Definition, Berechnung und Anwendung der Sharpe Ratio
Investing.com - Als Aktionär oder Börsianer müssen Sie verschiedene Kennzahlen und Analyseinstrumente kennen, um fundierte Anlageentscheidungen treffen zu können. Eine dieser Kennzahlen ist die Sharpe Ratio, die von vielen Börsenexperten als eine der wichtigsten Kennzahlen im Bereich der Aktienanalyse angesehen wird. In diesem Artikel werden wir die Definition, Berechnung und Anwendung der Sharpe Ratio genauer unter die Lupe nehmen und Ihnen zeigen, wie Sie sie für Ihre Geldanlage nutzen können.
Was ist die Sharpe Ratio?
Die Sharpe Ratio wurde in den 1960er Jahren von dem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler William F. Sharpe entwickelt. Es handelt sich dabei um eine Kennzahl, die das Verhältnis zwischen der Rendite einer Anlage und dem damit verbundenen Risiko misst. Im Wesentlichen zeigt die Sharpe Ratio, wie viel Rendite ein Anleger für jedes eingegangene Risiko erzielt hat.
Wie wird die Sharpe Ratio berechnet?
Die Berechnung der Sharpe Ratio ist relativ simple. Sie wird durch Subtrahieren des risikofreien Zinssatzes von der durchschnittlichen Rendite der Anlage geteilt durch die Standardabweichung der Rendite der Anlage durchgeführt. Formal ausgedrückt lautet die Formel für die Sharpe Ratio:
Sharpe Ratio = (Rendite der Anlage - Risikofreier Zinssatz) / Standardabweichung der Rendite der Anlage
Die Standardabweichung ist ein Maß für die Volatilität der Renditen einer Anlage. Je höher die Standardabweichung, desto volatiler sind die Renditen und desto höher ist das damit einhergehende Risiko.
Wie wird die Sharpe Ratio interpretiert?
Eine höhere Sharpe Ratio bedeutet, dass ein Anleger eine höhere Rendite für jedes eingegangene Risiko erzielt hat. Eine Sharpe Ratio von 1 oder höher gilt im Allgemeinen als gut, während eine Sharpe Ratio unter 1 als negativ gewertet wird.
Wie kann die Sharpe Ratio in der Praxis angewendet werden?
Die Sharpe Ratio kann auf verschiedene Arten zum Einsatz kommen. Eine der häufigsten Anwendungen ist die Bewertung von Investmentfonds oder anderen Anlageinstrumenten. Indem Anleger die Sharpe Ratio eines Fonds berechnen, können sie dessen Rendite im Verhältnis zum damit einhergehenden Risiko bewerten.
Die Sharpe Ratio kann auch verwendet werden, um verschiedene Anlagestrategien zu vergleichen. Wenn ein Anleger beispielsweise zwischen zwei Investmentfonds mit ähnlichen Renditen wählen muss, kann die Sharpe Ratio eine nützliche Kennzahl sein, um das damit verbundene Risiko zu vergleichen.
Beispiel zum Einsatz der Sharpe Ratio
Ein Investor investiert in einen Aktienfonds und erwartet eine jährliche Rendite von 8 Prozent. Der risikofreie Zinssatz beträgt derzeit 1 Prozent. Die Standardabweichung des Fonds beträgt 12 Prozent.
Um die Sharpe Ratio des Fonds zu berechnen, ziehen wir den risikofreien Zinssatz von der erwarteten Rendite ab und teilen das Ergebnis durch die Standardabweichung. In diesem Fall ergibt sich eine Sharpe Ratio von 0,583.
Interpretation der Sharpe Ratio von 0,583
Eine Sharpe Ratio von 0,583 zeigt, dass die Rendite des Fonds nur geringfügig höher ist als der risikofreie Zinssatz, aber das Risiko des Fonds (gemessen an der Standardabweichung) relativ hoch ist. Die Sharpe Ratio von weniger als 1 weist darauf hin, dass die Rendite des Fonds möglicherweise nicht ausreicht, um das höhere Risiko im Vergleich zu einer risikofreien Anlage auszugleichen.
Wenn die Sharpe Ratio des Fonds höher als 1 wäre, würde dies bedeuten, dass die erwartete Rendite des Fonds das höhere Risiko des Fonds kompensiert und dass die Anlage im Vergleich zu einer risikofreien Anlage rentabler ist.
Risiken und Nachteile der Sharpe Ratio
Trotz der Nützlichkeit der Sharpe Ratio gibt es auch einige Risiken und Nachteile, die beim Einsatz dieser Kennzahl beachtet werden sollten.
- Abhängigkeit von der Datenhistorie: Die Sharpe Ratio basiert auf historischen Daten und kann daher nicht vorhersehen, wie sich die Anlage in der Zukunft entwickeln wird. Wenn sich die Marktbedingungen ändern, kann sich auch die Sharpe Ratio verändern.
- Keine Berücksichtigung von Ausreißern: Die Sharpe Ratio berücksichtigt nicht, wie stark ein Portfolio durch Ausreißer beeinflusst wird. Einzelereignisse können die Performance des Portfolios stark beeinflussen und zu einer Verzerrung der Sharpe Ratio führen.
