Wann ist eine Investitionsthese gescheitert? Darüber streiten mit Sicherheit gerade viele Investoren im Growth-Segment. Generell ist eine spannende Frage, ob man dieses Merkmal anhand der Performance messen kann.
Fragen wir uns heute etwas konkreter: Ist eine Investitionsthese gescheitert, wenn eine Aktie 99 % im Minus ist? Im Endeffekt hieße das jedenfalls, dass die Aktie sich ver-100-fachen müsste, um die ursprüngliche Investition wieder herauszuholen. Selbst bei 90 % benötigen wir eine Ver-10-fachung.
Im Regelfall können wir sagen: Vieles spricht dafür, dass eine Investitionsthese scheiterte, wenn die Aktie 99 % im Minus liegt. Im Zweifel gilt jedoch auch hier, dass es darauf ankommt. An der Performance messen können wir das eigentlich nicht.
Selbst nach 99 % Minus: Investitionsthese final gescheitert? Es mag etwas extrem klingen. Aber theoretisch muss eine Aktie nicht gescheitert sein, selbst wenn sie 99 % im Minus ist. Wobei es dann primär darauf ankommt, das Übriggebliebene zu evaluieren und zu ergründen, warum die Aktie überhaupt so tief fallen konnte ohne Gegenwehr. Zwischen 90 % Minus und 99 % liegen noch bedeutende qualitative Unterschiede, wie wir oben bereits gesehen haben.
Trotzdem kann im Extremfall eine Investitionsthese dann nicht vorüber sein. Gehen wir davon aus, dass die Aktie noch ein intaktes Geschäftsmodell besitzt und nur kurzfristige Probleme bei einer Marktlage, die zudem derartige Aktien nicht gerade hoch bewertet, so kann es Ausnahmen geben. Aber 99 % im Minus, da müsste wirklich so einiges zusammenkommen.
Im Endeffekt ist es jedoch gefährlich, eine Investitionsthese daran zu bewerten, wie sich die Aktie entwickelt hat. Das ist das entscheidende Zwischenfazit, das wir ziehen können. In der Praxis ist es trotzdem sehr wahrscheinlich, dass diese Aktie nicht mehr der große Wurf im eigenen Depot wird.
Warum das jetzt relevant ist Theorie und Praxis bei dieser Frage rund um die Investitionsthese zu ergründen hat trotzdem eine Menge Relevanz. Wir befinden uns in einer Marktphase, in der viele Growth-Aktien zwischen 80 und 90 % eingebrochen sind, teilweise mehr. Hier wäre es in Teilen ein Fehler, davon zu sprechen, dass die eigene Investition ein Flop ist.
Schon Warren Buffett hat sinngemäß gesagt, dass man im Zweifel damit leben müsse, dass sich eine Aktie kurzfristig im Wert halbiert. Das geht in eine ähnliche Richtung: Eine Investition anhand der Performance zu bewerten kann ein teurer Fehler sein, gerade jetzt. Manchmal und primär in der Theorie gilt das sogar für eine Aktie, die zwischenzeitlich 99 % ihres Börsenwertes eingebüßt hat. Auch wenn das wirklich ein sehr extremes Beispiel wäre.
Der Artikel Mit 99 % im Minus: Ist die Investitionsthese gescheitert? ist zuerst erschienen auf The Motley Fool Deutschland.
Motley Fool Deutschland 2022