FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 11. März 2015. Die Profis weigern sich, Verluste zu realisieren, die privaten Anleger nehmen Gewinne mit. Das bedeutet Stütze nach unten, aber echte Gefahr nach oben.
Unentwegt setzt der DAX seinen Aufwärtstrend fort. Während etwa am gestrigen Handelstag in den USA die Aktienmärkte deutlich nachgaben, markiert das deutsche Börsenbarometer mit Werten von mehr als 11.700 Zählern just in diesem Moment, während dieser Bericht entsteht, ein neues Allzeithoch. Damit beläuft sich der Kursgewinn des DAX seit Jahresbeginn auf mehr als 22 und allein gegenüber der Vorwoche auf 2,65 Prozent. Dennoch halten die institutionellen Investoren trotz dieses neuerlichen Anstiegs - es handelt sich um den vierten Wochengewinn hintereinander - eisern an ihren Engagements fest. Und so haben sich seit vergangenem Mittwoch Stimmungsveränderungen vornehmlich bei den vormals neutral gestimmten Investoren ergeben. Denn diese Gruppe hat ein Drittel ihrer Anhänger verloren, von dem sich eine leichte Mehrheit in Richtung Bärenlager bewegte. Dort halten sich mittlerweile 50 Prozent aller Befragten auf - einen derart hohen Anteil hatten wir zuletzt am 26. September 2012 beobachten können.
Obgleich sich während des Berichtszeitraums weder eine dramatische Wende in den großen globalen Volkswirtschaften noch eine Änderung in der Geldpolitik der Notenbanken ereignet hat, erweist sich der Pessimismus, der sich gegenüber der Vorwoche noch einmal auf einen Börse Frankfurt Sentiment-Index von nunmehr -20 nach -18 Punkten in der Vorwoche erhöht hat, als ausgesprochen robust und hartgesotten.
Sicherlich ist diese Haltung zumindest teilweise der Befürchtung geschuldet, die US-Notenbank könnte in der kommenden Woche einen Hinweis darauf geben, die Zeiten ultraniedriger Zinsen spätestens im Juni dieses Jahres beenden zu wollen. Auch mögen die durch den gestiegenen US-Dollar gedämpften Gewinnaussichten von US-Firmen zu dieser Skepsis beigetragen haben. Andererseits sorgt natürlich die Aversion, die seit vorvergangener Woche entstandenen Buchverluste (bzw. entgangenen Gewinne) zu realisieren, dafür, dass die Mehrheit der Investoren - ungeachtet etwaiger Neuigkeiten und immer noch in Hoffnung auf eine kräftige Abwärtskorrektur - geradezu stoisch an ihren bearishen Engagements festhält.
Privatanleger machen Kasse
Aber auch bei den Privatanlegern haben die Pessimisten nun das Ruder übernommen. Interessanterweise rekrutiert sich der Zuwachs der Bären fast ausschließlich aus ehemaligen Optimisten, die nicht nur ihre Gewinne mitgenommen, sondern ihre Meinung um 180 Grad gedreht haben. Im Gegensatz zu ihren institutionellen Pendants haben einige private Investoren wesentlich mehr vom bisherigen Aufwärtstrend des DAX profitiert und können sich teilweise über beachtliche Gewinne freuen. Der Börse Frankfurt Sentiment-Index ist allerdings mit der heutigen Erhebung auf einen Wert von -11 nach 0 Punkten in der Vorwoche gefallen.
Mit der heutigen Erhebung wartet nun die Mehrheit der von uns befragten Anleger auf eine deutliche DAX-Korrektur. Da sich ein Teil der Akteure allerdings bereits vor mehr als 14 Tagen eindeutig für fallende Kurse positioniert hat, müsste eine derartige Abwärtsbewegung heftig ausfallen und mindestens in den Bereich von 11.000 DAX-Zählern führen, damit diese Engagements ohne Verlust wieder glattgestellt werden können. Spätestens dort, wahrscheinlich aber früher, müsste das Börsenbarometer also gut unterstützt sein. Die größere Gefahr besteht allerdings wieder einmal an der Oberseite, wenn diejenigen, die sich dem Aufwärtstrend des DAX derzeit beharrlich entgegenstellen, schließlich doch die Notbremse ziehen, in deren Folge eine veritable Short-Squeeze eintreten könnte. Weiteres Ungemach droht dem DAX aus dem Ausland, falls die dortigen Händler angesichts des immer weiter fallenden Kurses des Euro sich dazu entschließen sollten, europäischen Aktien den Rücken zu kehren.
von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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© 11. März 2015
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse (XETRA:DB1Gn) AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.