Da ist sie wieder, die Angst vor dem großen Crash: Die Umkehrung der Zinsstrukturkurve in den USA, der schwelende Handelskonflikt mit China und die zurückgehende Wirtschaftsleistung in Deutschland sind drei große Faktoren, die auf die Kurse drücken.
In Zeiten so großer Unsicherheit fragt man sich als Investor oft, ob es nicht vielleicht doch besser wäre, aus dem Aktienmarkt auszusteigen, Gewinne zu sichern und den nahenden Crash von der Seitenlinie aus zu betrachten. Wenn alles vorbei ist, kann man dann ja wieder einsteigen.
Wenn das die Gedanken sind, die dir auch gerade im Kopf herumgehen, dann solltest du dir einen Moment Zeit nehmen, um diesen Artikel zu lesen. Hier schauen wir uns an, was denn alles dagegen spricht, jetzt zu verkaufen.
1. Die langfristig positive Performance Ein Börsensprichwort besagt, dass die Aktienmärkte an einer Wand des Zweifels emporklettern: Ständig gibt es überall kleinere Störfeuer und schlechte Nachrichten und am Ende des Jahres steht in der Mehrheit der Fälle eine ordentliche Rendite zu Buche.
Um dir mal ein paar Zahlen an die Hand zu geben: Wer 2008 DAX-Aktien kaufte, fuhr bis Ende 2018 eine durchschnittliche Rendite von 8,2 % im Jahr ein – trotz des Temperaments von Donald Trump, des Brexit-Votums oder der Staatsschuldenkrise in Südeuropa. Auf die letzten 50 Jahre gerechnet kommen deutsche Standardwerte immerhin auf 7,0 % Rendite. Langfristig haben sich Aktien also immer gelohnt, wenn man Störfaktoren ignorierte und Einbrüche aushielt.
2. Du kannst den Markt nicht timen Es ist wichtig, zu wissen, was man kann – und manchmal ist es noch viel wichtiger, zu wissen, was man alles nicht kann. Zu letzter Kategorie zählt bei uns allen definitiv die Fähigkeit, präzise kurz vor einem Crash zu verkaufen.
Klar wäre deine historische Jahresrendite noch viel, viel höher ausgefallen als die oben genannten 7,0 %, wenn du immer zum richtigen Zeitpunkt ein- und ausgestiegen wärst. Doch so schön sich das anhört: Es ist einfach nicht möglich, und meiner Meinung nach noch weit jenseits der Superheldenfähigkeiten von Spiderman oder Superman zu verorten.
Wenn du also das nächste Mal den Drang verspürst, deine Aktien zu verkaufen, dann schau vorher nach, ob du Spinnennetze aus deinen Händen schießen kannst. Wenn nicht, dann könnte es besser sein, dein Depot nicht anzurühren.
3. Das Problem mit dem Wiedereinstieg Doch selbst wenn du es schaffen würdest, rechtzeitig abzuspringen – wann steigst du wieder ein? „Wenn der Markt dreht“, hört man dann oft als Antwort. Hört sich super an, jedoch weiß man immer erst im Nachhinein, ob der Markt wirklich gedreht hat oder es nur ein kleines Zucken auf dem weiteren Weg nach unten war.
Oft genug verpasst man sogar den Wiedereinstieg aus Sorge, es könne weiter runter gehen. Einmal mehr lautet die Lösung, um nicht in dieses Problem zu geraten, seine Aktien einfach in Ruhe zu lassen.
4. Einzelne Aktien steigen trotzdem Wir Fools sind immer auf der Suche nach großartigen Unternehmen, die solide Finanzen, starke Wettbewerbspositionen, ein exzellentes Management und weitere Faktoren kombinieren. Warum sollte ein solches Unternehmen nicht in der Lage sein, auch in einer wirtschaftlichen Schwächephase weiter zu wachsen und seine Aktie dabei mit nach oben ziehen?
Die Amazon (NASDAQ:AMZN) (WKN: 906866)-Aktie etwa beendete die Krisenjahre 2008 und 2009 mit einem satten Kursplus von insgesamt 45,2 % – obwohl es immer heißt, Tech-Aktien würden bei Krisen besonders hart getroffen. Der US-Index S&P 500 verlor demgegenüber 24,1 %, auch der Tech-Index NASDAQ-100 musste zweistellig abgeben.
5. Erfolgreiche Investoren bleiben langfristig dabei Warren Buffett, der Vater des langfristigen Investierens in Qualitätsaktien, hat einmal gesagt:
Sei ängstlich, wenn andere gierig sind. Sei gierig, wenn andere ängstlich sind.Die Botschaft ist einfach zu verstehen, aber schwer umzusetzen: Wenn im Markt Angst vorherrscht und die Aktienpreise irrational stark gefallen sind, dann ist es Zeit für Investoren zuzuschlagen – und eben nicht zu verkaufen!
Wenn der Crash da ist, dann können wir Qualitätsaktien zu Schnäppchenpreisen einsammeln und den Grundstein für gute Renditen in Zukunft legen. Insofern ist ein Börsencrash, wie die 20-%-Aktion im Schuhgeschäft, ein Ereignis, auf das man sich freuen kann. Und um mit einem weiteren Buffett-Zitat diese Vorfreude noch zu verstärken:
Gelegenheiten kommen selten vor. Wenn es Gold regnet, stell den Eimer raus, nicht den Fingerhut.Foolishes Fazit Ich persönlich werde also keine einzige meiner Aktien aus Angst vor einem Crash verkaufen. Es könnte genauso gut weiter nach oben gehen, ich könnte den Wiedereinstieg vermasseln und ich besitze (zumindest aus meiner Sicht) gute Einzelaktien, die eine Krise weitestgehend unbeschadet überstehen sollten.
Wenn der Crash dann doch kommen sollte, dann tut er zwar weh. Aber es gibt dann einen Haufen Sonderangebote, über die ich mich freuen kann. Der Eimer steht immer bereit!
Christoph besitzt Aktien von Amazon. John Mackey, CEO von Amazon-Tochter Whole Foods Market, sitzt im Vorstand von The Motley Fool. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Amazon.
Motley Fool Deutschland 2019