FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 13. Januar 2016. Vergleichsweise wenig Anleger haben die Kursverluste aus ihrer Optimismusecke vertrieben - was den Markt belastet.
Seit unserer vergangenen Stimmungserhebung hat sich der DAX im Verlauf immerhin um rund 4 Prozent abgeschwächt, bevor er sich seit gestern wieder soweit erholen konnte. Im Wochenvergleich ist in der Punktbetrachtung gerade einmal ein Verlust von 1,2 Prozent übrig geblieben.
Die Gründe für den ausgesprochen schwachen Jahresauftakt der Aktienmärkte sind hinlänglich bekannt und wurden zu großen Teilen den Verwerfungen an den chinesischen Aktienmärkten, aber auch den belastenden Stürzen der Rohstoffpreise zugeschrieben.
Obwohl sich seit vergangenem Mittwoch praktisch keine Möglichkeit ergab, zu besseren Kursen als dem von uns ermittelten Erhebungswert von 10.220 Punkten Aktien zu verkaufen, hat sich der Optimismus bei den mittelfristig orientierten institutionellen Marktteilnehmern deutlich abgeschwächt. Notierten wir noch vor Wochenfrist einen Sentiment-Index von +49 Punkten, hat sich dieser Wert auf einen Stand von +37 Punkte zurückgebildet, ein Niveau, das wir zuletzt Ende November 2015 festgestellt hatten.
Mit anderen Worten: Mancherorts wurde, allerdings in überschaubarem Umfang, die Notbremse gezogen, wobei zwei Drittel der abgewanderten Optimisten sich zunächst an die Seitenlinie begeben haben - der Rest geht von nun an sogar von erneut fallenden Kursen aus.
Während sich bei den institutionellen Marktteilnehmern der Optimismus immer noch deutlich über dem Mittelwert des zweiten Halbjahres 2015 liegt, ist die gute Stimmung bei den Privatanlegern erheblich stärker zurückgegangen. Bereits vor einer Woche hatten sich etliche dieser Akteure von ihren bullishen Ambitionen verabschiedet. Bei der heutigen Befragung notieren wir einen Börse Frankfurt Sentiment-Index von +14 Punkten nach zuletzt +27 Punkten.
Gemessen am Halbjahresmittel per Ende 2015 ist dies ein Wert, bei dem man nun sogar ohne weiteres von einem relativen Pessimismus sprechen könnte. Dies zeigt sich auch am starken Zuwachs des Bärenlagers, das sich um 10 Prozent aller Befragten erhöht und damit ein Niveau erreicht hat, das wir zuletzt im vergangenen Juli ermitteln konnten. Interessant ist dabei eine größere Wanderbewegung, die sich zu Jahresbeginn zunächst von den Optimisten in Richtung der neutral gestimmten Akteure ereignete und schließlich nach einer Woche des Abwartens zu einem großen Teil bei den Pessimisten landete.
Privatanleger eilen voran
Als Fazit lässt sich feststellen, dass die große Stimmungskluft zwischen den institutionellen und den privaten Anlegern in beinahe vollem Umfange bestehen bleibt. Mit anderen Worten: Gegenüber der vergangenen Erhebung hat sich der Optimismus dieser beiden Gruppen gleichermaßen zurückgebildet.
Damit erhalten wir ein weiteres Indiz, dass die zu Jahresanfang anscheinend so unterschiedliche Bewertung der derzeitigen Situation des DAX in erster Linie daher rührte, dass es für die institutionellen Investoren eine deutliche Bindung an den Jahresschlusskurs 2015 bei rund 10.700 Zählern zu geben scheint - ein Referenzkurs, der für Privatanleger, die bei ihrer Performance keinen Bilanzstichtag kennen, normalerweise keine Relevanz besitzt. So gesehen haben die Privatanleger während der vergangenen Tage flexibler reagieren können, während sich zumindest ein großer Teil der Institutionellen mental immer noch im Verlustbereich befinden muss. Dabei hat selbst der Abtaucher des DAX auf knapp 9.800 Zähler in der vergangenen Berichtswoche erwartungsgemäß wenig geändert; es ist nicht zu einer großen Welle von Panikverkäufen gekommen.
Trotz des nunmehr zurückgegangenen Optimismus der von uns befragten Akteure bleibt die Situation für den DAX belastend. Denn im Durchschnitt sind 55 Prozent aller Marktteilnehmer immer noch bullish, weswegen im Falle einer erneuten Verkaufswelle gute Nachfrage aus heimischen Quellen nur in beschränktem Umfange zur Verfügung stehen dürfte. Es sind auch die heimischen Börsianer, die dem Börsenbarometer aus heutiger Sicht spätestens bei einem Anstieg um etwa 5 Prozent prompt einen Deckel verpassen dürften.
von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de© 13. Januar 2016.
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