Börsen-Zeitung: Leise Zweifel, Marktkommentar von Thorsten Kramer
Frankfurt (ots) - Es ist unter manchen Marktbeobachtern ein
beliebtes Spiel, Analysten Fehleinschätzungen unter die Nase zu
reiben. Der Aktienmarkt bietet dazu im laufenden Börsenjahr
allerdings keinen Anlass, denn das Hauptszenario, das die meisten
Anlagestrategen vor dem Jahreswechsel gezeichnet hatten, trifft im
Großen und Ganzen zu. In der festen Erwartung einer Belebung der
globalen Konjunktur halten Investoren an ihrem Engagement an vielen
europäischen Aktienmärkten fest - und zwar insbesondere am deutschen,
weil die Wirtschaft hierzulande ihre führende Rolle innerhalb der
Eurozone behauptet. Der Dax notiert deshalb noch immer auf dem Niveau
vom Jahresbeginn, obwohl er vor dem Wochenende in Reaktion auf die
enttäuschenden US-Arbeitsmarktdaten unter Druck geriet. Und auch der
Euro Stoxx 50 hat das Niveau vom Jahreswechsel nicht aus den Augen
verloren.
Neue Verwerfungen im Zuge der Schuldenkrise innerhalb der Eurozone
hatten die Anlagestrategen ebenfalls auf dem Zettel, als sie vor
wenigen Monaten auf das Jahr 2013 blickten - ebenso wie ganz
offensichtlich die Anleger, denn die Märkte stecken die Entwicklung
in Zypern und selbst die immer noch anhaltende Hängepartie nach den
Parlamentswahlen in Italien robust weg. Gleichwohl rücken in diesen
Tagen vermehrt Risikofaktoren in den Fokus des Interesses, die an der
Prognose eines starken Aktienjahrgangs womöglich doch erste Zweifel
säen.
Risiko Nordkorea
Ein immenses Risiko für die Finanzmärkte würde sicherlich
entstehen, wenn die Entwicklung auf der koreanischen Halbinsel weiter
eskaliert. Dass die Führung in Pjöngjang mehrere Länder aufforderte,
über einen Abzug ihrer Diplomaten nachzudenken, lässt aufhorchen,
auch wenn Großbritannien dies schnell als einen Propaganda-Schachzug
einordnete.
Mit Sorge wäre es zudem zu sehen, wenn es den Parteien in Italien
nicht gelänge, doch noch eine Regierung auf die Beine zu stellen,
denn dies stellte womöglich den dringend erforderlichen Reformkurs in
dem Land in Frage. Und nicht zuletzt ist es wichtig, dass sich die
Signale für eine konjunkturelle Belebung nicht abschwächen. Dass
Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), am
Donnerstag die Abwärtsrisiken betonte und dass in den USA im März
außerhalb der Landwirtschaft lediglich 88000 neue Arbeitsplätze
entstanden sind, zeigt jedenfalls sehr deutlich, dass die
Weltwirtschaft nach wie vor auf wackeligen Pfeilern steht und
Unterstützung benötigt, um schon bald mehr Fahrt aufzunehmen. Eine
zentrale Rolle kommt dabei unverändert den großen Notenbanken zu. Die
Bank of Japan ließ in der nun abgelaufenen Woche keinen Zweifel
daran, dass sie das endgültige Ende der Deflation sowie eine
konjunkturelle Belebung in Japan erreichen will. Die Federal Reserve
hatte schon im Dezember signalisiert, dass sie an ihrer expansiven
Geldpolitik festhalten wird, solange die US-Arbeitslosenquote
oberhalb von 6,5% notiert; aktuell beträgt sie immer noch 7,6%. Und
die EZB ließ sich nach Überzeugung von Volkswirten alle Optionen
offen; eine weitere Zinssenkung, so war zugleich zu hören, sei seit
Donnerstag sogar wahrscheinlicher geworden. Die Ausstattung der
Märkte mit viel Liquidität wird folglich Bestand haben, und dies
sollte den Börsen weiterhin die aktuell notwendige Unterstützung
geben.
Für einen neuen deutlichen Anstieg der Notierungen, der gemäß
vielen Analystenprognosen im Laufe des zweiten Quartals beginnen
soll, wäre dies allerdings zu wenig. Dazu müssten wieder stärker die
Chancen in den Fokus der Investoren rücken, damit diese ihre recht
defensive, vorsichtige Positionierung aufgeben und den Märkten damit
einen frischen Impuls lieferten.
