Investing.com – Nvidia (NASDAQ:NVDA) legte am Mittwoch seine besser als erwarteten Quartalszahlen vor, was der Aktie nach Börsenschluss zu einem rasanten Anstieg um 25 Prozent verhalf. Vor allem die Möglichkeiten im Bereich der KI sind es, welche die Kursfantasien der Investoren beflügeln.
Doch die wirtschaftliche Zukunft des Halbleiterherstellers scheint an einem seidenen Faden zu hängen, wie CEO Jensen Huang gegenüber der Financial Times erklärte.
Die größte Herausforderung ist der sich verkleinernde Absatzmarkt, nachdem sich die Biden-Regierung dazu entschied eine Exportkontrolle für Halbleiter nach China einzuführen. Damit bricht einer der größten Märkte nicht nur ersatzlos weg, sondern wird auch eine neue chinesische Konkurrenz hervorbringen. Die chinesische Wirtschaft wird keine andere Wahl haben, als die Chips, die Nvidia nicht mehr ausliefern darf, selbst herzustellen.
"Wenn [China] den USA nichts abkaufen kann, werden sie es einfach selbst herstellen … die USA müssen also vorsichtig sein. China ist ein essenzieller Markt für die Technologiebranche."
Seit August 2022 gelten die neuen Bestimmungen, weshalb die neueste Technologie in Form der H100- und A100-Chips nicht mehr nach China geliefert werden darf. Um überhaupt noch ein Geschäft machen zu können, wurde sogar die Architektur von Chips dahingehend geändert, dass sie nicht mehr die volle Leistung bringen.
Huang erläutert, dass diese Politik im Widerspruch zu dem von Biden angekündigten 52 Milliarden Dollar-Paket für die heimische Chip-Industrie steht:
"Wenn die amerikanische Tech-Industrie ein Drittel weniger Kapazität benötigt [aufgrund des Verlustes des chinesischen Marktes], wird niemand mehr amerikanische Fabriken brauchen, wir werden in Fabriken schwimmen … wenn die Regierung sich nicht besinnt, wird sie der Tech-Industrie großen Schaden zufügen".
Ein weiteres großes Risiko birgt laut Huang nicht nur die US-Handels-, sondern auch die Außenpolitik. Präsident Biden ließ bereits verlautbaren, dass falls Peking mit dem Einsatz von Militär seinen Anspruch auf Taiwan durchsetzen will, die USA direkt eingreifen werden. In Taiwan findet jedoch auch die Produktion von Nvidia-Chips statt, wie der CEO erläuterte:
"Theoretisch können wir Chips auch außerhalb Taiwans herstellen, das ist möglich, aber der chinesische Markt kann nicht ersetzt werden. Das ist unmöglich … man muss sich also fragen, welche Richtung eingeschlagen werden soll".
Die Bedeutung der Chipmärkte in China und Taiwan für das Nvidia-Geschäftsmodell ist dem im Januar 2023 veröffentlichten Jahresbericht zu entnehmen. Mehr als 20 Prozent des Gesamtumsatzes entfallen auf China und über 25 Prozent auf Taiwan. Somit drohen nur in diesen beiden Märkten 45 Prozent wegzubrechen, wenn die US-Politik nicht einlenkt.
Die neuen KI-Möglichkeiten bieten Nvidia ohne Zweifel viele neue Möglichkeiten, aber die Geopolitik wird den Chiphersteller auf Schritt und Tritt wie ein Damoklesschwert begleiten.