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HINTERGRUND-Warum Merkel eine aktivere Rolle im Nordkorea-Konflikt sucht

Veröffentlicht am 12.09.2017, 17:17
Aktualisiert 12.09.2017, 17:20
© Reuters. A North Korean soldier looks at the south side while U.S. Secretary of State Rex Tillerson visiting at the border village of Panmunjom, which has separated the two Koreas since the Korean War

- von Andreas Rinke

Berlin (Reuters) - Als Bundeskanzlerin Angela Merkel am 13. Juli die in Berlin akkreditierten Botschafter im Gästehaus der Bundesregierung in Meseberg empfing, hatte sie eine ungewöhnliche Botschaft mitgebracht.

Statt wie früher vor allem über Europa zu reden, sprach Merkel gezielt den Konflikt auf der Tausende Kilometer entfernten koreanischen Halbinsel an. "Die internationale Gemeinschaft hat die Pflicht, fest zusammenzustehen und den Druck auf Nordkorea zu erhöhen", forderte die Kanzlerin mit Blick auf das nordkoreanische Atomprogramm. Spätestens damit war die Botschaft gesetzt, dass der einflussreichste EU-Staat sich mit um den Konflikt in Ostasien kümmern will. Jetzt legt Merkel in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) nach: "Wenn unsere Beteiligung an Gesprächen gewünscht wird, werde ich sofort ja sagen." Dafür gibt es mehrere Gründe.

DEUTSCHLAND ALS BINDEGLIED ZU PJÖNGJANG

Deutschland ist eines der wenigen Länder, das noch aus dem DDR-Erbe sowohl über eine Botschaft in der nordkoreanischen Hauptstadt als auch eine diplomatische Vertretung des Landes in Berlin verfügt - und zudem sehr enge Drähte nach China, Japan, Südkorea sowie in die USA hat. Bereits im September 2013 führte dies zu Geheimverhandlungen zwischen Vertretern der USA und Nordkoreas in einem Berliner Hotel. Die deutsche Hauptstadt galt in der damaligen Phase der versuchten Wiederannäherung als guter Standort für ein vertrauliches Gespräch. "Allerdings ist diese Rolle als Gesprächsort heute weniger relevant", betonen Diplomaten auf beiden Seiten des Atlantiks übereinstimmend. "Deutschland kann definitiv kein Mediator in der Nordkorea-Krise sein", wiegelte auch Martin Schäfer, Sprecher von Außenminister Sigmar Gabriel, bereits Mitte August ab. "Die Dinge sind viel zu kompliziert - und der Konflikt 10.000 Kilometer entfernt."

Dennoch wird in Berlin seit Wochen debattiert, was man tun könnte. Sowohl Merkel als auch Gabriel haben öffentlich und hinter den Kulissen zu erkennen gegeben, dass die Bundesregierung bereitsteht für eine größere Rolle. "Deutschland wird hier bei den Lösungsmöglichkeiten, die wir sehen - nicht-militärischer Art - sehr intensiv mit dabei sein", kündigte Merkel im August an. Dahinter stecken auch die Sorgen der deutschen Wirtschaft, die die Kanzlerin bereits im März 2014 angesprochen hatte: Sollte es zum militärischen Konflikt in einer Region mit Wirtschaftsmächten wie China, Japan und Südkorea kommen, könnten die Weltwirtschaft und wohl auch die Exportnation Deutschland einen gefährlichen Dämpfer erhalten.

DER FAKTOR WAHLKAMPF

Dazu kommt eine innenpolitische Dimension. Bereits im TV-Duell mit dem SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz hatte Merkel eine beeindruckende Liste ihrer Telefonate in diesen Tagen aufgezählt - etwa mit den Präsidenten Frankreichs, Russlands, Chinas, Südkoreas und dem japanischen Ministerpräsidenten. In den vergangenen Tagen vermeldete Regierungssprecher Steffen Seibert fast täglich neue Konsultationen - entweder zu Nordkorea oder aber zur Lage in der Ostukraine. Dahinter steckt nach Unionsangaben auch der Wunsch, Merkels Rolle als unverzichtbare internationale Akteurin zu unterstreichen - und den Wählern so den Abstand zu ihrem Herausforderer deutlich zu machen. Die CDU-Chefin unterstreicht parallel dazu in jeder Wahlkampfrede, wie unsicher die Welt geworden sei. "Unser Land kann sich keine Experimente erlauben, schon gar nicht in so unruhigen Zeiten wie diesen", sagte sie etwa am Samstag in Reutlingen.

Zudem gilt in der CDU der Versuch verstärkter diplomatischer Aktivitäten als Möglichkeit, den Vorwurf der SPD und der Opposition zu neutralisieren, die Union strebe mit dem Zwei-Prozent-Ziel der Nato eine massive Militärisierung Deutschlands an und Merkel sei gegenüber US-Präsident Donald Trump zu nachsichtig. Merkel schloss deshalb am Freitag eine militärische Option sowohl für den Ukraine-Konflikt mit Russland als auch für Nordkorea kategorisch aus. "Es muss durch diplomatische Gespräche gelöst werden, auch wenn es noch so lange dauert", sagte sie. Am 23. August hatte sie bereits auf die Frage, ob Deutschland im Kriegsfall automatisch an der Seite der USA stünde, geantwortet: "Nein, nicht automatisch." Bei Trump pochte sie wiederholt auf eine friedliche Lösung.

Der Preis für mehr amerikanische Zurückhaltung ist aber, dass die Bundesrepublik selbst aktiver wird. "Europa und speziell Deutschland sollten bereit sein, dazu einen sehr aktiven Teil beizutragen", sagte sie der "FAS". Und wie am 2. September in ihrem Videopodcast schlug Merkel erneut als Vorbild die langjährigen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm vor, die von der EU koordiniert wurden, in die Deutschland aber eng eingebunden war. "Nur wer mitredet, kann Einfluss haben", heißt es in Regierungskreisen.

© Reuters. A North Korean soldier looks at the south side while U.S. Secretary of State Rex Tillerson visiting at the border village of Panmunjom, which has separated the two Koreas since the Korean War

AKTIV - ABER KEINE ZENTRALE ROLLE

Allerdings wird in der Bundesregierung und auch bei Außenpolitikern vor Hybris gewarnt. Wichtig sei vor allem, dass die EU mit einer Stimme spreche. Deutschland alleine sei nicht wichtig genug für eine zentralere Rolle in den Vermittlungen, heißt es in Regierungskreisen. Bei der nötigen Abstimmung zwischen den Supermächten USA und China wollten die Deutschen eher beide Partner ermutigen, das gemeinsame Gespräch über Nordkorea zu suchen. Weil dabei vor allem auf die in New York ansässige UN verwiesen wird, ist klar, dass neben Deutschland die UN-Veto-Macht Frankreich eine größere Rolle spielen könnte. So warnte am Wochenende Präsident Emmanuel Macron, die "wiederholten Provokationen" aus Pjöngjang seien "eine Gefahr für den Frieden und die internationale Sicherheit". Sie erforderten eine entschlossene Antwort.

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