Frankfurt (Reuters) - Aus Furcht vor einer Eskalation des Handelsstreits ziehen sich Anleger aus den Aktienmärkten zurück.
Da keine wichtigen Konjunkturdaten auf dem Terminplan stünden, bliebe Investoren nichts anderes übrig, als sich mit dem unerfreulichen Zollkonflikt zu beschäftigen, sagte Analyst Connor Campbell vom Brokerhaus Spreadex.
Der Dax verlor 0,7 Prozent und schloss mit 11.995,25 Punkten erstmals seit gut fünf Monaten unter der psychologisch wichtigen 12.000er Marke. Der EuroStoxx50 büßte 0,5 Prozent auf 3297,50 Zähler ein. An der Wall Street standen vor allem die Technologiewerte unter erneutem Verkaufsdruck. Der Nasdaq-Index gab ein Prozent nach. Mit Kursverlusten von bis zu 3,9 Prozent gehörten Facebook (NASDAQ:FB) und Twitter zu den größten Verlierern. Das US-Justizministerium will darüber beraten, ob Online-Netzwerke "willentlich den freien Meinungsaustausch beeinträchtigen". Am Mittwoch mussten Manager beider Firmen dem Kongress wegen ihrer Rolle bei der mutmaßlichen Beeinflussung der US-Präsidentschaftswahlen durch Russland Rede und Antwort stehen.
Ihr Hauptaugenmerk richteten Börsianer auf die Verhandlungen zwischen den USA und Kanada über einen Nachfolger für das Nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta. Selbst eine Einigung dort sei kein Garant dafür, dass US-Präsident Donald Trump keine neuen Strafzölle gegen China und die EU verhängt, warnten Experten. Die rekordhohen US-Handelsdefizite mit China und der EU könnten ihm als Begründung hierfür dienen.
SCHWELLENLÄNDER UND ITALIEN IM FOKUS
Kopfschmerzen bereiteten Investoren außerdem die Probleme mehrerer Schwellenländer. "Der Verfall der Landeswährungen führt zu höheren Finanzierungskosten der Unternehmen, was sich in deren Bilanzen und damit Aktienkursen nieder- und damit auf die gesamte Wirtschaft des Landes durchschlägt", sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. Am Donnerstag fiel die indische Valuta den siebten Tag in Folge auf ein Rekordtief. Der Dollar verteuerte sich im Gegenzug auf bis zu 72,095 Rupien.
Einen Lichtblick bot das Bekenntnis der Regierung in Rom, 2019 bei der Neuverschuldung die EU-Vorgaben einzuhalten. Italienische Staatsanleihen blieben gefragt, wodurch die Rendite der zehnjährigen Titel auf bis zu 2,839 von 2,947 Prozent zurückging. "Das Thema ist damit aber noch nicht vom Tisch", warnte Anlagestratege Sebastian Fellechner von der DZ Bank. Die Regierung könne unter Berufung auf außergewöhnliche Umstände die Ausgaben jederzeit erhöhen.
COMMERZBANK MUSS WIRECARD WEICHEN - SAFRAN AUF REKORDHOCH
Bei den Aktienwerten stand die Commerzbank (DE:CBKG) im Rampenlicht. Das Dax-Gründungsmitglied steigt zum 24. September aus der ersten deutschen Börsenliga ab. Das traditionsreiche Geldhaus muss seinen Platz für den Online-Zahlungsabwickler Wirecard (DE:WDIG) räumen. Dessen Aktien stiegen um 1,3 Prozent, Commerzbank-Titel gaben 2,3 Prozent nach.
In London legten die Titel der beiden Versorger Centrica und Melrose bis zu 4,9 Prozent zu. Die britische Regulierungsbehörde Ofgem kündigte Obergrenzen für Energiepreise an, um die Haushalte des Vereinigten Königreichs um umgerechnet 1,1 Milliarden Euro zu entlasten. "Eine Preis-Obergrenze ist zwar kaum ein Grund zur Freude", sagte Aktienmarktexperte Russ Mould vom Brokerhaus AJ Bell. Allerdings endeten die Spekulationen um deren Höhe, die die Aktien der Versorger in den vergangenen Jahren belastet hätten.
An der Wall Street gewannen die Papiere von Tesla (NASDAQ:TSLA) 1,4 Prozent. Dem Branchendienst InsideEVs zufolge war das Modell 3 des Elektroautobauers mit einem Absatz von 17.800 Einheiten der Bestseller im vergangenen Monat. Auf Platz zwei und drei der am meisten verkauften Elektroautos in den USA rangierten die Tesla-Modelle S und X.