FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 20. Mai 2015. Private und profesionelle Anleger nähern sich aus unterschiedlicher Richtung einander an, was Druck aus dem Markt nehmen sollte.
Auch wenn der DAX seit der vergangenen Stimmungserhebung um 2,9 Prozent zulegen konnte, sagt dieser beachtliche Anstieg wenig über die Leidensfähigkeit bullish orientierter institutioneller Investoren während dieses Zeitraums aus. Denn immerhin fast die Hälfte der Teilnehmer unseres Panels befand sich zuletzt auf der Seite der Optimisten und musste während der vergangenen fünf Handelstage abermals zunächst einen deutlichen Rückschlag hinnehmen. Dennoch haben die jüngsten Kursgewinne trotz vorangegangener Leidenszeit interessanterweise unterm Strich nicht zu Gewinnmitnahmen geführt. Dass der Börse Frankfurt Sentiment-Index dennoch auf einen Wert von +20 Punkte zurückgefallen ist nach +25 Punkte in der Vorwoche, verdankt sich neuen bearishen Engagements vormals neutral eingestellter Akteure.
Es ließe sich gewiss trefflich darüber spekulieren, warum sich ausgerechnet nach dem jüngsten Ausbruch der Kurse nach oben neue pessimistische Börsianer eingefunden haben. Zumal diese deutliche DAX-Erholung in erster Linie auch noch dem EZB-Ratsmitglied Benoît Curé zugeschrieben wurde, nachdem dieser in einer Rede angekündigt hatte, die Europäische Zentralbank werde einen Teil ihrer Anleihekäufe von den Sommermonaten auf den Mai und Juni vorziehen. Obgleich Curé auf die jüngsten Kursverluste am Anleihemarkt verwies und die EZB mit diesem Schritt offenbar Turbulenzen abzumildern versucht, hat sich am Gesamtvolumen der Anleihekäufe über die Monate Mai bis September nichts geändert, und Derartiges scheint bislang auch gar nicht beabsichtigt zu sein. Dennoch glauben wir nicht, dass sich die neuen Pessimisten bei ihren jüngsten Transaktionen von derlei Gedanken haben leiten lassen. Vielmehr dürfte die jüngste relative Stärke des DAX, der mit Ständen oberhalb von 11.870 Zählern den höchsten Stand seit drei Wochen markierte, eine nicht ganz unwesentliche Rolle gespielt haben.
Skeptische Privatanleger streichen die Segel
Bei den Privatanlegern zeichnet sich im Gegensatz zu den institutionellen Pendants eine ganz andere Entwicklung ab. Möglicherweise hat der neuerliche Rücksetzer des Börsenbarometers während des Berichtszeitraums Pessimisten zum Einstieg bewegt. Immerhin kauften 8 Prozent aller Befragten ihre bearishen Engagements zurück. Und weil sich die Hälfte dieser Anleger sogar sogleich noch auf die Bullenseite geschlagen hat, konnte unser Börse Frankfurt Sentiment-Index deutlich zulegen und einen Wert von +17 Punkten nach +5 Punkten in der Vorwoche erreichen.
Damit sind sich institutionelle und private Investoren in Sachen Marktstimmung wieder etwas näher gekommen. Dennoch ist der derzeitige Optimismus beider Panels nicht so hoch, dass er dem DAX nachhaltig gefährlich werden dürfte. Denn gerade der Umstand, dass institutionelle Anleger auf den jüngsten DAX-Anstieg nur verhalten mit Gewinnmitnahmen reagieren, lässt vermuten, dass ihre bullishen Positionen nicht allzu groß sein dürften.
Zudem zeigt die jüngste BofA Merrill Lynch Fondsmanager-Umfrage, dass das internationale Interesse an europäischen Aktien zwar nicht mehr so groß wie im März dieses Jahres ist, aber netto immer noch 33 Prozent der Befragten europäische Aktien in den kommenden zwölf Monaten übergewichten möchten. Per Saldo haben sich damit die Belastungsfaktoren für den DAX verringert, zumal die derzeitigen Optimisten, wie bereits in der Vorwoche erwähnt, mindestens neue Allzeithochs sehen möchten - wofür sich die Chancen leicht verbessert haben.
von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
© 20. Mai 2015
[1] Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse (XETRA:DB1Gn) AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.