Frankfurt (Reuters) - Die EZB hat Insidern zufolge keine Eile, auf das Brexit-Votum mit einer erneuten Lockerung ihrer Geldpolitik zu antworten.
Das liege auch an der Börsenreaktion, die weniger heftig ausgefallen sei als befürchtet, sagten mehrere mit der Situation vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Währungshüter würden zunächst eine abwartende Haltung einnehmen. Die Europäische Zentralbank (EZB) sehe sich nach der leichten Beruhigung an den Märkten darin bestätigt. Es gebe außerdem noch keine konkreten Hinweise darauf, wie stark die Auswirkungen eines Brexit sein werden.
Die Briten hatten vergangene Woche für den Ausstieg ihres Landes aus der EU gestimmt. Experten zufolge könnte das Vereinigte Königreich dadurch in eine Rezession abgleiten und das weltweite Wachstum bremsen. Nach ersten Schockreaktionen an den Finanzmärkten am Freitag und Montag haben sich die Börsen inzwischen etwas erholt. Der britische Leitindex "Footsie" holte seine Verluste in Folge des Brexit fast wieder auf. Der Index stieg am Mittwoch bis auf 6301 Punkte.
Für Notfälle eingerichtete Devisen-Tauschvereinbarungen mit der Bank von England (BoE) seien nicht aktiviert worden, sagten die mit den Überlegungen vertrauten Personen. Im Ernstfall soll dadurch gesichert werden, dass sich Institute in Großbritannien bei der BoE mit Euro versorgen können. Anders als nach dem Kollaps der Märkte während der Finanzkrise 2008 hätten die Börsen trotz starker Verluste beim britischen Pfund und einigen Aktien bisher reibungslos funktioniert. "Das ist ein politisches Problem und kein geldpolitisches Phänomen", sagte ein Insider. "Wir könnten handeln, wir haben die Instrumente, aber das würde das größere Problem nicht lösen, und bislang ist jede Abschätzung der tatsächlichen Auswirkungen des Brexit nichts anderes als ein Raten."
Die EZB hatte zuletzt im Dezember und dann erneut im März ihre Zinsen gesenkt. Der Leitzins liegt aktuell sogar auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Seit April erwerben die Währungshüter zudem Wertpapiere im monatlichen Volumen von 80 statt zuvor 60 Milliarden Euro. Darunter sind seit kurzem auch Firmenanleihen.
Den Insidern zufolge wird die EZB auf ihrer nächsten Zinssitzung am 21. Juli voraussichtlich die Füße stillhalten, sollten es an den Märkten weiter gemächlich zugehen. Es sei noch zu früh, die Folgen des Referendums auf das Verbrauchervertrauen und auf Investoren abzuschätzen. Mehr ließe sich im September sagen. Dann werden zur Zinssitzung der Notenbank auch neue Inflations- und Konjunkturprognosen der eigenen Experten erwartet.