Ungeachtet der Proteste von Umweltschützern schluckt der Chemiekonzern Bayer (DE:BAYGN) den US-Saatguthersteller Monsanto (NYSE:MON). Nach monatelangen Verhandlungen unterzeichneten beide Unternehmen am Mittwoch eine bindende Fusionsvereinbarung, wonach Bayer pro Monsanto-Aktie 128 Dollar (114 Euro) in bar zahlt. Das Leverkusener Unternehmen bewertet Monsanto so mit 66 Milliarden Dollar. Umweltschützer warnen wegen der wachsenden Marktmacht des neu entstehenden Konzerns vor Risiken für Landwirtschaft und Verbraucher.
Der Monsanto-Verwaltungsrat sowie Vorstand und Aufsichtsrat von Bayer beschlossen das Vorhaben den Angaben zufolge bereits einstimmig. Nun müssen noch die Monsanto-Aktionäre zustimmen sowie die zuständigen Kartellbehörden. Der Abschluss des Geschäfts werde für Ende kommenden Jahres erwartet, erklärte Bayer. Sollte es an den Kartellbehörden scheitern, werde der Konzern zwei Milliarden Dollar an Monsanto zahlen.
Bayer-Chef Werner Baumann betonte in einer Telefonkonferenz mit Investoren, die Fusion beider Unternehmen sei eine "kraftvolle Antwort auf die enormen Herausforderungen für Landwirte und die Agrarindustrie allgemein". Bayer sei zuversichtlich, die nötige Zustimmung der Kartellbehörden zu bekommen. Sein Unternehmen habe nach ersten Kontakten mit den Behörden bereits "ermutigendes Feedback" erhalten; nun würden zunächst die nötigen Unterlagen zusammengetragen.
Bayer und Monsanto hatten die Übernahmegespräche im Mai öffentlich gemacht. Die Leverkusener mussten aber mehrfach nachbessern, bevor sich Monsanto einverstanden erklärte.
Sein Unternehmen habe eine "Bandbreite an Optionen" geprüft, auch das Szenario, allein weiter zu agieren, sagte Monsanto-Chef Hugh Grant. Das Management und der Verwaltungsrat seien letztlich aber zu dem Schluss gekommen, dass der "All-Cash-Deal" mit Bayer eine "wichtige Möglichkeit" sei.
Der deutsche Konzern will das Geschäft mit einer Mischung aus Eigen- und Fremdkapital finanzieren. Der Eigenkapitalanteil solle rund 19 Milliarden Dollar betragen, erklärte Bayer. Für die weitere Finanzierung werde mit mehreren Großbanken zusammengearbeitet. Von der Fusion erhofft sich Bayer Einsparungen von jährlich 1,5 Milliarden Dollar ab dem dritten Jahr nach Abschluss des Geschäfts.
Es ist mit Abstand die bislang teuerste Übernahme durch ein deutsches Unternehmen. Bayer zahle "zu viel", urteilte DZ-Analyst Peter Spengler.
Monsanto stellt unter anderem das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat sowie gentechnisch veränderte Pflanzen her. Der Saatguthersteller hat vielerorts einen schlechten Ruf. Bayer-Chef Baumann hatte in den Verhandlungen aber betont, dass sein Unternehmen damit umgehen könne und selbst für Verantwortung, Transparenz und Offenheit stehe.
Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Dirk Zimmermann befürchtet, dass durch die Übernahme die nachhaltige Landwirtschaft "auf der Strecke" bleibt. "Der neue Agrochemiegigant häuft eine bislang ungekannte Marktmacht an" und werde sich "noch mehr auf wenige Kulturpflanzen, lukrative Pflanzegifte und Gentechnik konzentrieren", warnte Zimmermann.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sieht auch den politischen Einfluss des Konzerns steigen. Das fusionierte Unternehmen werde verstärkt diktieren wollen, was Landwirte anbauen und welche Produkte auf dem Markt verfügbar sind, kritisierte BUND-Gentechnikexpertin Heike Moldenhauer.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte: "Diesen Deal darf es nicht geben". Es entstehe ein "übermächtiger Konzern, der den Welthunger nicht bekämpft, sondern verstärkt". Der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling forderte die deutschen und europäischen Behörden auf, die Fusion zu unterbinden.
Dagegen begrüßte der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) das Geschäft. Für die Zukunft des Industriestandorts NRW sei es wichtig, dass die Forschung dort verbleibe.