- von Andreas Kröner
Frankfurt (Reuters) - 13 Jahre nach dem Ende des Neuen Marktes erwägt die Deutsche Börse ein neues Segment für junge und schnell wachsende Firmen.
Der Börsenbetreiber will jedoch verhindern, dass wie beim Neuen Markt halbfertige Firmen an den Aktienmarkt gehen - und sich dort nicht gut entwickeln. "Nur ein neues Segment zu eröffnen, ist nicht die Lösung", sagte Deutsche-Börse-Vorstand Hauke Stars am Dienstag in Frankfurt. "Es ist wichtig, ein Ökosystem darum herum zu bauen." Deutschlands größter Börsenbetreiber hat deshalb vor gut einem Jahr eine Plattform gestartet, auf der sich Jungunternehmer und Investoren beschnuppern können. Bald will der Konzern Startups mit Kapitalbedarf zudem gezielt an die Geldgeber vermitteln, die auf der Plattform Interesse an Investitionen in entsprechende Firmen und Branchen signalisiert haben.
Ob in einem dritten Schritt ein eigenes Börsensegment für Wachstumsunternehmen geschaffen wird, prüfen die Frankfurter laut Stars aktuell. Entscheidungen seien allerdings noch nicht gefallen. Insidern zufolge lotet das Unternehmen derzeit mit Fragebögen aus, ob Investoren und andere Marktteilnehmer Interesse an einem solchen Wachstumssegment haben. Eine Entscheidung sei noch in diesem Jahr denkbar, sagte ein Insider. Bei positiven Reaktionen könne das Börsensegment 2017 an den Start gehen. In einem weiteren Schritt wäre es dann auch eine Option, einen Index für Wachstumsunternehmen aufzulegen, wie Stars erklärte. "Auch das schauen wir uns an."
Die Deutsche Börse geht Schritt für Schritt vor, weil sie eine Berg- und Talfahrt von Aktien wie am Neuen Markt unbedingt verhindern will. Das Segment wurde 1997 inmitten des Technologie-Booms geschaffen, damit Startups rasch an Eigenkapital kamen. Bis 2000 schossen die Kurse vieler Internet- und IT-Firmen in die Höhe, nach dem Platzen der "Dotcom-Blase" stürzten sie dann ins Bodenlose. Viele Firmen gingen Pleite, zahlreiche Betrugsfälle landeten vor Gericht. 2003 stellte die Deutsche Börse das Segment ein.
Forderungen von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), ein Börsensegment 2.0 zu schaffen, wies der Konzern deshalb 2014 noch zurück. Stattdessen startete er die vorbörsliche Plattform "Venture Network", auf der sich mittlerweile knapp 200 internationale Investoren und gut 100 Wachstumsfirmen aus Deutschland und Europa tummeln. Zudem gibt es Schulungen und Kapitalmarkttrainings für Startups, um diese auf mögliche Börsengänge vorzubereiten. Eine bei "Venture Network" vertretene Firma könne noch in diesem Jahr an die Börse gehen, sagte Stars, im nächsten Jahr seien mehrere Marktdebüts zu erwarten. Die Zahl von Kandidaten für ein neues Wachstumssegment nimmt also zu.