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Diesel-Krise und Kartellvorwürfe lasten auf Daimler

Veröffentlicht am 26.07.2017, 13:52
© Reuters. A concept car stands in a hall during the ground breaking ceremony for the second battery factory at Daimler subsidiary ACCUMOTIVE in Kamenz
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- von Ilona Wissenbach

Frankfurt (Reuters) - Die Kunden verunsichert, die Börse misstrauisch, kaum Gewinnzuwachs: Daimler (DE:DAIGn) hat mit Dieselgate und Kartellvorwürfen zu kämpfen.

"In der Tat macht die Autoindustrie derzeit Schlagzeilen - keine guten", räumte Vorstandschef Dieter Zetsche am Mittwoch ein. Doch zu Vorwürfen jahrzehntelanger illegaler Absprachen mit BMW (DE:BMWG) und Volkswagen (DE:VOWG), die Daimler "Spekulationen" nennt, wollte er sich nicht weiter äußern. Stattdessen hielt der Daimler-Chef anlässlich der Quartalsbilanz des Konzerns ein Plädoyer für den Diesel, während Großbritannien quasi zeitgleich ein Verbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren ab 2040 verkündete. Das Land ist der größte Exportmarkt von Mercedes-Benz.

Zu den Kartellvorwürfen sagte Zetsche, bislang habe die EU-Kommission kein Verfahren eröffnet. Das Wort Kartell nahm er dabei selbst nicht in den Mund. Ein Kommissionssprecher hatte am Wochenende erklärt, die Behörde prüfe den Verdacht illegaler Absprachen der drei deutschen Autokonzerne. Nach einem Bericht des "Spiegel" sollen sie sich seit den 90er Jahren in mehr als 60 Arbeitsgruppen zu Technik, Lieferanten und Märkte abgestimmt haben. Einem Insider zufolge beichtete Daimler noch vor VW die Absprachen gegenüber den Kartellbehörden, was im Falle eines Bußgeldes einen völligen Erlass für Daimler als Kronzeugen und einen Rabatt für VW als weiterem Geständigen bedeuten könnte. BMW dagegen könnte nicht mit Gnade rechnen.

Das Vertrauen der Münchner zu Daimler sei wegen der Selbstanzeige beschädigt, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" mit Verweis auf Industriekreise. Man befinde sich nun "mitten in einem Tsunami". Ein Insider bestätigte gegenüber Reuters, BMW fühle sich von Daimler hintergangen, das Vorgehen der Schwaben sei "menschlich abgründig". Die beiden Rivalen kooperieren im Einkauf, um Teile günstiger zu beschaffen, was rechtlich erlaubt ist. Die Zusammenarbeit solle nun zunächst ruhen, erklärte der Insider weiter. Zetsche erklärte hingegen, er habe weder persönlich mit BMW-Chef Harald Krüger darüber gesprochen noch Signale von anderen Ebenen zu den "Spekulationen" erhalten.

ZETSCHE ÜBER VDA "ÜBERRASCHT"

Nerven zeigte Zetsche nur bei Fragen zu Äußerungen des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Dessen Präsident Matthias Wissmann hatte einen Kulturwandel der Autobauer hin zu mehr Selbstkritik und einer "Null-Fehler-Toleranz" in Sachen Rechtstreue gefordert. "Ich war überrascht über diese Stellungnahme und möchte derzeit nicht mehr dazu sagen", erklärte Zetsche. Bei Daimler wie bei Volkswagen befassen sich am Mittwoch auch die Aufsichtsräte mit den Kartellvorwürfen.

Im Visier der Staatsanwaltschaft ist der Konzern wegen des Verdachtes, wie VW die Abgasreinigung per Software so manipuliert zu haben, dass die Autos nur auf dem Prüfstand vorschriftsgemäß sauber waren. Wegen der überhöhten Stickoxid-Abgase drohten Daimlers Heimat Stuttgart und andere Städte mit Diesel-Fahrverboten. "Momentan sorgt die Debatte um den Diesel für Verunsicherung, allen voran bei den Kunden", sagte Zetsche. Ein nationaler Diesel-Gipfel am 2. August soll eine Nachrüstung von Dieselautos festlegen, um Fahrverbote überflüssig zu machen.

Daimler kündigte vergangene Woche eine Nachrüstung von rund drei Millionen Diesel-Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 5 und auch der neusten Euro 6 an. Zetsche betonte, die Luft werde damit sauberer als durch Fahrverbote. Von einem Ausstiegsdatum für Verbrennungsmotoren will der Daimler-Chef nichts wissen. Die Technik werde zur Reduktion des Klimagases CO2 gebraucht. "Es lohnt sich, für den Diesel zu kämpfen", betonte er.

HÄNDLER: AUTOWERTE SIND DIE NEUEN BANKEN

© Reuters. A concept car stands in a hall during the ground breaking ceremony for the second battery factory at Daimler subsidiary ACCUMOTIVE in Kamenz

Diesel-Krise und Kartell-Ärger treffen die Autoindustrie in einer Phase kostspieligen Umbaus. Die Umstellung auf Elektroautos, teure Technik wie das autonome Fahren oder neue digitale Geschäftsfelder verschlingen Milliarden. "In Summe ist die Entwicklung bei Daimler klar positiv, das ist wichtiger denn je", sagte Zetsche mit Blick auf den eigentlichen Anlass der Telefonkonferenz, die Geschäftszahlen des zweiten Quartals.

Der Stuttgarter Konzern steigerte trotz einer starken Pkw-Nachfrage und einer Erholung im schwächelnden Lkw-Geschäft den Nettogewinn im zweiten Quartal nur leicht. Das Konzernergebnis kletterte von April bis Juni um zwei Prozent auf 2,5 Milliarden Euro bei einem Umsatzplus von sieben Prozent auf 41,1 Milliarden Euro. Finanzchef Bodo Uebber kündigte an, alle Geschäftsfelder auf rechtliche Selbstständigkeit hin zu überprüfen. Das befeuert die schon länger kursierenden Spekulationen über einen Börsengang des Lkw-Geschäfts.

Aber weder die Zahlen noch die Aussicht auf Wertsteigerungen durch eine Aufspaltung verliehen Daimler-Aktien Auftrieb. Im Gegenteil: Die Aktien lagen gegen den Markttrend ein Prozent im Minus. "Es sieht so aus, als wären die Autowerte die neuen Banken", spielte ein Händler auf die jahrelange Talfahrt von Papieren aus der Finanzbranche an.

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