Mönchengladbach, 26. Feb (Reuters) - Der milliardenschwere Schadenersatzprozess um Verzögerungen beim Bau eines RWE RWEG.DE -Braunkohlekraftwerks könnte sich noch über Jahre hinziehen. Angesichts der zahlreichen strittigen Fragen zwischen dem Versorger und dem am Bau beteiligten Konsortium habe "der Prozess das Potenzial, dass ich meine Pensionierung erreiche", sagte Richterin Almut Oudijk am Freitag vor dem Landgericht in Mönchengladbach. "Staatliche Gerichte sind nicht für einen solchen Fall gewappnet", betonte sie. "Ihre Verfahren sind nur drei Verfahren von 400", das Gericht könne nicht das Tempo vorlegen, wie es ein "Stab von Anwälten" der beteiligten Konzerne könne. Allein strittige Einzelposten mit einem Volumen von sieben Millionen Euro könnten voraussichtlich nur mit zahlreichen Zeugen und Sachverständigen geklärt werden - dies könnte sehr lange dauern. Die Kammer schlage hier deshalb einen Teilvergleich an. Die übrigen Fragen eines ersten Streitkomplexes mit einem Gesamtstreitwert von 295 Millionen Euro blieben strittig. Es sei auch zu erwarten, dass sich der Streit über mehrere Instanzen ziehen werde, sagte die Richterin.
Vor dem Landgericht geht es um Verzögerungen beim Bau des Kraftwerks in Grevenbroich-Neurath. RWE macht gegen das Baukonsortium einem Gerichtssprecher zufolge einen Schadenersatz von insgesamt rund 1,4 Milliarden Euro geltend. Bei den Beklagten handelt es sich um eine Gruppe um die in Duisburg ansässige Hitachi Power Europe. RWE wirft dieser vor, den Bau rund 55 Monate später als vereinbart beendet zu haben. "Hier wurde zu langsam gearbeitet", sagte einer der RWE-Anwälte. Das Konsortium sieht das anders.
Beim Bau des Kraftwerkskessels war im Oktober 2007 ein 450 Tonnen schweres Gerüst eingestürzt. Drei Arbeiter starben. Das Konsortium sieht den Grund für Verzögerungen anders als RWE vor allem in dem Unfall und macht seinerseits Vergütungsansprüche gegen RWE geltend. Über diese verhandelte das Gericht am Vormittag, die übrigen Fragen sollen im Laufe des Tages aufgerufen werden. Zu dem Konsortium gehörte neben Hitachi Power Europe und der japanischen Mutter Hitachi die inzwischen von GE übernommene Alstom (PA:ALSO) Power Systems aus Mannheim. Für das Gericht sei in dem Verfahren die Frage der Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Unfalls zentral, sagte die Richterin: "Ohne eine Klärung dieser Frage kommen wir nicht weiter."
RWE hatte das Kraftwerk im August 2012 in Betrieb genommen. Mit Kosten von 2,6 Milliarden Euro gehört es zu den größten Investitionen des Konzerns.