Zuletzt flossen aus börsengehandelten Indexfonds auf europäische
Aktienindizes umfangreich Gelder ab. Aktiv verwaltete Aktienfonds
warben aber neue Mittel ein. Die Robustheit der Märkte spricht aus
Sicht vieler Anlagestrategen in jedem Fall dafür, dass die erwartete
große Rotation heraus aus Anleihen hinein in Dividendenwerte
tatsächlich im Laufe des Jahres einsetzen wird - allerdings
schrittweise. Spannend zu beobachten wird es sein, auf welche Märkte
sich Investoren dann fokussieren. Vor dem Jahreswechsel galten vielen
Experten speziell die großen Aktienmärkte in der Peripherie der
Eurozone als die potenziellen Gewinner des Jahres. Seitdem hat sich
jedoch der Vorsprung der deutschen Wirtschaft manifestiert. Es ist
folglich nicht auszuschließen, dass der Dax im europäischen Vergleich
wie bereits im Vorjahr die beste Performance zeigen wird - und die
Analysten, zumindest in diesem Punkt, falschliegen werden.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
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beliebtes Spiel, Analysten Fehleinschätzungen unter die Nase zu
reiben. Der Aktienmarkt bietet dazu im laufenden Börsenjahr
allerdings keinen Anlass, denn das Hauptszenario, das die meisten
Anlagestrategen vor dem Jahreswechsel gezeichnet hatten, trifft im
Großen und Ganzen zu. In der festen Erwartung einer Belebung der
globalen Konjunktur halten Investoren an ihrem Engagement an vielen
europäischen Aktienmärkten fest - und zwar insbesondere am deutschen,
weil die Wirtschaft hierzulande ihre führende Rolle innerhalb der
Eurozone behauptet. Der Dax notiert deshalb noch immer auf dem Niveau
vom Jahresbeginn, obwohl er vor dem Wochenende in Reaktion auf die
enttäuschenden US-Arbeitsmarktdaten unter Druck geriet. Und auch der
Euro Stoxx 50 hat das Niveau vom Jahreswechsel nicht aus den Augen
verloren.
Neue Verwerfungen im Zuge der Schuldenkrise innerhalb der Eurozone
hatten die Anlagestrategen ebenfalls auf dem Zettel, als sie vor
wenigen Monaten auf das Jahr 2013 blickten - ebenso wie ganz
offensichtlich die Anleger, denn die Märkte stecken die Entwicklung
in Zypern und selbst die immer noch anhaltende Hängepartie nach den
Parlamentswahlen in Italien robust weg. Gleichwohl rücken in diesen
Tagen vermehrt Risikofaktoren in den Fokus des Interesses, die an der
Prognose eines starken Aktienjahrgangs womöglich doch erste Zweifel
säen.
Risiko Nordkorea
Ein immenses Risiko für die Finanzmärkte würde sicherlich
entstehen, wenn die Entwicklung auf der koreanischen Halbinsel weiter
eskaliert. Dass die Führung in Pjöngjang mehrere Länder aufforderte,
über einen Abzug ihrer Diplomaten nachzudenken, lässt aufhorchen,
auch wenn Großbritannien dies schnell als einen Propaganda-Schachzug
einordnete.
Mit Sorge wäre es zudem zu sehen, wenn es den Parteien in Italien
nicht gelänge, doch noch eine Regierung auf die Beine zu stellen,
denn dies stellte womöglich den dringend erforderlichen Reformkurs in
dem Land in Frage. Und nicht zuletzt ist es wichtig, dass sich die
Signale für eine konjunkturelle Belebung nicht abschwächen. Dass
Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), am
Donnerstag die Abwärtsrisiken betonte und dass in den USA im März
außerhalb der Landwirtschaft lediglich 88000 neue Arbeitsplätze
entstanden sind, zeigt jedenfalls sehr deutlich, dass die
Weltwirtschaft nach wie vor auf wackeligen Pfeilern steht und
Unterstützung benötigt, um schon bald mehr Fahrt aufzunehmen. Eine
zentrale Rolle kommt dabei unverändert den großen Notenbanken zu. Die
Bank of Japan ließ in der nun abgelaufenen Woche keinen Zweifel
daran, dass sie das endgültige Ende der Deflation sowie eine
konjunkturelle Belebung in Japan erreichen will. Die Federal Reserve
hatte schon im Dezember signalisiert, dass sie an ihrer expansiven
Geldpolitik festhalten wird, solange die US-Arbeitslosenquote
oberhalb von 6,5% notiert; aktuell beträgt sie immer noch 7,6%. Und
die EZB ließ sich nach Überzeugung von Volkswirten alle Optionen
offen; eine weitere Zinssenkung, so war zugleich zu hören, sei seit
Donnerstag sogar wahrscheinlicher geworden. Die Ausstattung der
Märkte mit viel Liquidität wird folglich Bestand haben, und dies
sollte den Börsen weiterhin die aktuell notwendige Unterstützung
geben.
Für einen neuen deutlichen Anstieg der Notierungen, der gemäß
vielen Analystenprognosen im Laufe des zweiten Quartals beginnen
soll, wäre dies allerdings zu wenig. Dazu müssten wieder stärker die
Chancen in den Fokus der Investoren rücken, damit diese ihre recht
defensive, vorsichtige Positionierung aufgeben und den Märkten damit
einen frischen Impuls lieferten.
Zuletzt flossen aus börsengehandelten Indexfonds auf europäische
Aktienindizes umfangreich Gelder ab. Aktiv verwaltete Aktienfonds
warben aber neue Mittel ein. Die Robustheit der Märkte spricht aus
Sicht vieler Anlagestrategen in jedem Fall dafür, dass die erwartete
große Rotation heraus aus Anleihen hinein in Dividendenwerte
tatsächlich im Laufe des Jahres einsetzen wird - allerdings
schrittweise. Spannend zu beobachten wird es sein, auf welche Märkte
sich Investoren dann fokussieren. Vor dem Jahreswechsel galten vielen
Experten speziell die großen Aktienmärkte in der Peripherie der
Eurozone als die potenziellen Gewinner des Jahres. Seitdem hat sich
jedoch der Vorsprung der deutschen Wirtschaft manifestiert. Es ist
folglich nicht auszuschließen, dass der Dax im europäischen Vergleich
wie bereits im Vorjahr die beste Performance zeigen wird - und die
Analysten, zumindest in diesem Punkt, falschliegen werden.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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