FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt ist am Donnerstag auf der Welle des billigen Geldes geschwommen. Die Währungshüter in den USA hatten am Vorabend den Leitzins wie erwartet auf sehr niedrigem Niveau belassen; zuvor hatte schon die japanische Notenbank an ihrer lockeren Geldpolitik festgehalten. Der Dax (DAX) sprang erstmals seit knapp zwei Wochen über die Marke von 10 600 Punkten und baute seinen Gewinn bis zum Nachmittag auf 2,01 Prozent beziehungsweise 10646,21 Punkte aus.
Marktbeobachter Jens Klatt sieht bereits das Jahreshoch in greifbare Nähe rücken. Im August hatte der Dax 10 802 Punkte erreicht, dann kamen aber Sorgen auf, dass die Zeit des billigen Geldes zu Ende gehen könnte. Für die Börsen wäre das ein harter Einschnitt: Die verschwindend geringen Zinsen auf Sparkonten und Anleihen, gepaart mit den gigantischen Wertpapierkäufen der Notenbanken sorgen seit Jahren für steigende Aktienkurse.
Der Rauch in Sachen Geldpolitik habe sich verzogen, kommentierte Konstantin Oldenburger von CMC Markets. Am Markt wird nun mit einer Zinsanhebung im Dezember gerechnet - also genau ein Jahr nach der ersten Anhebung Ende 2015.
Vor diesem Hintergrund zeigte sich auch der MDax (MDAX) der mittelgroßen deutschen Unternehmen mit neuem Elan, es ging 1,93 Prozent auf 21 657,63 nach oben. Der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) kletterte um 1,65 Prozent auf 1807,54 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) rückte um 2,19 Prozent auf 3047,57 Punkte vor. Zuvor war es bereits an den asiatischen Börsen und an der Wall Street kräftig hochgegangen.
DEUTSCHE BANK AN DAX-SPITZE
Größter Gewinner im Dax waren die geschundenen Aktien der Deutschen Bank (XETRA:DBKGn), die zuletzt um 3,3 Prozent stiegen auf 11,65 Euro. Nach der Hiobsbotschaft einer möglichen zweistelligen Milliardenstrafe in den USA waren sie zuvor in vier Handelstagen in der Spitze um 15 Prozent eingebrochen - sie bremsten erst kurz vor ihrem historischen Tief von 11,06 Euro. Im Dax sind sie mit einem Verlust von fast der Hälfte ihres Wertes der mit Abstand schlechteste Wert in diesem Jahr.
Infineon-Papiere (XETRA:IFXGn) profitierten mit einem Kursplus von 3 Prozent von einer frischen Kaufempfehlung durch Mainfirst. Analyst Jürgen Wagner führte vor allem die starke Stellung des Halbleiterkonzerns bei Autos ins Feld: Der Trend gehe hin zu Elektro- und Hybridfahrzeugen sowie immer leistungsfähigeren Fahrerassistenzsystemen.
SÜDZUCKER VERLIERT TROTZ PROGNOSEERHÖHUNG
Zudem beschäftigte die angehobene Jahresprognose von Südzucker (XETRA:SZUG) die Investoren: So sprangen die Papiere zwar kurzfristig auf den höchsten Stand seit drei Jahren, zuletzt standen sie jedoch ein knappes Prozent im Minus. Die Anleger machten Kasse, nachdem die Aktie alleine in diesem Jahr rund 30 Prozent gestiegen war. "Es ist an der Zeit, die Zucker-Party zu verlassen", hatte Marc Gabriel vom Bankhaus Lampe seinen Kunden bereits zu Wochenbeginn geraten.
Beim kriselnden Industriedienstleister Bilfinger (XETRA:GBFG) kam die Ernennung eines neuen Finanzchefs gut an. Ende September legt Axel Salzmann sein Amt nieder, für ihn übernimmt der zuletzt bei Osram (XETRA:OSRn) tätige Klaus Patzak. Die Bilfinger-Aktie stieg bis zum Nachmittag um über 4 Prozent.