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FEATURE-Fitschen - der Mann von gestern über die Bank von morgen

Veröffentlicht am 02.09.2015, 15:27
Aktualisiert 02.09.2015, 15:37
© Reuters.  FEATURE-Fitschen - der Mann von gestern über die Bank von morgen
DBKGn
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- von Alexander Hübner

Frankfurt, 02. Sep (Reuters) - Dass er fast schon ein Mann von gestern ist, weiß Jürgen Fitschen selbst. "Überlebt ist der falsche Ausdruck. Aber ich bin noch da", sagt er entwaffnend selbstironisch. Formal steht Fitschen, am Dienstag 67 Jahre alt geworden, als Co-Vorstandschef noch bis Mai gleichberechtigt mit dem neuen starken Mann John Cryan an der Spitze der Deutschen Bank DBKGn.DE . Im nächsten Frühjahr aber ist für ihn Schluss. In die Beratungen über die künftige Strategie, die in den Doppeltürmen der Bank im Frankfurter Westend auf Hochtouren laufen, ist Fitschen nicht mehr eingebunden, wie Insider berichten. Und doch soll ausgerechnet er auf einer Konferenz des Handelsblatts am Mittwoch über "Erfolgreiche Banken von morgen" sprechen. So will es das Programm.

John Cryan, der Mann, der die Deutsche Bank wieder zum Erfolg führen soll, ist nicht da. Noch einmal muss Fitschen ran, schon zu Zeiten von Josef Ackermann der personifizierte Vertrauensbeweis, dass sich die größte deutsche Bank auch um die deutsche Wirtschaft kümmert. So lange der Investmentbanker Anshu Jain an der Spitze der Bank stand, war Fitschens Rolle noch wichtiger. "Ich vermisse ihn. Ich habe jetzt einen Partner... - der ist ganz anders", sagt Fitschen vielsagend über Cryan, den etwas steif wirkenden Briten mit erlesenem Musikgeschmack, der im Gegensatz zum quirligen Jain eher als Bankier denn als Banker durchgeht.

"Banken im Umbruch" heißt die Tagung seit 20 Jahren - doch so sehr im Umbruch wie heute war die Branche wohl nie. Auf den Gängen tummeln sich die jungen Leute von den "FinTechs", die die stark regulierte Branche mit intelligenten Geschäftsmodellen und einfachen Lösungen aufmischen wollen. Doch auf der Bühne kommen sie nur in leicht verwackelten Einspielfilmen vor. Reden dürfen wie gehabt die "alten Hasen" wie Fitschen, wie Commerzbank-Chef Martin Blessing oder BaFin-Präsident Felix Hufeld, der oberste Bankenaufseher Deutschlands, der die Oberaufsicht über die ganz dicken Fische der Branche aber an die Europäische Zentralbank (EZB) abgeben musste. Wandel und Umbruch überall also.

Die Zukunft, über die Fitschen sprechen soll, bleibt für ihn hinter einem Nebelschleier verborgen: "Unsere Branche wird viel mehr als die Industrie durch die Digitalisierung verändert werden", sagt er vage. "Wir werden uns mit viel Kraft verändern, viel stärker als die Jahrzehnte zuvor." Man merkt: Fitschens Sache ist das nicht mehr. Konkret fällt ihm als Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft nicht viel mehr als Personalabbau und Filialschließungen ein.

Doch das zu erwähnen, ist gefährlich genug für ihn - auch wenn die Deutsche Bank in seiner Rede kaum vorkommt. "Es geht darum, Arbeitsplätze abzubauen. Das ist ein für die Beteiligten sehr schmerzhaftes Unterfangen", wehrt Fitschen ab, als der Fragesteller nachhakt. Tausende Stellen stehen bei der Deutschen Bank zur Disposition. Ob der Sparkurs verschärft wird? Fitschen weicht wieder aus: "Jetzt nehmen sie einfach hin, dass die Wahrheit in der Mitte liegt."

ALTERSMILDE SCHLUSSBILANZ

So gerät Fitschens Auftritt zu einer Art Schlussbilanz. "Altersmilde" wird sie Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart nachher nennen. Ein einziges Mal kommt der "Kulturwandel" darin vor, das Schlagwort, das Fitschen und Jain drei Jahre lang wie eine Monstranz vor sich hertrugen, auch wenn es Tag für Tag von der Aufdeckung von immer mehr Altlasten von der Wirklichkeit überholt wurde. Der Ausdruck werde häufig belächelt, "aber wir haben keinen besseren gefunden", sagt Fitschen fast entschuldigend. Gewinne reichten eben nicht, um das Vertrauen wiederzugewinnen, das die Banken in der Krise verloren hätten.

Ein bisschen Selbstkritik, eine Prise Anklage - es ist der immer gleiche Spagat, den Fitschen versucht. "Die Zeiten waren zu gut - und da macht man die meisten Fehler", erklärt er den Kurs, der die Banken und die Weltwirtschaft in die Finanzkrise geführt hat. Doch es seien Einzelne gewesen, die den Banken geschadet hätten, für deren Fehler aber alle büßten. Die Regulierer schössen über das Ziel hinaus. Die Geldpolitik sei das größte Hindernis für eine Erholung des Bankensektors. Der Welthandel lahme schon, weil sich immer mehr Banken aus der Finanzierung des Exports zurückzögen. Und so weiter.

Die FinTech-Leute hören ihm zu. Respektvoll, aber ein bisschen ungläubig. Sie wollen sich möglichst große Stücke vom Kuchen der Banken abschneiden - so hoffen sie jedenfalls. Sie hoffen darauf, dass die Branche eine Zukunft hat. (Mitarbeit: Andreas Kröner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern 069-7565 1312 oder 030-2888 5168)

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