Frankfurt (Reuters) - Die Commerzbank (DE:CBKG) steht offenbar vor einem grundlegenden Umbau: Die zweitgrößte deutsche Bank erwägt laut Finanzkreisen, ihr einstiges Aushängeschild, die Mittelstandsbank, zu zerschlagen.
Das Geschäft mit exportorientierten Großkunden soll den Plänen zufolge mit der Investmentbank zusammengelegt werden, kleinere Mittelständler sollen von der Privatkunden-Sparte unter dem neuen Vorstand Michael Mandel betreut werden, wie mehrere mit den Überlegungen vertraute Personen am Freitag sagten. Das "Handelsblatt" hatte als erstes über die Pläne berichtet. Sie würden für die knapp 6000 Mitarbeiter der Mittelstandsbank noch größere Einschnitte bedeuten als erwartet. Allein die verstärkte Digitalisierung könnte dort mehr als 1000 Stellen überflüssig machen.
Dem "Handelsblatt" zufolge könnte Mittelstandsbank-Chef Markus Beumer mit der Umstrukturierung seinen Vorstandsposten verlieren. Sein Vertrag war im vergangenen Jahr noch bis 2020 verlängert worden. Mit ihm würden Gespräche über eine Lösung geführt, hieß es in dem Bericht. Beumer arbeite aber aktiv an der neuen Strategie mit. Er galt neben Privatkundenchef Martin Zielke als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge des ehemaligen Vorstandschefs Martin Blessing. Doch die Gewinne seiner erfolgsverwöhnten Sparte waren abgebröckelt, während das Geschäft mit fast zwölf Millionen Privatkunden wuchs. Favorit für die Führung der neuen Großkunden-Sparte sei Investmentbank-Vorstand Michael Reuther, hieß es in Finanzkreisen.
"UNSINNIGE STRUKTUREN"
Die Struktur der Commerzbank ähnelt dann in diesem Bereich jener der Deutschen Bank (DE:DBKGn). Während bei der Commerzbank bisher selbst Kleinunternehmer mit 2,5 Millionen Euro Umsatz zur Mittelstandsbank gerechnet werden, zählen sie bei der Deutschen Bank zur Klientel der Sparte Privat- und Geschäftskunden. Milliardenkonzerne wie der Autozulieferer Schaeffler wurden oft zwischen Mittelstands- und Investmentbank hin- und hergereicht. "Manche Strukturen waren bisher einfach unsinnig", sagte ein Insider. Mit der Zusammenlegung ließen sich erhebliche Einsparungen erzielen. "Man kann mit so einer neuen Struktur immens im Backoffice sparen", zitierte das "Handelsblatt" einen Manager.
Doch auch Reuthers Sparte dürfte nicht ungeschoren davon kommen. Sie soll sich noch stärker auf Lösungen für die international ausgerichteten großen Firmenkunden konzentrieren. Blessing hatte sie einst als "verlängerte Werkbank" für die Mittelstandsbank bezeichnet. Der Handel mit Wertpapieren, in dem die Commerzbank eine immer geringere Rolle spielt, solle schrumpfen, die damit verbundenen Risikopositionen drastisch verkleinert werden. Schon im Frühjahr hatte die Commerzbank sich aus Teilbereichen wie der Wertpapierleihe zurückgezogen. Zuletzt waren auch Überlegungen bekanntgeworden, die Investmentbank ganz in der Mittelstandsbank aufgehen zu lassen.
Der Commerzbank-Vorstand arbeitet derzeit mit Hilfe der Unternehmensberatung McKinsey an einer neuen Strategie. Der seit Mai als Vorstandschef amtierende Zielke will sie Finanzkreisen zufolge am 30. September vorstellen. Beschlossen sei aber noch nichts, der Aufsichtsrat sei bisher über Details der Pläne nicht informiert worden, sagten Insider. Das Gremium trifft sich Ende des Monats zu seiner jährlichen Strategiesitzung mit dem Vorstand.
In der Bank wird von Zielke vor allem ein Sparprogramm erwartet. Durch eine verstärkte Digitalisierung der Prozesse ließen sich die Kosten deutlich senken. Analysten fordern, die Kostenbasis von rund sieben Milliarden Euro im Jahr um bis zu eine Milliarde zu drücken.