Investing.com – Seitdem es Finanzmärkte gibt, folgen diese ihren ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten, die regelmäßig an der Realität vorbeigehen. Auf Phasen der scheinbar grenzenlosen Gewinne folgen Abstürze, welche von der Angst begleitet werden, dass die Welt untergeht.
Doch genau diese Phasen sind es, in denen man sein Kapital besonders einfach vermehren kann, wie der Investmentbanker James Rickards erklärt. Das Erfolgsgeheimnis ist, dass man sich aus einer Rallye rechtzeitig verabschiedet und die Renditen nicht bis zum letzten Tag jagt. Denn ab einem bestimmten Punkt steigt mit jedem weiteren Tag das Risiko einen großen Verlust einzufahren erheblich.
Ein anschauliches Beispiel ist die Subprime-Krise 2008. Rickards erläutert, dass es im Vorfeld viele Hinweise darauf gab, was den Märkten bevorsteht. Doch die meisten Privatanleger glaubten an die Soft-Landing-Storys an der Wall Street und hielten an ihren Positionen fest – aus Angst, etwas zu verpassen.
Auch als die Märkte einbrachen, reagierten sie nicht. Sie klammerten sich an die Hoffnung, dass es nur eine kurzfristige Korrektur ist, während die Wall Street Analysten dazu rieten, dass kluge Investoren keine Panikverkäufe tätigen.
Irgendwann waren die Positionen so weit im Minus, dass sie in eine Schockstarre verfielen und man sich darauf einstellte, die Sache auszusitzen. Im Falle des Dow Jones vergingen fast 5 Jahre, bis der Markt am Ausgangsniveau des Crashs war.
Nur diejenigen, die 2007 auf die letzten 20 Prozent Kursanstieg verzichteten und die Signale richtig deuteten, konnten die Talfahrt nutzen, weil sie auf ausreichend Cash saßen. Bis heute war es ihnen möglich ihr Kapital um fast 500 Prozent vermehren. Die "klugen" Anleger verschenkten indessen Hunderte Prozent an Rendite, weil ihnen die letzten 20 Prozent so wichtig waren.
Rickards verweist darauf, dass die Märkte heute vor einer ähnlichen Entwicklung stehen. Es wird wie immer sein. Einer der Sektoren kollabiert und reißt den gesamten Rest der Märkte mit in den Abgrund, wenn die Panik um sich greift.
Der Kollaps im Jahr 1987 war auf den computergesteuerten Handel zurückzuführen. Der Absturz von 1994 begann in Mexiko, 1997/98 in den asiatischen Schwellenländern, 2000 platzte die Dot-Com-Blase und 2008 war es die Subprime-Hypothekenkrise.
Was es diesmal sein wird kann keiner mit Sicherheit sagen, doch es scheint, als ob der Markt für gewerbliche Immobilien (CRE) in den USA den Untergang einläutet. Das wird nicht von heute auf morgen passieren, wie Rickards sagt. Denn 1998 und 2008 bahnte sich das Unheil bereits ein Jahr zuvor an, sodass man Zeit hat risikoreiche Positionen abzubauen und sich auf die richtige Schnäppchenjagd mit Cash-Beständen vorzubereiten.
Der CRE-Sektor ist dafür prädestiniert, die Lawine ins Rollen zu bringen, weil die Immobilienpreise sinken und die Leerstände zunehmen. Die Neubauten wurden mit billigem Geld aus kurzfristigen Baukrediten verwirklicht.
Keiner der Immobilienentwickler hat dazu langfristige Hypotheken aufgenommen. Warum auch, die kurzfristigen Kredite waren billiger und versprachen eine höhere Rendite.
Doch die Kreditbedingungen haben sich während des Pandemie-Booms 2021 und heute dermaßen verschärft, dass 2024 viele der Immobiliengesellschaften, zusammen mit den kreditgebenden Regionalbanken, untergehen werden. Denn dann laufen die Baukredite aus und eine unbezahlbare Anschlussfinanzierung steht ins Haus, vorausgesetzt man findet überhaupt einen Kreditgeber.
Es wird auch nicht ausreichen, die Immobilien einfach an die Banken zurückzugeben, weil diese längst weit weniger wert sind als der offene Kreditbetrag. Um die Nachschussforderungen bedienen zu können, müssen gute Vermögenswerte veräußert werden.
Die Panik greift dann schnell auf Banken und andere Sektoren über, denn jeder will einfach nur noch sein investiertes Geld zurückhaben.
Und als ob das nicht genug wäre, bahnt sich in China eine ähnliche Katastrophe an. Country Garden (HK:2007) Holdings ist einer der größten Immobilienentwickler des Landes und besitzt viermal so viele Projekte wie die bereits gescheiterte Evergrande (HK:3333) Group, die weltweit für Schlagzeilen sorgte.
Am Montag stufte die Ratingagentur Moody's die Unternehmensanleihen von Country Garden noch weiter in den Junk-Bereich herab. Gleichzeitig konnte der Immobilienentwickler, der 70.000 Menschen beschäftigt, die Zinsen für zwei Anleihen nicht bedienen. Sollte es nicht gelingen, den Zinszahlungen innerhalb von 30 Tagen nachzukommen, droht der Konkurs.
Die Bloomberg Intelligence Analystin Kristy Hung schrieb dazu am Mittwoch:
"Jeder Zahlungsausfall würde den chinesischen Immobilienmarkt stärker beeinträchtigen als der Zusammenbruch von Evergrande, da Country Garden viermal so viele Projekte hat … jede Schuldenkrise bei Country Garden wird weitreichende Auswirkungen auf die Stimmung auf dem chinesischen Immobilienmarkt haben und das Vertrauen der Käufer in solvente private Bauträger erheblich schwächen."
Es brodelt also mächtig gewaltig. Privatanleger sollten sich fragen, ob sie wirklich bereit sind, die letzten Prozente der aktuellen Rallye zu jagen, nur um Gefahr zu laufen, dass ihnen ihr Portfolio um die Ohren fliegt. Denn gleichzeitig versäumen sie eine der größten Chancen ihres Lebens, wenn die richtige Schnäppchenjagd beginnt und ihr Kapital in Verlustpositionen gefangen ist.