(neu: Schlusskurse, Branchenindex)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Befürchtungen einer Absatzdelle in Großbritannien und den USA haben den Aktien deutscher Autohersteller am Montag weiter zugesetzt. Die Papiere von Daimler (XETRA:DAIGn) gingen 1,98 Prozent tiefer aus dem Handel, BMW-Titel (XETRA:BMWG) verloren 1,92 Prozent und die Vorzugsaktien von Volkswagen (DE:VOWG) (VW) (XETRA:VOW3) sackten sogar um 2,91 Prozent ab. Händler verwiesen auch auf einen Pressebericht, wonach bei dem Wolfsburgern Autobauer derzeit heftig über die "Strategie 2025" gestritten werde.
Der Branchenindex Stoxx Europe 600 Automobiles & Parts (DJX:SXAP) setzte seinen derzeitigen Abwärtstrend fort und sackte um weitere 2,13 Prozent ab. In den vergangenen vier Handelstage hat er damit 6,75 Prozent verloren.
Als Belastungsfaktoren für die Autobranche nannten Börsianer die Angst vor einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union und Aussagen von BMW-Vertriebsvorstand Ian Robertson zur diesjährigen Entwicklung der Münchener auf dem US-Markt. "Der US-Markt wird 2016 bestenfalls stagnieren", hatte der Manager der "Automobilwoche" gesagt. Die Verkäufe von BMW in den USA waren im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat um 8,8 Prozent abgesackt.
INDEPENDENT KÜRZT BMW-PROGNOSEN UND KURSZIEL
Ein Händler verwies in diesem Zusammenhang auf den derzeit hohen Preisdruck im amerikanischen Automarkt. Vor allen die Japaner machten dank ihrer abgewerteten Landeswährung den Europäern in den USA das Leben schwer. Das Volumen des US-Marktes bewege sich zwar auf einem hohen Niveau, das täten die Verkaufsrabatte aber auch, resümierte der Experte.
Zafer Rüzgar vom Analysehaus Independent Research führte die aktuelle US-Absatzschwäche von BMW vor allem auf das Geschäft mit den Limousinen zurück, sieht aber die Nachfrage nach sportlichen Geländewagen weiterhin positiv. Für die Aktie rechnet er vorerst aber mit keinem deutlichen Kursanstieg. Zudem reduzierte er seine mittelfristigen Geschäftsprognosen für die Münchener und senkte das Kursziel von 85 auf 78 Euro.
BREXIT-ANGST DER AUTOBAUER
Übers Wochenende hatten Ökonomen, Zentralbanker und Firmenchefs zudem eindringlich vor gravierenden Konsequenzen für ganz Europa bei einem EU-Austritt der Briten gewarnt. Jüngste Umfragen deuten auf eine sehr knappe Entscheidung am 23. Juni hin. Am Freitag hatte eine Online-Umfrage erstmals einen Vorsprung von 10 Prozentpunkten (55 zu 45 Prozent) der Brexit-Befürworter ergeben. Die jüngste YouGov-Umfrage signalisiert ein Verhältnis von 51 zu 49 Prozent pro Brexit.
Die in Großbritannien stark vertretene deutsche Autobranche hofft, dass der Brexit-Fall nicht eintritt. "Sollten auf beiden Seiten des Ärmelkanals wieder Zollschranken hochgezogen werden, würde diese Erfolgsstory sicherlich einen empfindlichen Dämpfer erhalten", hatte Verbandschef Matthias Wissmann dem Magazin "Börse Online". In Hannover hatte der Finanzvorstand des Autozulieferers Continental (XETRA:CONG) die Briten davor gewarnt, sich ins eigene Fleisch zu schneiden.
'SPIEGEL': STREIT BEI VW UM STRATEGIE
Bei VW kommen hausgemachte Probleme hinzu mit dem Abgasskandal und den Diskussionen über die neue Strategie der Wolfsburger: Es gebe im Vorstand und im Aufsichtsrat unterschiedliche Ansichten darüber, was noch zum Kerngeschäft des Autokonzerns gehöre, berichtete "Der Spiegel". Nach den Vorstellungen des Managements sei die Motorradmarke Ducati ebenso verzichtbar wie der Schiffsmotorenhersteller MAN Diesel & Turbo. Beide Firmen könnten verkauft werden, weil sie keine oder nur wenig Verbindungen zum Autogeschäft hätten. Doch Ducati sei ein Lieblingsprojekt des früheren Aufsichtsratschefs Ferdinand Piëch, der noch immer über beträchtlichen Einfluss verfüge, hieß es in dem Bericht. Und bei der Übernahme von MAN habe VW der Belegschaft versprochen, dass der Lkw-Hersteller nicht zerschlagen werde, so "Der Spiegel".
Laut einem Händler besteht derzeit keine Notwendigkeit für die spekulierten Verkäufe. Zudem wäre der Zeitpunkt derzeit eher ungünstig, hieß es. Die VW-Vorzugsaktie (XETRA:VOW3) fiel auf rund 122 Euro zurück, nachdem die Hoffnung auf eine baldige Lösung im Abgasskandal insbesondere in den USA sie Ende Mai auf über 139 Euro getrieben hatte.