FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Trotz der recht hohen Kursstände wechseln einige Profis von bullish auf bearish, während Private verharren. Keine schlechte, aber auch keine gute Ausgangslage für weitere Gewinne, glaubt Goldberg.
14. Juni 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Man konnte das Zähneknirschen manches bearishen Strategen in den USA förmlich hören, als der dortige breitgestreute S&P 500 Aktienindex am vergangenen Donnerstag auf Basis Schlusskurs gerechnet die ominöse Marke von 20 Prozent überschritten hatte. Dies war zu jenem Zeitpunkt der Zugewinn, den der Index seit vergangenem Oktober für sich verbuchen konnte und der per landläufiger Definition den Beginn eines neuen Bullenmarktes markiert.
Indes: Wie die jüngste, gestern publizierte Umfrage der Bank of America (NYSE:BAC) ergab, sind die internationalen Fondsmanager offenbar immer noch global in Aktien untergewichtet, sogar deutlicher als im Vormonat. Immerhin hat sich an der leichten Übergewichtung in Aktien der Eurozone gegenüber der Mai-Umfrage kaum etwas geändert. Hierzulande konnte der DAX seit unserer vergangenen Stimmungserhebung ebenfalls wieder zulegen und zeitigt stichtagsbezogen einen Zugewinn von 2 Prozent, wobei das Allzeithoch zum Erhebungszeitpunkt nicht mehr allzu weit entfernt ist.
Nicht wirklich risikoavers
Die heutige Umfrage unter hiesigen institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont lag naturgemäß wieder einmal vor der heutigen Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (FOMC) und der morgigen Zusammenkunft der EZB. Immerhin scheinen die Auspizien für heute relativ klar, denn die Teilnehmer an den Finanzmärkten gehen fast allesamt davon aus, dass die Fed zum Ende der Sitzung heute Abend (MESZ) den Leitzins unverändert belassen wird.
Dennoch hat sich die Stimmung verschlechtert, denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist gegenüber der Vorwoche wieder um 8 Punkte auf einen neuen Stand von -15 gefallen. Nicht zuletzt, weil einige der Optimisten aus der Vorwoche ihre Gewinne realisiert haben. Die Gruppe der Bullen ist jedenfalls um fünf Prozentpunkte gefallen, wobei etwas mehr als die Hälfte der ehemaligen Optimisten seine Position um 180 Grad direkt auf bearish gedreht hat. Dabei dürften nicht einmal so sehr fundamentale Gesichtspunkte, sondern auch das praktisch vor der Nase stehende Allzeithoch des DAX ein wichtiges Verkaufsmotiv gewesen sein.
Bei den Privatanlegern hat sich indes die Stimmung zum dritten Mal hintereinander leicht verbessert, aber nur um 2 Punkte, so dass unser Börse Frankfurt Sentiment-Index in diesem Panel mit dem neuen Stand von -8 immer noch leicht negativ aussieht. Tatsächlich hat eine ganz kleine Gruppe von vormals bearish eingestellten Investoren aufgegeben und sich an die Seitenlinie begeben.
Auf langfristige Kapitalströme angewiesen
Mit der heutigen Befragung hat sich wieder eine Stimmungskluft zwischen privaten und institutionellen Investoren aufgetan. Gerade bei Letzteren dürfte der Stimmungswechsel - beflügelt durch die jüngsten Gewinne - allerdings eher kurzfristiger Natur sein. So ist davon auszugehen, dass die jüngsten bearishen Positionen bereits im Falle eines Rücksetzers in Richtung 15.875/925 wieder eingedeckt werden. Allerdings dürfte diese Nachfrage einer stärkeren Verkaufswelle wahrscheinlich nicht standhalten.
In der Betrachtung auf drei und sechs Monate relativiert sich der heutige Pessimismus der institutionellen Investoren ohnehin, so dass der heutige Börse Frankfurt Sentiment-Indexstand von -15 weitgehend verschwindet. Damit ist die Marktstimmung eigentlich immer noch als neutral einzustufen, wobei sich die Situation für den DAX gegenüber der Vorwoche minimal verbessert hat. Vielleicht sorgt eine DAX-Entwicklung deutlich über das bisherige Allzeithoch hinaus als Magnet für langfristige Kapitalströme. Die Stimmung bei den heimischen Investoren ist jedenfalls nicht negativ genug, um dem Aufwärtstrend des DAX zusätzliches Feuer zu verleihen
14. Juni 2023, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.