FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 4. März 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Während professionelle Investoren versuchen, eine mögliche Korrektur zu versilbern, warten private Anleger einfach ab.
Nicht zu Unrecht heißt es, dass man bei einer Party gehen soll, wenn es am schönsten ist. Diese Weisheit wird auch von den Erkenntnissen der Verhaltensökonomie unterstützt, wonach die meisten Menschen von einem Erlebnis die krasseste Ausprägung und den letzten Eindruck einer Episode in Erinnerung behalten.
Dies scheint jetzt auch für Börsianer gegolten zu haben. Auch wenn der DAX während der vergangenen Wochen ohnehin niemanden in echte Euphorie versetzen konnte - acht neue Allzeithochs in Folge waren am gestrigen Dienstag dann selbst eingefleischten Optimisten offenbar zu viel des Guten. Und so wundert es auch nicht, dass eine Korrektur von gerade einmal 1,5 Prozent von vielen als ausgesprochen heftig wahrgenommen wurde. Das lag zum einen daran, dass sich der Trend des DAX in den beiden Wochen bis gestern zwar stetig, aber eben auch nur Stück für Stück nach oben geschraubt hatte, so dass selbst eine Gegenbewegung durchschnittlicher Größenordnung in diesem Kontext als relativ deutlicher Weckruf verstanden wurde.
Zum anderen hat sich aber auch das Sentiment der institutionellen Marktteilnehmer dramatisch verändert. Konnten wir bei unserer vergangenen Stimmungserhebung noch einen leichten Optimismus feststellen, hat sich unter diesen mittelfristig orientierten Marktteilnehmern plötzlich ein Pessimismus breitgemacht, der sich am heutigen Mittwoch in einem Börse Frankfurt Sentiment-Index von -18 niedergeschlagen hat. Dies entspricht einem Minus von 30 Punkten und einer Verringerung des Bullenlagers von fast einem Fünftel aller Befragten auf gerade einmal 26 Prozent, von denen sich per Saldo mehr als die Hälfte nicht nur mit Gewinnmitnahmen zufrieden geben wollten, sondern sich auch noch auf die Seite der Bären schlugen.
Man muss schon sehr weit in unseren Annalen zurückgehen, um einen derartigen Exodus von Optimisten zu finden - bis zum 2. Juni 2010. Allerdings ist die Situation dieses Mal eine andere als damals, zumal der heutige Stimmungswechsel weniger negativen ökonomischen Aussichten oder schlechten Fundamentaldaten geschuldet sein dürfte. Zumal es ja nichts Verlockenderes für einen Investor gibt, als am Allzeithoch zu verkaufen.
aber Privatanleger bleiben noch ein bisschen
Während sich der Optimismus der institutionellen Akteure auf dem niedrigsten Stand seit Ende 2012 befindet, hat sich die Stimmung der Privatanleger gegenüber der Vorwoche nur unwesentlich verändert. Offenbar sehen diese Investoren die Welt völlig anders als ihre institutionellen Pendants, denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index befindet sich hier mit 0 nach +2 Punkten in der Vorwoche auf der neutralen Linie.
Die jüngste, stark unterschiedliche Entwicklung der Stimmung institutioneller und privater Investoren dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit durch eine unterschiedliche Motivationslage begründet sein. Während Fondsmanager und Vermögensverwalter sicherlich danach streben, nicht nur den Aufwärtstrend einfach abzubilden, sondern durch aktives Management auch dessen Korrekturen rechtzeitig zu erkennen, um so möglicherweise die Performance des DAX zu schlagen, genügt es den meisten Privatanlegern, gegenüber anderen Anlageklassen eine ansprechende Rendite zu erzielen.
Für die weitere Entwicklung des DAX ist das heutige Stimmungsbild insgesamt jedoch nicht von Nachteil. Denn diejenigen, die sich zuletzt von Aktien getrennt haben, tun dies natürlich in der Hoffnung, auf niedrigerem Niveau wieder günstiger einsteigen zu können. Dies ist dem DAX eine Stütze, vorausgesetzt, dass ausländisches Kapital, von dem das Börsenbarometer während der vergangenen Monate so stark profitiert hat, in der Zwischenzeit nicht abgezogen wird.
von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de© 4. März 2015
[1] Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse (XETRA:DB1Gn) AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.