- Berücksichtigung von Risiken: Die Sharpe Ratio berücksichtigt das Risiko einer Anlage, indem sie die Rendite durch die Volatilität teilt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Risiken einer Anlage erfasst werden. Es gibt viele Arten von Risiken, die nicht durch die Volatilität erfasst werden können, wie z.B. geopolitische Risiken oder Reputationsrisiken.
- Vergleichbarkeit: Die Sharpe Ratio kann verwendet werden, um verschiedene Anlagen zu vergleichen, aber sie ist möglicherweise nicht immer die beste Methode, um die Performance von Anlagen in verschiedenen Anlageklassen oder Branchen zu vergleichen. Jede Anlageklasse oder Branche hat ihre eigenen spezifischen Risiken und Volatilitäten, die nicht immer miteinander vergleichbar sind.
- Kein Indikator für absolute Rendite: Die Sharpe Ratio gibt keine Auskunft über die absolute Höhe der Rendite. Ein Portfolio mit einer niedrigen Sharpe Ratio kann immer noch eine hohe absolute Rendite erzielen, wenn es eine hohe Volatilität aufweist.
Unterschied zwischen Information Ratio vs. Sharpe Ratio
Sowohl die Information Ratio als auch die Sharpe Ratio sind Kennzahlen, die zur Bewertung der Performance von Geldanlagen herangezogen werden. Obgleich sie ähnliche Ziele haben, gibt es jedoch einige Unterschiede zwischen den beiden Kennzahlen.
Die Information Ratio misst lediglich die Fähigkeit eines Fondsmanagers, einen Marktindex zu übertreffen. Sie berechnet die Überrendite eines Fonds gegenüber einem Vergleichsindex und teilt sie durch die so genannte Tracking-Error-Volatilität. Eine höhere Information Ratio zeigt an, dass der Fondsmanager eine bessere Performance im Vergleich zum Index erzielt hat.
Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Kennzahlen besteht darin, dass die Sharpe Ratio das Verhältnis von Rendite und Risiko einer Anlage misst, während die Information Ratio nur die Überrendite gegenüber einem Index berücksichtigt.
Der Einsatz der Sharpe Ratio ist in der Regel sinnvoller, wenn die Anlage unabhängig von einem Vergleichsindex betrachtet wird, während die Information Ratio geeigneter ist, wenn das jeweilige Instrument mit einem Vergleichsindex verglichen werden soll.
Unterschied zwischen Sharpe Ratio vs. Sortino Ratio
Die Sortino Ratio ähnelt der Sharpe Ratio, misst jedoch nur die Abwärtsvolatilität einer Anlage und nicht die gesamte Volatilität. Die Abwärtsvolatilität misst das Risiko, dass eine Anlage in Phasen mit negativer Rendite Verluste erleidet. Eine höhere Sortino Ratio zeigt an, dass eine Anlage in Phasen mit negativer Rendite besser abschneidet als andere Anlagen.
Der Unterschied zwischen den beiden Kennzahlen besteht also darin, dass die Sharpe Ratio die gesamte Volatilität einer Anlage berücksichtigt, während die Sortino Ratio nur die Abwärtsvolatilität berücksichtigt.
Während die Sharpe Ratio für gewöhnlich besser geeignet ist, wenn es um das Gesamtrisiko einer Anlage geht, ist die Sortino Ratio besser geeignet, wenn das Verlustrisiko in Zeiten negativer Renditen im Vordergrund steht.
FAQ Sektion:
Was ist ein risikofreier Zinssatz?
Der risikofreie Zinssatz ist der Zinssatz, den ein Anleger erhalten würde, wenn er sein Geld in eine risikofreie Anlage wie zum Beispiel Staatsanleihen investiert. Der risikofreie Zinssatz dient als Referenzpunkt, um zu bewerten, ob eine Anlage ein höheres Risiko aufweist als eine risikofreie Anlage.
Wie wird die Sharpe Ratio interpretiert?
Eine Sharpe Ratio von 1 oder höher wird allgemein als gut angesehen, während eine Sharpe Ratio von weniger als 1 als schlecht angesehen wird. Eine Sharpe Ratio von 2 oder höher wird als sehr gut angesehen, während eine Sharpe Ratio von 3 oder höher als ausgezeichnet angesehen wird.
Ist die Sharpe Ratio das einzige Kriterium, das bei der Geldanlage berücksichtigt werden sollte?
Nein, die Sharpe Ratio ist nur eine von vielen Kennzahlen und Analysewerkzeugen, die bei der Geldanlage berücksichtigt werden sollten. Andere wichtige Kennzahlen sind beispielsweise die Volatilität, die Rendite auf das eingesetzte Kapital (Return on Investment, ROI) und der Beta-Faktor.
Fazit:
Die Sharpe Ratio ist eine nützliche Kennzahl für Aktionäre und Börsianer, um das Verhältnis zwischen Rendite und Risiko zu bewerten. Es ist wichtig zu beachten, dass die Sharpe Ratio nicht das einzige Kriterium ist, das bei Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden sollte. Andere Kennzahlen und Analysewerkzeuge sollten ebenfalls berücksichtigt werden, um fundierte Entscheidungen zu treffen.
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von Robert Zach
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