Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) befürchtet durch die jüngsten Ereignisse nach dem Putschversuch in der Türkei einen Dämpfer für die deutsche Wirtschaft. "Der DIHK hat in diesem Jahr ursprünglich mit einem signifikanten Wachstum deutscher Exporte in die Türkei von fünf bis zehn Prozent gerechnet", sagte der Außenwirtschaftschef der Organisation, Volker Treier, der "Passauer Neuen Presse" vom Mittwoch. Jetzt mache sich Ernüchterung breit.
Treier zufolge geht der DIHK nun "bestenfalls noch von einer Stagnation der Ausfuhren aus". Im vergangenen Jahr habe das Exportvolumen Richtung Türkei bei 22,4 Milliarden Euro gelegen. Wenn dies 2016 erreicht werde, sei das schon als Erfolg zu werten. "Derzeit sorgen jedoch Terrorgefahren sowie politische Unsicherheit in der Türkei für Verunsicherung bei den deutschen Unternehmen", sagte Treier.
"Das ist mehr als ein Dämpfer. Zukunftsprojekte werden auf Eis gelegt, viele Unternehmen warten erst einmal ab. Kapital wird abgezogen." Die Türkei bleibe aber ein wichtiger Wirtschaftspartner für deutsche Unternehmen. "Es ist daher wichtig, möglichst viele Kanäle offen zu halten, über die wir mit der Türkei im Dialog bleiben können", mahnte der DIHK-Außenwirtschaftschef.
Einer Befragung der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer in Istanbul zufolge spüren deutsche Unternehmen erste Beeinträchtigungen ihrer Geschäfte. Wie die "Zeit" am Mittwoch vorab berichtete, beteiligten sich rund 20 Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern an der Umfrage, darunter Automobilzulieferer, Energie-, Chemie- und Maschinenbaufirmen. Knapp ein Drittel der Firmen habe die Frage, ob die aktuelle politische Lage ihr Geschäft beeinträchtige, mit "Ja", 42 Prozent mit "Vielleicht" beantwortet.
Jedes fünfte Unternehmen erwartet den Angaben zufolge geringere Jahresergebnisse als geplant, ebenso viele wollen nicht neu in der Türkei investieren. Fast alle, nämlich 95 Prozent, wollen demnach allerdings am türkischen Markt bleiben.
Mitte Juli war in der Türkei ein Putschversuch von Teilen des Militärs gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan gescheitert. Erdogan reagierte mit der Verhängung des Ausnahmezustands, einer Verhaftungswelle und Massenentlassungen von Beamten. In der EU stößt sein Vorgehen auf scharfe Kritik. Die Rating-Agentur Standard & Poors stufte die Türkei als "Hochrisiko"-Land ein.