Frankfurt (Reuters) - Trübe Aussichten für die Konjunktur in Europa haben die Anleger am Freitag verstimmt.
Am Devisenmarkt wertete der Euro um bis zu 0,6 Prozent auf ein Wochentief von 1,1333 Dollar ab. Anleger traten den Rückzug an, weil sich bestätigte, dass die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal erstmals seit dreieinhalb Jahren geschrumpft ist. Viele Experten gehen nun davon aus, dass der Höhepunkt des Aufschwungs vorbei ist.
An den europäischen Aktienmärkten konnten Dax und EuroStoxx anfängliche Kursgewinne nicht halten. Der deutsche Leitindex notierte am Nachmittag mit 11.135 Punkten leicht im Minus, sein europäisches Pendant gab auf 3124 Zähler nach. Nach der Pause zu Thanksgiving dürfte die Weltleitbörse in New York am Freitag schwächer in den verkürzten Handelstag starten.
Fallende Ölpreise machten Händlern zufolge Energiewerten zu schaffen, zudem wirft das Treffen von US-Präsident Donald Trump und seinem chinesischen Kollegen Xi Jinping auf dem G20-Gipfel Ende November seine Schatten voraus. Eine umfassende Lösung für den Zollstreit sei im Rahmen des Gipfels unrealistisch, sagte Robert Greil, Chef-Anlagestratege der Privatbank Merck (DE:MRCG) Finck.
EURO-WACHSTUM UND BREXIT BEREITEN BAUCHSCHMERZEN
Anleger sorgen sich, dass der Handelsstreit der beiden Großmächte das weltweite Wirtschaftswachstum bremsen könnte. Darauf deuteten auch neue Konjunkturdaten hin: So wuchs die Privatwirtschaft in der Euro-Zone im November so langsam wie seit fast vier Jahren nicht mehr. Der Einkaufsmanager-Index für Industrie und Dienstleister fiel um 0,7 Punkte auf 52,4 Zähler. "Die Wirtschaft in der Euro-Zone hat sich in den letzten Monaten deutlich abgekühlt", so Commerzbank-Devisenexpertin Thu Lan Nguyen. "Wenn dies nicht nur ein kurzes Intermezzo ist, könnte die Europäische Zentralbank gezwungen sein, an einer expansiven Geldpolitik festzuhalten."
Auch die Sorgen rund um den EU-Ausstieg der Briten und der Haushaltsstreit mit Italien bereiteten Investoren weiterhin Bauchschmerzen. Bei einem Sondergipfel am Sonntag wollen die EU-Staats- und Regierungschefs die Scheidungsvereinbarung mit dem Vereinigten Königreich und eine politische Erklärung zur Zusammenarbeit nach dem Brexit unterzeichnen. Die Unterhändler der EU-Staaten haben Diplomaten zufolge im Gibraltar-Streit aber noch keine Einigung erzielt.
Investoren drückten beim Anlagenbauer Gea auf die Verkaufsknöpfe, nachdem das Unternehmen sich pessimistischer zu 2019 äußerte. Die im Nebenwerte-Index MDax notierten Aktien rauschten um bis zu 15 Prozent auf den tiefsten Stand seit mehr als sechs Jahren. "Die Probleme scheinen tiefgreifender zu sein, als wir bisher unterstellt haben", erläuterte Sven Diermeier vom Analysehaus Independent Research.
Aktien von Fluggesellschaften waren angesichts der weiter fallenden Ölpreise und damit geringeren Kerosinkosten bei Anlegern gefragt. Lufthansa-Titel lagen mit 2,4 Prozent an der Dax-Spitze. Easyjet (LON:EZJ), Air France (PA:AIRF) KLM und IAG legten bis zu 1,8 Prozent zu. Der Preis für ein Fass der Ölsorte Brent aus der Nordsee fiel um bis zu 4,3 Prozent auf 59,92 Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit mehr als einem Jahr.
Überflieger an der Börse in London waren die Aktien der Billig-Airline Flybe mit einem Kurssprung von 53 Prozent. Die britische Fluggesellschaft Virgin Atlantic Airways ist an dem Konkurrenten interessiert.