- von Peter Maushagen
Frankfurt (Reuters) - Die jüngste Serie von Anschlägen in Europa macht der Lufthansa (DE:LHAG) einen Strich durch die Gewinnprognose.
"Was uns derzeit fehlt, sind langfristige Buchungen von Interkontinentalflügen, beispielsweise von Reisegruppen aus Asien", sagte ein Sprecher am Donnerstag. Die hätten üblicherweise ihre Europareise weit im Voraus geplant und gekauft, machten sich nun aber rar.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte Anfang des Monats noch die Hoffnung geäußert, dass die Touristen aus Übersee kurzfristig doch noch die Lufthansa buchen und dann mehr für die Flüge zahlen würden. Aber es kam anders: "Eine vollständige Aufholentwicklung hält der Vorstand aus heutiger Sicht für nicht mehr wahrscheinlich", heißt es nun bei der Lufthansa.
Der Konzern verabschiedet sich nun von dem Ziel, den Vorjahres-Betriebsgewinn von 1,8 Milliarden Euro in diesem Jahr zu toppen. Stattdessen dürfte es weniger werden, teilte die Lufthansa mit, ohne eine konkrete Zahl zu nennen. Die Analysten von Credit Suisse (SIX:CSGN) rechnen mit einem Gewinnrückgang auf 1,5 Milliarden Euro. Anleger ergriffen die Flucht: Die Aktie des größten europäischen Airline-Konzerns brach um acht Prozent ein.
Noch vorsichtiger ist Easyjet: Die britische Billigfluglinie wagt angesichts wachsender Sicherheitsbedenken und dem Brexit-Votum gar keinen Ausblick für das Jahr. Chefin Carolyn McCall sagte, Easyjet (LON:EZJ) agiere in dem schwierigsten Umfeld, seit sie 2010 die Konzernspitze übernommen habe.
In den vorigen Wochen gab es eine Reihe von Anschlägen, die Urlaubern und Geschäftsleuten die Lust auf Reisen nach Europa verdorben haben. Ende Juni attackierten Terroristen den Flughafen von Istanbul, vor einer Woche lenkte ein Attentäter in Nizza einen Laster in eine Menschenmenge - 84 Menschen starben. Am Montag hatte ein 17-Jähriger mit einer Axt in einem Regionalzug bei Würzburg vier Mitglieder einer chinesischen Familie schwer verletzt. Nach Ansicht der Bundesregierung deutet vieles darauf hin, dass er sich durch die Propaganda der Extremistenmiliz IS zu der Tat hat aufstacheln lassen. Auch wenn 2017 weitere Attacken ausblieben, seien die wirtschaftlichen und politischen Aussichten trübe, sagte Analyst Gerald Khoo von Liberium. "In der Folge ist es eine unwahrscheinlich, dass sich die Nachfrage nach Flüge erholt."
TARIF-COUNTDOWN BEI DEN PILOTEN
Für die Lufthansa kommt der Gegenwind im Kerngeschäft zum denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Denn eigentlich setzt der Konzern zu einer Einkaufstour an, um die neue Billigtochter Eurowings zu stärken. Neben dem Ferienflieger Condor ist dabei Branchen-Insidern zufolge auch Air Berlin im Visier. Die Verhandlungen um die Übernahme von etwa 40 der 150 Maschinen aus der Air-Berlin-Flotte samt Crews liefen bereits, hatten mit der Sache vertraute Personen am Mittwoch zu Reuters gesagt.
Auch die schwierigen Tarifverhandlungen mit der Pilotengewerkschaft Cockpit werden dadurch nicht einfacher. Nächste Woche wollen sich beide Seiten nach monatelangen Gesprächen festlegen, ob sich formale Verhandlungen lohnen.
LUFTHANSA KAPPT AUCH WACHSTUMSPLÄNE
Zudem liefern sich Fluglinien derzeit einen harten Preiskrieg. Das schlägt auch bei der Lufthansa durch: Die Stückerlöse - ein wichtiger Maßstab in der Branche - dürften im Passagiergeschäfts des Lufthansa-Konzterns (inklusive Austrian, Swiss, Eurowings) im zweiten Halbjahr um bis zu neun Prozent sinken. Analyst Khoo nennt den Wert "furchtbar".
Gleichzeitig schraubt die Lufthansa ihre einst ambitionierten Wachstumspläne abermals zurück und will die Kapazitäten dieses Jahr statt um sechs Prozent nur noch um 5,4 Prozent ausweiten. Die Ergebnisse im ersten Halbjahr lagen vorläufigen Zahlen zufolge immerhin noch über denen des Vorjahres: Der operative Gewinn (Ebit) stieg um 13 Prozent auf 529 Millionen Euro. Dagegen fiel der Umsatz um 2,6 Prozent auf 15 Milliarden Euro. Den ausführlichen Zwischenbericht zum ersten Halbjahr will die Lufthansa am 2. August vorstellen.