeinsames Regierungsprogramm.
Aktien aus dem italienischen Bankensektor blieben am Donnerstag wegen der Aussicht auf eine möglicherweise eurofeindliche italienische Regierung auf Talfahrt. Allen voran sackten die Aktien der Krisenbank Banca Monte dei Paschi (6:BMPS) wegen einer am Markt hinterfragten Zukunft der Staatsbeteiligung um fast 9 Prozent ab. Die Papiere der Großbanken Unicredit (MI:CRDI) (IT0004781412) und Intesa Sanpaolo (6:ISP) verloren 2 beziehungsweise 1 Prozent. Im marktbreiten Branchenvergleich blieb der Bankenindex (Stoxx 600 Banks) einzig ohne klare Gewinne. Er schloss kaum verändert.
In London standen unter anderem der Energieversorger National Grid (LON:NG) , der Reiseveranstalter Thomas Cook (3:TCG) und der Postkonzern Royal Mail (3:RMG) mit Zahlen im Blick. Während Royal Mail am Ende des "Footsie" um 7 Prozent wegen eines konservativen Ausblicks einbrachen, legten die Papiere von National Grid nach besser als erwarteten Umsatzzahlen um 3,8 Prozent zu. Anteile von Thomas Cook wiederum litten mit minus 4,8 Prozent unter dem Margendruck auf dem Heimatmarkt.
Spektakulär ging es in London bei den Aktien des Online-Supermarktes Ocado zu. Der Einstieg der US-Handelskette Krogers sorgte für ein Kursfeuerwerk. In der Spitze schossen die Aktien um 81 Prozent hoch, bevor sie sich letztlich bei 44 Prozent Plus einpendelten. Börsianern zufolge wurden einige, die auf fallende Kurse gesetzt hatten, von der plötzlichen Kursrally überrascht. Die Euphorie strahlte branchenweit aus: Der Teilindex der Einzelhandelswerte war europaweit mit einem Aufschlag von fast 2 Prozent führend.
In Frankreich stiegen die Aktien des Versorgers Suez (9:SEVI) nach ermutigenden Zahlen um 3 Prozent. Der Mischkonzern Bouygues (9:BOUY) hingegen meldete ein Börsianern zufolge enttäuschendes operatives Ergebnis im ersten Quartal. Den Papieren brockte das ein Minus von 0,3 Prozent ein.