Brüssel/New York/Berlin (Reuters) - Die Facebook-Daten von bis zu 2,7 Millionen EU-Bürgern sind unerlaubt bei einer Analysefirma gelandet.
Die Zahl habe Facebook (NASDAQ:FB) in einem Brief an die EU-Kommission genannt, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde am Freitag. Damit konkretisiert der Internet-Konzern das Ausmaß, in dem Europäer betroffen sind. Insgesamt könnten es um die Informationen von bis zu 87 Millionen Facebook-Nutzern weltweit gehen. Die Zahl sei die höchst mögliche Schätzung, sagte Facebook-Top-Managerin Sheryl Sandberg. "Wir wissen nicht, welche Daten sie (die Analysefirma) haben oder ob sie derzeit überhaupt Daten haben." Kartellamtspräsident Andreas Mundt wirft dem Netzwerk-Unternehmen vor, seine Marktmacht missbraucht zu haben.
Facebook hatte den Umfang des Affäre diese Woche Stück für Stück offengelegt. Anfangs hatten die Kalifornier noch die Zahl von 50 Millionen Nutzern genannt. Die Daten sind ohne Einwilligung der Anwender an die umstrittene Politikberatungsfirma Cambridge Analytica weitergegeben worden. Die soll die Daten unrechtmäßig im Wahlkampf von US-Präsident Donald Trump genutzt haben. "Wir wissen nicht, welche Daten sie haben oder ob sie derzeit überhaupt Daten haben", sagte Sandberg dem US-Sender PBS. "Sie haben uns vor Jahren zugesichert, dass sie alle Daten gelöscht haben. Wir hätten dem nachgehen sollen. Das war unser Fehler."
EU-KOMMISSION LÄSST FACEBOOK NICHT VOM HAKEN
Aus Sicht der EU-Kommission ist der Fall für Facebook mit der Nennung der Zahl der betroffenen Nutzer nicht abgeschlossen. Der US-Konzern habe zwar auch erklärt, welche Schritte er jüngst zur Verbesserung des Datenschutzes unternommen habe. Es bedürfe in der Sache aber weiterer Gespräche mit Facebook, insbesondere vor dem Hintergrund der neuen EU-Datenschutzregeln. Deshalb werde nächste Woche Justizkommissarin Vera Jourova mit Facebook-Top-Managerin Sandberg telefonieren. Zudem werden die EU-Datenschützer das Thema auf einem Treffen nächsten Dienstag besprechen. "Eine deutliche, koordinierte Antwort der Datenschutzbehörden ist nun entscheidend", sagte der Sprecher. Im Mai tritt die neue EU-Verordnung in Kraft, die die Weitergabe von Informationen der Nutzer von Facebook und anderen sozialen Netzwerken begrenzen soll und höhere Strafen möglich macht.
Der für die Technologie zuständige Facebook-Vorstand Mike Schroepfer soll am 26. April vor einem Ausschuss des britischen Parlaments zu dem Datenskandal aussagen. Cambridge Analytica sitzt in London.
Gleichzeitig erhöht Kartellamtspräsident Mundt in einem laufenden Verfahren den Druck auf Facebook. Das Unternehmen habe seine Marktmacht durch die Art und Weise missbraucht, wie Daten aus Drittquellen gesammelt und verwertet werden, sagte er der "Rheinischen Post". Bleibe die Behörde bei dem Ergebnis, werde Facebook seine Praxis anpassen müssen. Mundt hält Facebook in den seit zwei Jahren andauernden Ermittlungen vor allem vor, Daten auch auf Drittseiten ohne Wissen der Nutzer zu sammeln und zu verwerten. Bundesjustizministerin Katarina Barley erwägt eine Verschärfung der Regeln für soziale Netzwerk.