PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Nach einer eher kurzen, von US-Notenbankchef Jerome Powell am Vortag entfachten Zinseuphorie haben die Börsen Europas am Donnerstag zugelegt. Große Sprünge blieben wegen bestehender internationaler Konflikte und daraus folgenden Konjunkturängsten jedoch vorerst aus. Der Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) (Euro Stoxx 50) gewann bis zum Mittag 0,29 Prozent auf 3511,68 Punkte dazu.
Die letzten vier Handelstage hatte der Index jeweils mit einem Minus beendet, so auch nach der weltweit mit Spannung erwarteten Rede Powells. Dabei hatte der Fed-Chef durchaus Signale für eine mögliche Zinssenkung in der nahen Zukunft gesendet. "Die Unsicherheit um Handelskonflikte und Sorgen um die Weltwirtschaft lasteten zuletzt auf dem Ausblick für die US-Wirtschaft", sagte er. "Der Inflationsdruck bleibt verhalten." Für viele spricht das eindeutig für eine künftig etwas lockerere US-Geldpolitik.
Die Konjunktursorgen wogen allerdings schwerer als die de facto-Bestätigung, wie Marktexperte Heinrich Bayer (DE:BAYGN) von der Postbank in einem Kommentar schrieb. "Denn Jerome Powell benannte glasklar die Risiken, die momentan die globale Wirtschaftsentwicklung belasten." In den vergangenen Wochen schien das noch nicht überall so klar. Stattdessen waren die Börsen weltweit von der Aussicht auf billiges Geld getrieben. Am Donnerstag kam die Zinseuphorie zuletzt noch "in Schüben an den Märkten an", schrieb Marktexperte Salah Bouhmidi von der Handelsplattform IG. So ging es für den französischen Leitindex Cac 40 (CAC 40) zum Mittag um 0,35 Prozent auf 5587,10 Punkte nach oben. Der britische Leitindex FTSE 100 stieg um 0,29 Prozent.
Die mit Abstand größten Favoriten waren Unternehmen aus dem Bereich Öl und Gas - hier dürften unter anderem die zuletzt stark gestiegenen Ölpreise das Interesse der Anleger auf sich gezogen haben. Weniger beliebt waren dagegen Chemie- und Autowerte. Beide Sektoren haben seit einiger Zeit mit einer grundlegend schwächelnden Nachfrage und der mauen Konjunktur zu kämpfen.
So landeten denn auch Aktien von BASF (4:BASFN) im EuroStoxx 50 mit einem Minus von zuletzt 0,47 Prozent auf dem letzten Platz. Der Chemiekonzern hatte seine Anleger zuletzt mit einer massiven Gewinnwarnung geschockt, was in den vergangenen Tagen reihenweise Kurszielsenkungen verschiedener Analysehäuser nach sich zog.
Für die Aktien von Reckitt Benckiser (3:RB) ging es um mehr als 2 Prozent nach oben. Das Unternehmen legte den Streit mit den US-Behörden wegen verbotener Marketingmethoden für sein Kombinationspräparat Suboxone Film mit einer Milliardenzahlung bei.
In der Schweiz waren Aktien des Schokoladenherstellers Barry Callebaut (0:BARNz) nach einem starken dritten Geschäftsquartal gefragt. Das Unternehmen habe in den drei Monaten bis zum Mai die Muskeln spielen lassen, kommentierte ein Experte des Vermögensberaters Vontobel. So ist die versprochene Wachstumsbeschleunigung auf eine zweistellige Rate deutlich schneller ausgefallen als von Analysten erwartet. Die Quartalszahlen sollten aber auch nicht überbewertet werden.